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Onkel Wolfram - Erinnerungen

Onkel Wolfram - Erinnerungen

Titel: Onkel Wolfram - Erinnerungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Sacks
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Licht von charakteristischer Wellenlänge zu emittieren oder Licht von genau der gleichen Wellenlänge zu absorbieren, wenn sie damit bestrahlt wurden.
    Die charakteristische Linie des Natriums zeigte sich entweder als helle gelbe Linie in seinem Emissionsspektrum oder als dunkle Linie an genau derselben Stelle im Absorptionsspektrum.
    Als Kirchhoff sein Spektroskop auf die Sonne richtete, bemerkte er, dass sich eine der zahllosen dunklen Fraunhoferlinien im Sonnenspektrum an genau derselben Position befand wie die helle gelbe Linie des Natriums - woraus zu schließen war, dass die Sonne Natrium enthielt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war man allgemein der Auffassung, dass man über das hinaus, was die einfache Beobachtung zeige, nie etwas über die Sterne in Erfahrung bringen werde - insbesondere ihre Zusammensetzung und Chemie menschlicher Erkenntnis auf immer verschlossen bleiben werde, daher löste Kirchhoffs Entdeckung höchstes Erstaunen aus. [51]
    In der Folgezeit fanden Kirchhoff und andere (und vor allem Lockyer selbst) noch eine Vielzahl weiterer irdischer Elemente in der Sonne. Damit war das Fraunhofer-Rätsel - die vielen hundert schwarzen Linien im Sonnenspektrum - gelöst: Es handelte sich um die Absorptionsspektren dieser Elemente in den äußersten Schichten der Sonne, die von innen her durchleuchtet wurden. Andererseits, so die Vorhersage, müsse eine Sonnenfinsternis, bei der die mittleren Lichtstrahlen der Sonne abgeblockt würden und nur die Sonnenkorona sichtbar sei, glänzende Emissionsspektren hervorrufen, die den dunklen Linien entsprächen.
    Mit Onkel Abes Hilfe - er besaß ein kleines Observatorium auf dem Dach seines Hauses und hatte eines seiner Teleskope an ein Spektroskop angeschlossen - konnte ich all dies nun selbst in Augenschein nehmen. Das ganze sichtbare Universum - Planeten, Sterne, ferne Galaxien - bot sich der spektroskopischen Analyse dar, und es bereitete mir eine schwindelerregende, nahezu ekstatische Befriedigung, die irdischen Elemente draußen im Weltraum zu sehen, konkret zu sehen, was ich theoretisch schon wusste, dass die Elemente nicht nur irdisch, sondern kosmisch waren und tatsächlich die Bausteine des Universums bildeten.
    Damit war das Interesse von Bunsen und Kirchhoff am Himmel erschöpft, und sie wandten ihre Aufmerksamkeit wieder der Erde zu, weil sie wissen wollten, ob sie mit Hilfe ihrer neuen Technik auch irgendwelche neuen oder unentdeckten Elemente auf der Erde finden konnten. Bunsen hatte bereits festgestellt, dass sich mit der großen Stütze des Spektroskops komplexe Mischungen untersuchen ließen - es sich also um ein Instrument handelte, welches eine optische Analyse chemischer Verbindungen ermöglichte. Wenn beispielsweise Lithium in kleinen Mengen zusammen mit Natrium auftrat, gab es keine Möglichkeit, das Lithium zu entdecken. Selbst die Flammenfarben waren hier keine Hilfe, weil die leuchtend gelbe Flamme des Natriums in der Regel alle anderen Flammenfarben überdeckte. Doch mit einem Spektroskop ließ sich das charakteristische Spektrum des Lithiums sofort erkennen, selbst wenn es mit der zehntausendfachen Menge Natrium gemischt war.
    Dies ermöglichte Bunsen den Nachweis, dass bestimmte Mineralwässer, die reich an Natrium und Kalium waren, auch Lithium enthielten (verblüffenderweise, waren doch seine einzigen Vorkommen bisher bestimmte seltene Mineralien gewesen). Enthielten sie möglicherweise auch andere Alkalimetalle? Als Bunsen sein Mineralwasser konzentrierte, indem er 44 Tonnen auf wenige Liter einengte, entdeckte er zwischen den Linien vieler anderer Elemente zwei bemerkenswerte blaue Linien, eng beieinander, die er nie zuvor gesehen hatte. Das musste seiner Meinung nach das Erkennungszeichen eines neuen Elements sein. «Wegen seiner schönen blauen Spektrallinie werde ich es Zäsium nennen», schrieb er im November 1860, als er seine Entdeckung bekannt gab.
    Drei Monate später fanden Bunsen und Kirchhoff ein weiteres neues Alkalimetall. Sie nannten es Rubidium, aufgrund «der prachtvollen dunkelroten Farbe seiner Strahlen».
    Im Laufe weniger Jahrzehnte nach den Entdeckungen von Bunsen und Kirchhoff wurden mit Hilfe der Spektroskopie zwanzig weitere Elemente gefunden - Indium und Thallium (die man ebenfalls nach der strahlenden Färbung ihrer Spektrallinien benannt hatte), Gallium, Scandium und Germanium (die drei Elemente, die Mendelejew vorhergesagt hatte), alle noch ausstehenden seltenen Erden und in den neunziger

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