Onkel Schwein (German Edition)
Bahnhofsvorplatz mit Mundhygiene. Eine Reihe kupferfarbener Glocken schepperte, als Teever den Raum betrat. Schlichte Stühle an Resopaltischen hinter einer schmutzigen Fensterscheibe. Der Boden war hell gefliest. An der Decke hing ein Ventilator. Eine grüne Schiefertafel empfahl diverse Teesorten. Der Orient war durch eine Wasserpfeife und einige Bilder mit Motiven aus Arabien vertreten, die aus einem Kalender gerissen zu sein schienen und mit Reißzwecken schief an der Wand befestig waren. Auf einem Tresen stand ein Behälter aus Plexiglas, in dem ein paar Kuchenstücke lagen. Immerhin roch es angenehm nach Kaffee. Leise Musik spielte. Teever meinte eine türkische Sängerin zu erkennen, die in letzter Zeit in Schweden ganz erfolgreich war. Auch wenn ihm die Einrichtung nicht gefiel, machte das Lokal keinen ungepflegten Eindruck. Einfach und zweckdienlich. Teever gefiel es, dass man auf Weihnachtsdekoration verzichtet hatte. Sie hätte in einem orientalischen Café wohl auch nichts zu suchen gehabt.
Am Fenster saß ein alter Mann, vor sich einen weißen Becher, aus dem es im Gegenlicht dampfte. Er las in einer Zeitung. Die Brille hatte er auf die Stirn geschoben und die Augen so dicht an das Papier geführt, dass sie es fast berührten.
„Komme gleich“, rief eine Stimme aus einem hinteren Raum.
Teever schlug die Schuhe zusammen. Schneereste fielen herab.
Ein Vorhang aus bunten Plastikstreifen raschelte. Eine Frau trat hervor. Ellen Ammann. Teever erkannte sie sofort, auch wenn sie ihre Haare länger als von Helgi beschrieben trug.
„Was kann ich für dich tun“, fragte sie freundlich.
„Was empfiehlst du?“ fragte er zurück.
Mit der linken Hand drehte sie an einem Piercing am Ohr.
„Wir haben tollen Grüntee. Dazu vielleicht ein Croissant?“
Er schüttelte den Kopf. Tee konnte er nicht leiden.
Sie lachte über seinen entsetzten Blick.
„Hast du heiße Schokolade?“ Sie nickte.
„Mit Sahne?“
Er dachte an seinen Bauch, stimmte aber dennoch zu.
Sie öffnete den Plexiglaskasten, legte einen Croissant auf einen Porzellanteller und gab ihn Teever.
„Setz dich. Ich bringe dir gleich die Schokolade.“ Dann drehte sie sich um und hantierte an einer kompliziert aussehenden Maschine.
Teever blieb stehen.
„Ist noch was?“ fragte sie.
„Heißt du Ellen. Ellen Ammann?“
Sie wurde blass.
„Bist du ein Bulle?“
Teever sah zu dem Mann am Fenster.
„Ich bin nicht von der Polizei“, sagte er leise und fragte sich, welche Geschichte wohl hinter dieser Frage stecken würde. Oder vielleicht kannte er sie?
„Wer schickt dich? Igli?“
„Mich schickt keiner“, sagte er verwundert, „erwartest du jemanden?“ Dann fiel ihm Herr Lido ein.
„Ist Igli der Besitzer des Lido?“
Sie nickte.
„Was willst du?“
Ihre anfängliche Freundlichkeit war reinem Misstrauen gewichen.
„Es geht um deine Zeit im Lido“, sagte Teever und wusste sofort, einen Fehler gemacht zu haben. Er konnte ihre Abwehrhaltung förmlich spüren.
„Es hat nichts mit dem Geld zu tun“, fügte er hastig hinzu. „Was ganz anderes.“
Sie schien ihm immer noch nicht zu glauben.
„Da war auch nichts mit Geld. Ich habe nichts geklaut. Der Spinner…“
Sie vollendete den Satz nicht.
„Kannst du dich an Helgi Danielsson erinnern. Großer Isländer, der…“
„Klar kenne ich den. Kam immer ins Lido zusammen mit Leif.“
„Genau. Der hat mir den Tipp gegeben, mich mit meinem Problem an dich zu wenden.“
Die große Maschine an der Wand brummte. Ellen Ammann drehtesich um und haute einmal auf den Deckel. Der alte Mann am Fenster zuckte zusammen.
„Schon gut, Opa“, rief sie gutmütig.
Der Alte nickte und vertiefte sich wieder in seine Zeitung.
Sie nahm eine Tasse von einem Stapel und stellte sie unter die Maschine. Es gurgelte, dann lief heißer Kakao durch einen silbernen Schlauch in die Tasse.
Teever verzog anerkennend das Gesicht. „Mit echter Milch“, stellte er fest.
„Was ist denn mit Helgi“, wollte Ellen Ammann wissen, ohne auf sein Lob einzugehen.
„Mit dem ist alles klar“, sagte Teever und erläuterte in groben Zügen sein Verhältnis zu dem Mann aus Island. „Es geht um einen anderen Gast, den du vielleicht kennst.“
Sie blickte ihn fragend an und stellte dabei die Tasse auf eine Untertasse. Teever nahm sie und setzte sich an den Tisch, der am nächsten zum Tresen stand.
Er nahm vorsichtig einen Schluck. Die heiße Schokolade war sehr warm und sehr lecker. Normalerweise
Weitere Kostenlose Bücher