Onkel Schwein (German Edition)
vorzubereiten. Als wahrer Glücksfall hatte sich die Anwesenheit Helgis herausgestellt, als Teever beim Fällen eines Baumes abgestürzt war und sich den linken Oberarm gebrochen hatte und er wochenlang nicht richtig arbeiten konnte. In dieser Zeit hatte er zum ersten und einzigen Mal mit etwas Sehnsucht an seine Zeit als Beamter gedacht. Wäre er noch Polizist gewesen, hätte er sich krankschreiben lassen, sein Gehalt weiterhin bekommen und gemütlich vor dem Fernseher gesessen, bis er wieder gesund geworden wäre. Oder sogar noch ein wenig länger. Das ging jetzt nicht mehr.
Gelegentlich fuhr Helgi mit seinem Motorrad weg, einer gewaltigen Geländemaschine von Kawasaki. Wohin, hatte er nie gesagt, und Teever hatte auch nicht weiter gefragt. Es war wie eine stille Übereinkunft. Für einen Außenstehenden hätte es sicher merkwürdig ausgesehen, doch Teever wusste von keinen Außenstehenden, die sich für Helgi und ihn interessierten.
Er ging zum Kühlschrank und nahm zwei Eier heraus. Manchmal musste er über banalste Tätigkeiten nachdenken; wie ein Ei zu braten war, er den Tisch decken sollte oder wie man die Fenster putzte. Doch heute ging es wie von selbst. Er stellte eine Pfanne auf den Gasherd und tat ein paar Tropfen Bratöl hinein. Als sie ihm heiß genug erschien, schlug er die Eier in die Pfanne. Das Eiweiß wurde augenblicklich fest. Ein Fettspritzer traf ihn an der Hand. Zwei Toastbrote sprangen aus dem silbernen Toaster vor dem Fenster. Teever sah, dass Helgi sein Handtuch auf eine Leine hing. Das Laken versprach Sonne, Strand und Palmen an irgendeiner Küste. Costa del…; den Rest konnte Teever nicht lesen.
Mittlerweile war der Kaffee durchgelaufen. Der Geruch erfüllte die Küche. Teever gefiel der Duft von frischem Kaffee viel besser als dessen Geschmack. Er goss einen angestoßenen Keramikbecher zur Hälfte voll, schaufelte drei Löffel Zucker hinein und füllte den Rest mit Milch auf.
Inzwischen war Helgi zur Tür hereingekommen. Sein Haar war noch nass. Während er sich ebenfalls einen Kaffee einschenkte, schüttelte er den Kopf.
„Was du da trinkst, ist doch kein Kaffee mehr. Kannst du ja gleich Cola trinken, so viel Zucker machst du rein.“
Teever nickte. „Da hast du eigentlich Recht. Kaffee schmeckt aber auch viel zu bitter.“
„Und warum trinkst du ihn dann?“ fragte Helgi.
„Weiß ich auch nicht. Weil er warm ist? Oder es ist Erziehung. Eine gesellschaftliche Konvention. Man trinkt eben keine Cola zum Frühstück, sondern Kaffee. Er löffelte noch eine Portion Zucker in den Becher. „Puh, ist der heute stark.“
Er sah Helgi an, der sich gerade mit seinem Löffel unter dem Ohr kratzte.
„Gesellschaftliche Konvention. Aber davon versteht ein nackter Isländer nichts.“
Helgi lachte zustimmend.
Der Briefträger Zavadil wusste inzwischen, an was ihn der Geruch aus Waldéns Stall erinnerte.
Nachdem er durch die Tür in das weiß getünchte Gebäude getreten war, blendete ihn zunächst die Sonne. Aus dem unangenehmen Geruch war fürchterlicher, beißender Gestank geworden. Etwas hing vor dem Fenster. Erst dachte er an eine herabgerissene Gardine. Doch seit wann gab es Vorhänge in einem Stall? Er trat näher. Später, mit etwas Abstand, würde er erzählen, dass er eine Jesuserscheinung gehabt habe. Jetzt, im Stall, musste er sich einfach nur übergeben. Er wendete sich nach links, hin zu den ehemaligen Ständen der Tiere, weg vom Fenster. Während er sein kärgliches Frühstück hervorwürgte, sah er aus den Augenwinkeln ein aufgebocktes Auto. Ein Vorderrad fehlte. Sein Geist schien bemüht, sich von dem Anblick hinter ihm abzulenken und er klammerte sich an Überlegungen, warum ein Auto im Stall stand, ehe die Neugier über seinen Schrecken siegte.
Ein Mann hing im Gegenlicht. Wie ein Tier, das ausbluten soll. Die ausgestreckten Arme erweckten den Eindruck einer Kreuzigung. Der Mann war bis auf dunkle Socken und eine schäbige Schirmmütze vollkommen nackt. Über die Brust und den Bauch zogen sich Wunden, aus denen große Mengen von Blut ausgetreten waren, das sich über den Betonfußboden des Stalles ausgebreitet hatte. Nicht in einem großen, heftigen Strahl, sondern langsam und andauernd. Mit Ekel sah Zavadil, dass sich der Darm des Mannes entleert hatte. Er hatte einmal gehört, dass dies beim Verbluten ganz normal wäre.
Als er den Leib des Mannes betrachtete, sah es für ihn fast so aus, als ob dort ein Wort hineingeritzt worden war. Das Blut war über die Beine
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