Onkel Schwein (German Edition)
duftendem Kaffee und frischem Wasser, nahm eine Weste vom Haken im Flur und trat in den Sonnenschein hinaus. Die Kälte brannte in seinen Lungen. Er kniff die Augen zusammen, als erüber den See blickte. Noch hatte sich keine Eisdecke gebildet, nur am Rand konnte man erahnen, wie der See vielleicht in ein paar Wochen aussehen würde.
Plötzlich schrie jemand. Teever stutzte. Dann kam ein Prusten. Gebrüll. Er stapfte durch den Schnee, um den Schuppen mit den Booten herum. Das Prusten wurde lauter, dazu platschte es.
Teever musste unwillkürlich lachen.
Ein nackter Mann stieg geräuschvoll aus dem eiskalten Wasser und grinste Teever an. Er war über zwei Meter groß, blond und schüttelte sich wie ein Hund. Das Wasser spritze in der Sonne und rann den muskulösen Körper hinab.
„Komm rein“, rief der Riese, „es ist herrlich.“
Teever sah auf den verschrumpelten Penis des Mannes und schüttelte den Kopf. „Ich bin doch nicht verrückt.“ Der nackte Mann lachte und begann, sich ohne Scham abzutrocknen.
„Wenn du fertig bist, steht Kaffee bereit“, sagte Teever und ging zurück zum Haus, „zum Aufwärmen.“.
Helgi Danielsson war so etwas wie Teevers rechte Hand. Eine Art Mädchen für alles. Er war in Teevers zweitem Sommer als Kanuverleiher aufgetaucht, hatte sich als Helgi vorgestellt – Nachnamen bräuchte ein Isländer nicht – und die hinterste Blockhütte auf dem Gelände bezogen. Und war seitdem nicht wieder gegangen. Zunächst hatte er lange einsame Paddeltouren unternommen, ehe er immer mal wieder kleine Tätigkeiten ausgeführt hatte. Das Entladen der Boote unterstützt oder beim Bestücken des Autoanhängers angepackt. Dann stellte sich heraus, dass er ein geschickter Handwerker war. Viel talentierter als Teever. Von da an dichtete er angeschlagene Kanus ab, reparierte zersplitterte Paddel oder besserte die Blockhütten aus, die Teever vermietete. Geld verlangte er dafür nicht. Am Anfang hatte Teever Helgi für aufdringlich gehalten, mit der Zeit aber dessen Hilfe zu schätzen gewusst. Teever hatte selbst so viel zu lernen, dass er jede Unterstützung gebrauchen konnte. Außerdem gab es immer wieder Phasen, in denen er sich zur Arbeit nur sehr schwer aufraffen konnte und einfach so herumsaß. Dann war die Anwesenheit von Helgi ein Segen. Besonders, als Bergström nach Spanien gezogen war. Ins Licht, wie Teever es mit einem Anflug von Neid bezeichnet hatte. Nicht missgünstig, aber doch in dem Gefühl, dass auch ihm ein Leben in stetiger Helligkeit und Wärme gefallen könnte. Bergström hatte ihm zwar seine Telefonnummer genannt und sich bereit erklärt, alle Fragen zu beantworten, doch über die Entfernung konnte dieehemalige rechte Hand seiner Tante letztendlich nicht viel helfen. Die Telefonate wurden seltener und hörten dann ganz auf.
Richtig schlau war Teever aus Helgi bisher nicht geworden. Warum er nach Schweden gekommen war, hatte er den Isländer gefragt. Ob er nicht seine Familie oder Freunde vermissen würde. Oder die ihn?
Helgi hatte den Kopf geschüttelt und geantwortet „weil es bei uns keine Bäume gibt, sie sind meine Freunde“ und sich dann wieder einem undichten Kajak zugewandt.
Dann war die kurze Saison vorbei gewesen, doch Helgi hatte keine Anstalten gemacht, seine Hütte zu verlassen. An einem Augustabend war Teever zu ihm gegangen. Helgi hatte an einem Lagerfeuer gesessen, in die Flammen gestarrt und mit dem Kopf geschüttelt, als Teever ihn nach seinen Zukunftsplänen gefragt hatte. Er habe keine Pläne, würde sich aber freuen, wenn er bleiben dürfte.
Teever hatte gefragt, wovon er denn leben wolle, doch der Isländer hatte seine mächtige Pranke auf Teevers Arm gelegt und gesagt, dass er schon klarkommen würde.
Teever hatte Helgi bereits die Miete für die Hütte und gelegentliche Bootstouren erlassen. Arbeiten für Kost und Logis. Doch für einen wirklichen Lebensunterhalt konnte das nie und nimmer reichen. Teever hatte deutlich gemacht, dass er nicht viel zahlen könne, eigentlich nichts, besonders jetzt, am Anfang, doch Helgi versicherte ihm, dass es wirklich kein Problem wäre. Teever bräuchte ihn nur wohnen lassen, alles andere wäre geregelt. Und wenn er zu Geld kommen würde, könnte Teever ihm ja immer noch etwas Lohn geben.
Und so war der hünenhafte Isländer geblieben, hatte Herbst und Winter mit den Nacharbeiten der Saison und gelegentlichen Kanutouren verbracht und im Frühjahr geholfen, die Boote und das Camp für die Saison
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