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Onkel Schwein (German Edition)

Onkel Schwein (German Edition)

Titel: Onkel Schwein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Brood
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sie erstaunt nach.
    „Tja“, sagte Teever nur.
    „Und, ach, einmal hat der“, sie zeigte auf die Zeitung, „versucht, einen Typen übers Ohr zu hauen, der gestohlene Uhren verscherbelte. Dabei trug er selbst immer so ein teures Teil. War wahrscheinlich auch nicht echt.“
    Sie schwiegen einen Moment, doch das war nicht unangenehm. Der Alte am Fenster raschelte mit der Zeitung. Ein Postbote kam herein, es klingelte, alle sagten hallo, er legte einen Packen Briefe auf den Tresen neben einen Ständer mit Veranstaltungstipps. Dann verschwand er wieder mit einem fröhlichen Gebimmel.
    „Noch einen Kakao?“ fragte Ellen Ammann.
    „Geht aufs Haus“, fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu.“
    „Dann auf jeden Fall“, erwiderte Teever.
    „Um auf diesen Bengt oder Folke zurückzukommen.“
    „Ja?“
    „Eines Abends sprach er mich an. Ob ich nicht jemanden wüsste, der etwas jünger wäre als die Typen im Lido. Zunächst habe ich mich gewundert, denn alle waren jünger als er, doch dann holte er ein Foto aus dem Mantel. Ein kleiner nackter Junge, aus Thailand oder Vietnam.“
    „Und dann?“
    „Ich habe ihn angeschrien. Er solle sich verpissen, oder so. Es kotzt mich an: Solche Typen sind es, die die Homosexualität in Verruf bringen. Als ob alle Schwulen Verbrecher wären oder Perverse. Sowie er. Immer geht es nur um Sex, nie um Gefühle oder ein gemeinsames Erleben, um Nähe und Wärme.“
    Sie sprach jetzt fast wie jemand aus einer Beratungsstelle, fand Teever und er spürte eine große Kraft in ihr, ein Engagement für ihre Sache. So etwas bewunderte er und vermisste es gleichzeitig an sich selbst. Er hatte sich nie wirklich für etwas engagiert, weder in der Schule oder später in einer Gewerkschaft oder einem Sportverein.
    „Aber ist nicht Sex ein wichtiger Bestandteil jedes Zusammenlebens“, fragte Teever.
    „Klar. Aber die Reduktion auf das fördert die Vorurteile. Homosexualität wird als etwas Minderwertiges angesehen. Wie eine Krankheit, die man mit den richtigen Medikamenten heilen kann, wenn man die Gründe erkannt hat. Kein Heterosexueller käme auf die Idee zu fragen, warum er Gefühle für das andere Geschlecht hat.“
    Weil ich einsam bin, dachte Teever und spielte an seiner Untertasse herum. Ellen hatte nicht vorwurfsvoll gesprochen oder, wenn doch, dann eher gegen die Welt im Allgemeinen und nicht gegen Teever oder gar den Alten am Fenster, der weiterhin nichts tat, als mit der Zeitung zu rascheln. Dennoch fühle ich mich getroffen, dachte Teever und Helgi ging ihm durch den Kopf.
    „Dieser Bengt jedenfalls machte ein Riesentrara. Beschwerte sich beim Chef – und behauptete, ich hätte Geld aus der Kasse genommen. Und der Hammer war: Igli glaubte ihm auch noch. Warum er denn lügen sollte, fragte mich das Arschloch doch glatt. Ha.“
    Sie schlug auf den Tisch. Erschreckt ließ der Alte wieder die Zeitung fallen.
    „Schon gut, Opa.“
    „Dann hat er dich rausgeschmissen? Warum hast du nichts unternommen?“
    „Was denn? Anwalt? Kein Geld. Polizei: Die mögen mich eher nicht so gern.“
    „Und deine Wohnung?“ Teever ahnte die Antwort.
    „Kein Job - kein Geld für die Miete. War aber eh nur ein Drecksloch.“
    „Seitdem wohnst du auf der Straße. Oder hier?“ Sie zögerte einen Augenblick, kaute dabei auf ihrer Unterlippe herum.
    „Ich war auf Staatskosten im Urlaub, sozusagen.“
    Ellen Ammann blickte Teever nicht an, sondern sah aus dem schmutzigen Fenster. Ein brauner Lieferwagen hielt, der Fahrer öffnete die Schiebetür und holte ein Paket heraus. Er parkte inzweiter Reihe und jemand hupte. Der Mann machte eine abfällige Geste mit der Hand und ging in aller Ruhe in eines der benachbarten Geschäfte.
    „Ich habe Mist gebaut. Jemandem vertraut, dem ich lieber hätte nicht vertrauen sollen.“ Sie blickte traurig, dachte offensichtlich an diesen Jemand oder irgendwas, ohne ihre Gedanken Teever mitzuteilen.
    „Drei Monate. Hatte Glück, weil ich nicht vorbestraft war und mich der Richter wohl mochte“ fuhr sie mit einem Blick fort, der sagen konnte: Ja, solche Leute gibt es!
    „Wann bist du rausgekommen?“
    „Vor zwei Wochen.“
    Endlich mal jemand mit einem wasserdichten Alibi, dachte Teever. Ellen Ammann wäre eine prima Verdächtige gewesen. Aus dem Milieu stammend, kriminell, mit Wut im Bauch auf Waldén. Er freute sich, dass er die junge Frau ausschließen konnte.
    Er nahm den letzten Schluck Schokolade. Am Tassenrand klebte ein brauner Abdruck seiner Lippe, den er

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