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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Brood
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Kopf. Hatte er Zeichen für die Homosexualität Helgis gesehen? Konnte man das Männern überhaupt ansehen? Er erinnerte sich, als im Fernsehen über die Aids-Erkrankung von Freddy Mercury berichtet worden war. Teever war immer ein Queen-Fan gewesen und auch die exaltierten Auftritte des Sängers hatten ihn begeistert. Dass der schwul gewesen war, hatte er nie vermutet; als es aber öffentlich gemacht wurde, konnte Teever gar nicht mehr verstehen, wieso es ihm nicht immer schon aufgefallen war. Die Kleidung, der Schnurrbart, die Bewegungen. Schwuler ging es gar nicht.
    Durfte man das so sagen?
    Wie ging er selbst eigentlich mit Homosexualität um? Störte es ihn gar? Irritierte es ihn? War er so liberal, wie er von sich glaubte?
    Vor allem aber: Ging ihn das alles überhaupt etwas an? Mit wem Helgi sich traf, mit wem er befreundet war und mit wem er ins Bett stieg, war doch ganz allein die Sache des Isländers.
    Wenn der aber Aids hatte? Sie tranken oft, wenn sie gemeinsam arbeiteten, aus derselben Flasche oder berührten sich. Konnte man sich an Schweiß anstecken? Oder durch Speichel?
    Teever blickte in einen Spiegel mit schlichtem Fichtenholzrahmen neben der Tür.
    „Jetzt spinnst du aber, Torbjörn“, sagte er zu seinem Spiegelbild, „du weißt nicht mal sicher, ob Helgi schwul ist und schon hat er Aids und steckt dich an.“
    Er wollte sich gerade wieder den Zeitungen zuwenden, als die Tür geöffnet wurde und Helgi den Raum betrat. Er trug einen grauen Jogginganzug, gelbe Laufschuhe. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Teever war es so, als ob er im Gegenlicht dampfte.
    „Was machst du hier?“ fragte Helgi.
    „Ich, ich“, stotterte Teever, „ich habe Zeitungen gesucht.“
    „Und das hatte keine Zeit, bis ich wieder da bin?“
    Teever blieb eine Weile stumm.
    „Hast du gefunden, was du gesucht hast?“ Helgi wies auf die aufgeschlagene Seite mit den markierten Kontaktanzeigen.
    „Und nun?“, fragte er nur.
    „Wie und nun?“
    Helgi nahm die Zeitung und faltete sie zusammen. Ohne Teever anzusehen, sagte er:
    „Jetzt weißt du, dass ich auf Männer stehe.“
    Teever schwieg immer noch.
    „Fühlst du dich jetzt besser?“ Helgi drehte sich um. „Du hättest mich auch nur zu fragen brauchen. Dafür hättest du nicht in meiner Hütte schnüffeln zu müssen.“
    Teever erkannte, dass es nicht der richtige Moment für eine flapsige Bemerkung zu den Eigentumsverhältnissen der Hütte war. Er fühlte sich in der Situation äußerst unwohl. Helgi hatte völlig Recht, wenn er über sein Eindringen erbost oder enttäuscht war. Nur über das Motiv befand er sich in falschem Glauben.
    „Helgi, es tut mir wirklich schrecklich leid. Ich habe wirklich nur nach Zeitungen gesucht. Mir ist es doch völlig egal, ob du mit Frauen, Männern oder Schafen schläfst.“
    Der Isländer sah ihn an. Im selben Augenblick wusste Teever, dass er mit seiner betonten Lockerheit in ein noch viel größeres Fettnäpfchen getreten war.
    Voll rein.
    „Bitte gehe“, sagte Helgi nur.
    Teever setzte zum Sprechen an.
    „Nicht. Bitte. Hau ab.“
    Teever hob beschwichtigend die Arme und verließ die Hütte. Drei Enten starteten mit wildem Flügelschlagen vom Fluss. Er musste daran denken, was er kürzlich irgendwo gelesen hatte. Dass Enten immer kalte Füße haben, weil sie über einen Wärmetauscher verfügten, der ihren Körper warm und ihre Füße kalt halten würde, um den Energieverlust zu minimieren und nicht auf Eis festzufrieren.
    Teever hatte auch immer kalte Füße.
    Er ging ins Haus und schenkte sich einen Kaffee ein. Dann setzte sich Teever an den Küchentisch und stützte den Kopf auf die Handballen. Er starrte aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen. Ihm war so, als ob das Telefon klingelte. Doch er saß nur da. Irgendwann dachte Teever, dass es doch traurig wäre, niemanden zum Reden zu haben. Vielleicht sollte er sich einen Hund kaufen.
    Oder eine Ente dressieren.
    Warme Ente. Warmer Bruder. Idiot.
    Endlich nahm er einen Schluck Kaffee. Er war eiskalt.
    Lennart Axelsson lenkte seinen Volvo auf den Gästeparkplatz des Kanuverleihs. Die Dämmerung war fast vorüber. Ein Strahler, durch einen Bewegungsmelder gesteuert, erleuchtete den Schnee. Der Platz war nicht geräumt. Warum auch, dachte er, die Saison hat noch nicht begonnen.
    Axelsson stieg drei ebenfalls nicht vom Schnee befreite Stufen hinauf. Es gab keine Klingel. Er zögerte einen Augeblick, doch dann klopfte er. Zaghaft zunächst, doch als nichts geschah, schlug er

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