Onkel Schwein (German Edition)
zum Taxifahrer. Vielleicht eine Marktlücke. Fahrbare Vernehmungszimmer.
Mit einem Ächzen nahm Axelsson auf dem Beifahrersitz platz. Teever wunderte sich wieder, was aus dem ehemals sportlichen Freund geworden war. Er wird alt, dachte er, ein alter Mann.
Teever wusste plötzlich nicht mehr, wie er anfangen sollte. Hatte er sich nicht über das mangelnde Vertrauen von Wilhelmsson geärgert? Unterstellte er dasselbe Verhalten jetzt nicht Axelsson?
„Was ist denn nun passiert?“ fragte er.
„Du hattest mir doch erzählt, dass die Polizei an einem wichtigen Fall, der ROCX-Sache, arbeiten würde.“
„Ja, du hattest mir das doch bestätigt.“ Axelsson sah Teever an.
„Der Moderator ist verschwunden.“
„Stringheim, ja. Nun ist das durchgesickert. Morgen wird es wohl in der Zeitung stehen.“
Axelsson zuckte mit den Schultern.
„Warum ist das schlecht für uns?“
Für dich oder für Kent, dachte Teever.
„Das weiß ich noch nicht. Womöglich muss die Polizei unter dem Druck der Öffentlichkeit ihre Arbeit an diesem brisanten Fall intensivieren und hat damit noch weniger Zeit für den Fall Waldén. Auf jeden Fall erhalte ich jetzt weniger Infos von meinen alten Kollegen.“
Er dachte an die Worte Wilhelmssons. Der Polizeichef und sein Wunsch, sich durch einen prestigeträchtigen Fahndungserfolg für höhere Aufgaben zu empfehlen.
„Wieso, was hast du damit zu tun?“ fragte Axelsson.
„Die Kriminalpolizei denkt, ich wäre die Quelle für die Presse gewesen.“
Teever sah seinen Beifahrer an. Unter dem linken Ohr hatte Axelsson sich bei Rasieren geschnitten. In Verbindung mit drei Leberfleckenbildete der Schnitt eine Art finsteren Smiley, der auf Teever blickte.
„Also, eigentlich denken die, du hättest mit der Zeitung geredet.“
Axelsson wandte sich ruckartig Teever zu.
„Ich soll das gewesen sein?“ fragte er und zeigte mit den Fingern auf seine Brust. „Wie kommen die denn darauf?“
Teever dachte spontan, dass Axelsson entweder ein begnadeter Schauspieler ist oder tatsächlich nicht die undichte Stelle gewesen war.
„Hast du mit jemandem darüber geredet?“
Axelsson schien wirklich nachzudenken. Sie waren schon fast am Theater, als er antwortete.
„Dass die Polizei an einer angeblich wichtigeren Sache arbeitet, habe ich bestimmt einigen Leuten gesagt. Warum auch nicht. Das war für mich doch kein Geheimnis.“
„Björn Stringheim? Den Namen hatte ich dir genannt“, sagte Teever und fügte leise im Geiste hinzu: Manchmal ist es besser, die Schnauze zu halten.
Axelsson schüttelte den Kopf. „Den Namen von dem Typen habe ich niemandem gegenüber geäußert.“
Er sah eine Weile still aus dem Fenster. Durch Annika Aulins Fingerspuren hindurch. Dann nickte er unmerklich.
„Außer Eva.“
Nun nickte auch Teever. Natürlich. Außer Eva, der verzweifelten, ängstlichen und medikamenten- und wer-weiß-was-nochabhängigen Mutter ihres einzigen Sohnes.
Axelsson ahnte wieder die Gedanken Teevers.
„Wir haben keine Geheimnisse mehr voreinander. Das hat uns fast auseinander gebracht. Was du mir erzählst, erzählst du auch ihr. Wir vertrauen uns. Wir tauschen uns aus. Das kennst du nicht, du als Junggeselle.“
Teever kaute gedankenverloren auf seiner Unterlippe herum.
Stimmt, dachte er, ich habe niemanden.
18. Dezember: Abraham
Teever war am Vorabend mit dem Gefühl ins Bett gegangen, dass die Mutter Kents genauso wenig greifbar war wie Selma Waldén. Ein Schatten. Immer, wenn er Eva Axelsson sprechen wollte, war sie einkaufen, unter der Dusche oder beim Arzt. Als er Axelsson fragte, ob er sie vor dem Theater kurz begrüßen dürfte, sagte dieser nur, dass sie schon hineingegangen sei. Teever fragte sich inzwischen, ob Axelsson womöglich grundsätzlich den Kontakt vermeiden wollte. Vielleicht hatte er Angst, dass Teever ihr Vorhaltungen machen würde. Teever wunderte sich auch, dass sie in der Verfassung für offizielle Anlässe war. Wahrscheinlich stand sie wieder unter starkem Medikamenteneinfluss.
Annika Aulin kam ihm in den Sinn. Es war nur so ein Gefühl, doch Teever hatte den Eindruck gewonnen, dass sie näher mit Waldén bekannt gewesen war. Näher als sie das Verhältnis geschildert hatte. Mit dem Gesicht von Martin vor Augen schlief er ein. Woher kannte er den Jungen?
In der Nacht kamen die Träume wieder. Die Kinder standen auf einem Apfelbaum. Er sah, wie der Ast zu brechen drohte. Sie lachten und winkten ihm, und dann fielen sie zu Boden. Sie fielen und
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