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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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wieder korrigierten Zoom ab Taille hat man – also vermutlich auch der Hüne selbst, ohne daß er eine entsprechende Reaktion gezeigt hätte – kurz einen Fensterrahmen erkennen können. Und darin den schillernden, von Windstärke 1 geeggten Wasseracker der Alster. Gekräuseltes Wasser ohne auch nur ein einziges Tret-, Ruder- oder Segelboot: Ohne Schatten herrschten gewiß um die 45 Grad Hitze. (Selbst die Wappentiere der Alsterschiffahrt, die Schwäne, hatten sich offenbar ins Schilf zurückgezogen.) Wasser bis an den entsprechenden Abschnitt des Westufers, bestehend aus vier hellgrünen Mopps von Trauerweiden, die sich in eine dichte Reihe von waldgrünen Baumkronen mischen. (Darüber hinausragend das riesige gelbe Stahlstreben-T eines Krans sowie jene weiße Zikkurat – im Volksmund »Affenfelsen« genannt –, in der einst ein großes Verlagshaus residierte.) Und hinter dem Strichcode eines Jollenverleihs sieht man, wie jener grüne Horizontpelz zwischen dem Fischblau des Wassers und dem Dunstblau des Himmels mit Lichtspasmen einer dritten Art Blau beschossen wird, dem Preußischblau des staatlichen Gewaltmonopols, dessen Gefahrenabwehrorgane auch bereits den Zielanleger Rabenstraße besetzen. (Etliche der Fahrgäste konnten übrigens sehen, wie sich von der Kennedybrücke her vorsichtig ein Boot der Wassserschutzpolizei näherte. Inzwischen haben auch die gepiercten jungen Leute die ersten aussagekräftigen Informationen geliefert.)
    Von alldem scheinbar unbeeindruckt also hat der Hüne seine Körperbilder abfilmen lassen, und nachdem er dreimal mit der Dolchspitze auf die Abbildung von Onno Viets auf seinem linken Busen gedeutet hat, richtet er sie langsam auf Tisch 4 und schließlich Tisch 5 (der ja bisher noch nie im Bild gewesen war). Dort, in der äußersten hinteren Ecke (Platz D), kauert ein bronzebraun gebrannter, feuchtglänzender Mann mit Baskenmütze, Sonnenbrille mit runden, grünen Gläsern und tiefschwarzem Krausbart, aus dem es schwarz tropft. Der Mann hat trotz der Sommerhitze ein langärmliges T-Shirt an, dunkelgrün und von schwarzgrünen Schweißprielen gefleckt; eine Hand unterm Tisch, und in der anderen hält er ein zitterndes Zigarettenblättchen. Vor ihm, auf dem Tisch, liegt ein blaues Plastikbeutelchen, aus dem Tabakfasern wuchern.
    Schnitt. Ende des dritten, knapp vierminütigen Clips.
    11:40 Uhr. Nach wie vor Freitag, der 13.   August.

[Menü]  
    [Rückblende III]
Hundertvier Tage vorher …
    Warum Onno untertauchte
Drei nächtliche Anrufe – Villa Dolan: Blutiger Überfall! – Ein Sommer auf dem Lande – Rückkehr am 12.   August – Schupf, Onno, schupf!

[34]
    Sonntag, den 2.   Mai, 15:35 Uhr. Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel.
    Später, im Telefonat mit mir, schwor Edda, sie habe Onnos vorübergehende innerliche Veränderung auf den ersten Blick gespürt. Gespürt schon, als sie ihn hinterm rechten Flügel der Sichtblende vor den beiden Ausgangsschleusen auftauchen sah. Nein, nicht aufgrund einer Irritation wegen des Sonnenbrands. Am Gang gespürt. »Sein Gang war verändert«, und als sie ihn »flennend wie ein GIRL – Star« in die Arme schloß, fühlte er sich so – kalt an. Nein, nicht kalt. Er war lieb, so lieb wie immer. Aber – kühler? Nein: gespannt . Angespannt. Wachsam. Ach, sie weiß auch nicht. So »unanschmiegsam«. Verändert eben.
    »Herrje«, sagte er, als sie den klimatisierten Terminal verließen, um zum Parkplatz zu gehen, »ist das warm hier!«
    Auf der Rückfahrt nach Hoheluft-West antwortete er einsilbig auf ihre Nachfragen hinsichtlich der Reise. Sie kam sich vor wie eine Journalistin, und so lieferte sie eine entsprechende Parodie. Würde er die Reise als erfolgreich bezeichnen?
    Ja, würde er.
    Der Gärtner ist nicht der Dieb, geschweige Mörder?
    Nein, nein, ’ch, ’ch, ’ch.
    Ist sich sicher?
    Sicher. Sicher.
    Und das reicht dem alten Queck als Auskunft? Und dafür zahlt er die ganze Reise und noch Honorar dazu?
    Tjorp …
    Als Edda dann noch Genaueres zu den Modalitäten der Zahlung zu erfahren trachtete, murmelte er nur noch, für seine Verhältnisse geradezu unwirsch. Wiederholte, was sie schon wußte – meine Kanzlei als Abwicklungsbüro, ich könne das unter anwaltlicher Tätigkeit abbuchen, und dann gäbe ich das Geld, das ich Queckenborn berechnete, ganz einfach ihm, Onno, in bar, und fertig –, und schwieg dann, ohne sich der Mühe eines beschwichtigenden Themenwechsels zu unterziehen.
    Sie kannte das. Sie kannte das

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