Onkel Schwein (German Edition)
Ferguson, doch John Deere ist viel besser.“
„Du fährst gern mit Onkel Folke Trecker?“
Teever schielte nach rechts, doch Annika Aulin machte keine Anstalten, etwas zu sagen.
„Klar, das war super.“ Er imitierte ein Traktorgeräusch und lenkte ein unsichtbares Steuer. „Doch jetzt ist er tot.“
Teever blickte in den Rückspiegel. Martin schien nicht sonderlich betrübt und Teever war nicht klar, ob der Junge hart im Nehmen oder sich nicht bewusst war, dass die Zeit des Traktor-Fahrens ein Ende gefunden hatte.
„Was habt ihr beide denn immer so gemacht?“
„Trecker fahren.“
Diese Antwort hätte von Annika Aulin stammen können, dachte Teever, doch ihm war klar, dass der Junge viel aufgeweckter war als seine Mutter. Wenn sie Glück hätte, würde der Sohn seine Mutter bald durch das Leben führen. Zu früh für ein Kind, aber so würde es kommen. Der Junge würde bald Verantwortung übernehmen müssen. Hoffentlich ohne daran zu zerbrechen.
„Und wo seid ihr hingefahren?“
„In den Wald oder den Holztierzoo! Da habe ich immer mit den Tieren gespielt.“
Holztierzoo? Teever sah den Jungen an. Dann erinnerte sich Teever an die Holztiere im Garten vor dem Haus. Härlingetorp. Die rothaarige Frau. Der finstere Mann.
„Und hast du auch bei Onkel Folke im Haus gespielt? Oder im Garten? Wie findest du…“, er überlegte kurz, wie er die Frage formulieren sollte, „…Tante Selma? Hast du mit ihr auch gespielt?“
„Die ist ja nie da“, erwiderte Martin. Er lenkte den unsichtbaren Wagen um eine scharfe Kurve, dass es nur so quietschte. „Manchmal schenkt sie mir Lutscher.“
Teever lächelte. Den Ausdruck Lutscher hatte er schon lange nicht mehr gehört.
„Waren eigentlich auch mal andere Leute bei Onkel…“ fast hätte Teever Onkel Schwein gesagt „bei Onkel Folke?“ Liza ging ihm durch den Kopf. Die hatte ihren Nachbarn so genannt. Martin schüttelte den Kopf.
„Weiß nicht. Einmal ist mir jemand mit einem schwarzen 5er entgegengekommen. Und dann mal einer auf einem Motorrad. Aber mit denen kenne ich mich nicht aus.“
Schon wieder das Motorrad, dachte Teever und etwas meldete sich in einem versteckten Winkel seines Hirns, ohne dass er es zu fassen bekam.
„Weißt du noch, wann du Onkel Folke zuletzt gesehen hast?“ fragte Teever ohne viel Aussicht auf Erfolg. Kinder, das wusste er, konnten Zeitabläufe oder das Alter von Erwachsenen immer sehr schwer einschätzen. Doch der Junge überraschte ihn erneut.
„Am Tag vor meinem Geburtstag.“
Teever starrte ihn verdutzt im Rückspiegel an.
„Und wann war der? Bist du dir ganz sicher?“
Martin nickte zustimmend, sagte aber: „Weiß nicht.“
Teever runzelte die Stirn. Warum stelle ich immer zwei Fragen auf einmal, kritisierte er sich selbst. „Du weißt nicht, wann du Geburtstag hast oder bist du dir nicht sicher?“
Der Junge druckste herum. Die Antwort schien ihm peinlich zu sein.
„Ich weiß nicht, wann ich Geburtstag habe“, sagte er leise.
Teever sah Annika Aulin an. Doch die schwieg. Wie geistesabwesend sah sie auf die vorbeifliegenden Bäume. Er stupste sie leicht am Ärmel an. Erschrocken blickte sie auf.
„Was?“
„Wann hat Martin Geburtstag?“
„Der war schon.“
„Ich weiß. Wann war das?“
„Im November.“
Sie sah wieder aus dem Seitenfenster. Teever fragte sich, ob sie ihre Umgebung überhaupt wahrnahm.
„An welchem Tag genau?“
„Am 10.“
Er wendete sich über den Rückspiegel wieder Martin zu. „Du bist dir aber ganz sicher, am Tag vor deinem Geburtstag bei Onkel Folke gewesen zu sein?
„Ganz sicher.“ Martin nickte eifrig. „Onkel Folke hat mir ein echtes Schießgewehr geschenkt und dann hat er mir gratuliert unddann hat Mama mit ihm geschimpft, weil man nicht vor dem Geburtstag gratulieren darf. Das bringt Pech.“
Für Waldén ganz sicher, dachte Teever.
Annika Aulin war doch noch da. „Geschimpft habe ich mit ihm, weil er einem kleinen Jungen ein Luftgewehr schenkt. Das war ja wohl das Letzte. Ich habe das Ding gleich aus dem Verkehr gezogen.“
Teever nickte. In der Tat ein ungewöhnliches Geschenk.
Viel interessanter aber, sagte er sich, ist die Frage, ob die Polizei, ob Wilhelmsson, von dem Besuch Martins bei Waldén wusste. Das Datum grenzte den Zeitraum, in dem Waldén ermordet worden sein musste, schön ein.
„Wart ihr an dem Tag auch in dem Holztierzoo?“ fragte Teever gespannt.
Leider konnte sich Martin nicht daran erinnern. Nur an das Gewehr.
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