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Online Wartet Der Tod

Titel: Online Wartet Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alafair Burke
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noch einmal genauer an. Sie war an Caroline Hunter, hier Brooklyn-Heidi, gerichtet und stammte von Chef4U, der – glaubte man den Angaben in seinem Profil – zweiunddreißig und Kinderarzt war, auf der Upper East Side wohnte und sich nichts sehnlicher wünschte, als für seine Traumverabredung ein Julia-Child-Gericht zu kochen. Ellie betrachtete das Foto von Chef4U und dachte, dass es nett sein musste, zu einem strubbelig-blonden, blauäugigen Mann und einem großen Topf Bœuf Bourguignon nach Hause zu kommen. Auf sie wartete zurzeit jedenfalls nur eine leere Wohnung.
    Sie nahm den dicken Hefter mit Aufzeichnungen zur Hand, den Carolines Mutter Flann geschickt hatte, und begann zu lesen. Zwischen kurzen Berichten über Treffen, Zitaten aus E-Mails und Entwürfen für einzelne Kapitel des Buches fand sie zahlreiche Randbemerkungen – Gedächtnisstützen für Verabredungen, Telefonnotizen, Einkaufslisten.
    Soweit Ellie es überblickte, wäre es in dem Buch weniger um die Männer gegangen, die Caroline online kennengelernt hatte, als vielmehr um die Entdeckung ihrer selbst. Indem sie sich so unterschiedliche Persönlichkeiten erschuf, hatte sie eine nie geahnte Unabhängigkeit erfahren. Und zugleich hatten diese aussichtslosen, flüchtigen, in keinerlei sozialen Kontext eingebetteten Begegnungen mit fremden Männern dazu geführt, dass sie sich zutiefst einsam gefühlt hatte.
    Nach der Lektüre von Carolines handschriftlichen Notizen fühlte Ellie sich nun auch verlorener. Caroline Hunter war klug gewesen, reflektiert, und sie hatte etwas Originelles, Provokantes zu sagen gehabt. Sie hätte am Leben sein sollen. Ellie klappte den Hefter zu und beschloss, endlich nach Hause zu gehen.
     

6
    Am selben Abend saß in einem holzverkleideten Farmhaus in Wichita, Kansas, Roberta Hatcher und tat, was sie jeden Abend tat. Sie schaute sich im Schrankfernseher ihre Shows an und genehmigte sich dazu aus der Flasche Smirnoff, die auf dem Serviertisch neben ihrem Lehnstuhl stand, einen Wodka on the Rocks.
    Als sie vor fünfunddreißig Jahren Jerry Hatcher geheiratet hatte, wäre ihr nie in den Sinn gekommen, dass sie einmal Witwe werden könnte. Selbst wenn sie daran gedacht hätte, dass einer von ihnen beiden früher gehen würde – und der statistischen Wahrscheinlichkeit nach wäre das Jerry gewesen –, hätte sie nicht angenommen, dass sie so früh allein zurückbleiben würde, mit einer Tochter, die eben erst auf die Highschool gekommen war, und einem Sohn, der Mühe hatte, den Abschluss zu schaffen.
    Über fünfzehn Jahre waren seit dem Tod ihres Mannes vergangen. So nannte sie es bei sich: Jerry war einfach gestorben. Die Zeitungen und das Polizeirevier hatten erklärt, er habe sich erschossen. So stand es im offiziellen Bericht, also stellten sie es natürlich so dar.
    Ellie jedoch hatte immer darauf gepocht, dass ihr Vater das Objekt der Bestrafung gewesen sei und nicht das Subjekt. Am Anfang hatte sie darauf beharrt, dass ihr Vater »ermordet« worden sei. Mit der Zeit aber hatte selbst sie es sattgehabt, wie die Leute auf diese Formulierung reagierten – ein mitleidiger Blick für ein vaterloses Mädchen von fragwürdiger psychischer Stabilität. Nach und nach war Ellie zu einem weicheren Begriff übergegangen. Ihr Vater sei »getötet« worden, sagte sie meistens.
    Im Vorjahr, als die längst überfällige Festnahme des College-Hill-Würgers kurz durch die überregionalen Nachrichten gegangen war, hatte Ellie das M-Wort wieder hervorgeholt. Ich bin fest davon überzeugt, dass mein Vater von William Summer ermordet worden ist. Diesen Satz hatte sie wiederholt, wann immer sie zu Wort gekommen war. Ganz bewusst hatte sie die Rolle gespielt, die sie mit vierzehn so sattgehabt hatte – die des bedauernswerten Kindes, das seinen Vater verloren hat.
    Sie hatte sich sogar die Geschichte von der jungen Polizistin zurechtgelegt, die in die Fußstapfen ihres Vaters trat. Als hätte er sie jemals in diese Richtung gelenkt. Als hätte der traditionsbewusste, altmodische Jerry nicht vielmehr seinen Sohn ständig gedrängt, zur Polizei zu gehen. Als hätte er auch nur mitbekommen, wie seine kleine Tochter ihm verzweifelt immer neue Theorien über den Mörder antrug, der nach seinem bevorzugten Revier in der ansonsten ruhigen Gegend südlich der Wichita State University der College-Hill-Würger genannt wurde.
    Ellie war es egal gewesen, ob die Zeitungen ihre Geschichte richtig wiedergaben. Ihr ging es nur um eine Wahrheit. Sie

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