Onkel Schwein (German Edition)
waren. Als das Beste am Kurs blieb ihm allerdings die Referentin in Erinnerung, die ausgesprochen hübsche Beine hatte, aber leider verheiratet war.
Am Nachmittag klingelte das Telefon. Jemand räusperte sich.
„Hej, hier ist Lennart.“
Teever benötigte eine Weile, um zu begreifen, welcher Lennart anrief.
Der Anrufer hatte das bemerkt. „Lennart Axelsson!“
Eine weitere kleine Pause.
„Klar, klar. Hallo Lennart, wie geht es dir? Das ist ja eine Ewigkeit her.“
Teever verspürte einen Kloß im Hals.
Erinnerungen.
„Es geht so.“
„Wie geht es Eva?“
Eine andere Frage fiel Teever nicht ein.
Axelsson schien über die Antwort erst nachdenken zu müssen, sagte dann:
„Manchmal gut und meistens schlecht. Im Moment eher Letzteres.“
Schon als Teever mit den beiden eine tiefe Freundschaft verbunden hatte, war Axelssons Frau immer stärker in die Alkoholabhängigkeit abgeglitten. Typ Quartalssäuferin. Wochenlang clean, dann plötzlich maßlos betrunken. Teever vermutete dazu noch eine Medikamentensucht. Er hatte gehofft, dass sie eine Therapie machen würde, doch wie so viele Süchtige stritt sie jede Form einer Abhängigkeit oder Krankheit ab. Wenn Axelsson ihren Zustand als schlecht bezeichnete, hatte es gerade wieder einen Anfall gegeben und sie trank. Wenn Teever Eva selbst gefragt hätte, wäre es genau andersherum gewesen; sie hätte gesagt, es ginge ihr so gut wie nie.
Eva tat Teever leid. Im Grunde hatte er ihr viel zu verdanken. Evas Beispiel, diese entsetzlichen Phasen des Kontrollverlustes verbunden mit Aggressivität und Momenten tiefster Niedergeschlagenheit waren Teever vor Augen gekommen, als er sich in seinen eigenen Tiefs, nach der Sache mit den Kindern, ernsthaft überlegt hatte, Erlösung im Alkohol zu suchen. Sie war sein abschreckendes Beispiel.
Axelsson räusperte sich erneut in die nächste Pause, die wie ein dunkler Graben zwischen ihnen lag.
„Und wie geht es dir?“
„Die Leute fahren weiter Boot.“
Stille.
„Was gibt es“, fragte Teever, „du rufst doch nicht einfach so an?“
Es gab eindeutig mehr Pausen als Worte.
„Das stimmt.“ Es fiel Axelsson offensichtlich nicht leicht, zu sprechen. „Es geht um Kent. Er steckt in Schwierigkeiten.“
Teever seufzte. Lennarts Sohn war in den letzten Jahren immer wieder mit der Polizei in Berührung gekommen.
„Was hat er diesmal ausgefressen?“ fragte Teever genervt, „Diebstahl? Drogen? Du weißt doch, ich bin nicht mehr bei der Polizei.“
Teever kamen seine Worte selbst herzlos vor. Hier sorgte sich ein Vater um seinen Sohn. Allerdings hatte dieser Vater sich einst nicht sehr um die Freundschaft zu Teever bemüht und meldete sich jetzt plötzlich, wo er offensichtlich um Hilfe bitten wollte.
„Ich weiß“, erahnte Axelsson Teevers Gedanken, „dieser Anruf kostet mich viel Überwindung.“ Er verstummte wieder. Teever konnte seinen Atem hören.
„Können wir uns treffen?“
„Ich habe wirklich viel zu tun“, antwortete Teever ausweichend.
„Es ist wichtig.“
„Worum geht es denn?“
„Es geht um Mord. Um Mord.“
Teever hatte den Eindruck, als kämpfte Axelsson mit den Tränen. „Kent? Kent soll jemanden ermordet haben?“
„Ja.“
Nun schwieg Teever eine Weile. Ordnete Gedanken und Erinnerungen. Enttäuschungen. „Okay“, sagte er dann, „komm vorbei.“
„Danke. Passt es heute Abend.“
„Kein Problem. Ich bin den ganzen Tag zu Hause.“
Teever legte auf.
Axelsson. Mit dem hatte er am wenigsten gerechnet.
Er ging zum Computer und fuhr ihn hoch. In den letzten Wochen war er kaum zum Zeitungslesen oder Fernsehen gekommen. Die Welt lief an ihm vorbei. Radio hörte er fast ausschließlich im Auto und da er wenig gefahren war, hatte er nicht einmal die lächerlich kurzen Nachrichten von ROCX FM gehört. Schweden konnte Weltmeister im Kamelreiten geworden sein und er hätte es nicht mitbekommen.
Er gab Mord und Växjö in die Suchmaschine ein und war erstaunt über die vielen Treffer, auch wenn er wusste, dass Doppelte dabei waren und mancher Mord nur Totschlag oder ein Unfall war. Mord hörte einfach spannender an.
Nach einiger Zeit fand er es. Ein Freddy B. und ein Kent A. waren des Mordes an einem Bauern in Ör beschuldigt. In Ör. Teever wunderte sich, wie weit er in der letzten Zeit von der Welt entfernt gewesen war. Ör lag nur ein paar Kilometer entfernt und er wusste von nichts.
Teever stand auf und ging zur Hütte von Helgi. Der Isländer las regelmäßig Zeitung.
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