Online Wartet Der Tod
sie.
»Willkommen im siebenundfünfzigsten Stock, dem Reich von Textverarbeitung, Druckern und IT. Kein Klientenverkehr heißt keine Innenarchitekten. Nichts als Bürozellen, Kopierer und Unmengen von Computern. Ich bin froh, dass wir überhaupt Wände haben.«
»Ich glaube, die Kunst hier gefällt mir besser«, sagte Ellie und zeigte auf ein gerahmtes Pulp-Fiction -Poster, während sie auf Jasons einzigem Besucherstuhl Platz nahm. Sie kam ohne Umschweife zur Sache, wies als Erstes auf die Verbindung zwischen den beiden Mordopfern und FirstDate hin und erklärte dann die Schwierigkeit, die wahren Identitäten hinter den verschiedenen Benutzernamen festzustellen. »Wir haben einen eigenen Account eröffnet und versuchen, ein paar Männer zu identifizieren, indem wir direkt Kontakt zu ihnen aufnehmen, aber es wäre viel einfacher, wenn jemand, der Zugang zu den Firmenrechnern hat, uns einfach die Namen gäbe.«
»Das Police Department hat ein Profil bei einer Online-Kontaktbörse?«, fragte er lachend.
»Das war eher so ein Pluralis Majestatis, gemeint war: ich.«
»Normalerweise halte ich Freundinnen, die es mit Online-Dating versuchen wollen, einen langen Vortrag, aber ich nehme an, hier geht es ausschließlich um die Ermittlung?«
»Alles rein geschäftlich, fürchte ich.« Der Möchtegernschriftsteller Peter geisterte ihr kurz durch den Kopf. »Aber halten Sie mir den Vortrag doch trotzdem.«
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Wenn ich nicht geglaubt hätte, dass das alles letztlich einem guten Zweck dienen kann, hätte ich nicht geholfen, die Firma aufzubauen. Die Liebe ist etwas Schönes, oder? Wir – Mark und ich – haben tatsächlich geglaubt, dass das Internet das Potenzial hat, etwas zu verändern; dass die Leute sich anders verhalten, wenn sie einander das erste Mal online ›begegnen‹. In einer Mail öffnen viele sich ganz anders, sind viel unbefangener, als wenn sie jemandem gegenüberstehen, den sie beeindrucken wollen. Dann besteht schon eine Verbindung, wenn die beiden einander tatsächlich treffen. Geschmacklose Klamotten, erste Ansätze einer Glatze, ein paar Pfunde zu viel – diese kleinen Äußerlichkeiten, die das Aus bedeutet hätten, wäre man sich in einer Bar begegnet, sind dann schon nicht mehr so wichtig.«
»Das hört sich so …« Sie wollte erst »krank« sagen, entschied sich dann aber anders »… klar an.«
»Na ja, diese Sonnenseiten hatten wir im Sinn, als wir anfingen. Aber natürlich war uns bewusst, dass es auch Schattenseiten gibt. Wir haben getan, was wir konnten, um die Kunden zu warnen, damit sie es schlau anstellten, aber, mal ehrlich, es ist nicht jeder schlau.«
»Damit hab ich bei meiner Arbeit ständig zu tun.«
»Dann haben Sie ja eine Vorstellung davon, was ich meine. Manche haben vollkommen Fremden sofort ihren echten Namen und ihre Telefonnummer gegeben. Haben sich für das erste Treffen bei sich zu Hause verabredet. Ein Typ hat erklärt, er wohne in Arizona und brauche, wenn die Beziehung weiter gepflegt werden solle, Geld, um nach New York zu kommen. Natürlich saß er in Hoboken und hat diese Geschichte zwanzig Frauen erzählt. Wirklich dumme Sachen. Als unser Kundenstamm noch relativ klein war und wir trotzdem schon tonnenweise Beschwerden bekamen wegen unerwünschter Mails, Anrufe und so weiter, bin ich gegangen.«
Ellie musste an Amy Davis’ Schwierigkeiten mit Taylor denken, dem Mann, der ein Nein einfach nicht akzeptiert hatte. »Deshalb haben Sie diese Funktion eingerichtet, mit der man Leute sperren kann, oder?«
»Die haben wir schon nach den ersten Wochen online dazuprogrammiert. Es gab so viele Probleme. Diese Funktion ist eine Notlösung, allerdings nur für die, die klug genug waren, anonym zu bleiben.«
»Und nicht jeder ist klug.«
»Genau. Und dann sind da noch die Schwierigkeiten, die bei Verabredungen der ganz altmodischen Art genauso vorkommen. Ein Kollege von mir hat mit fünf Frauen gleichzeitig jongliert. Die haben alle gedacht, ihr Freund arbeitet so viel, dass er sich nur einmal pro Woche mit ihnen treffen kann. Bei Verabredungen der alten Art würde so ein Kerl früher oder später auffliegen, weil er mit verschiedenen Frauen in seinem Haus gesehen würde oder von Kollegen oder durch Freunde von Freunden – sodass die Frauen eins und eins zusammenzählen könnten. Außerdem wüsste er von Anfang an, wie peinlich es werden könnte, diesen Frauen auch dann noch ständig zu begegnen, wenn er aufgeflogen ist. Aber durch
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