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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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alles bisher gewesen ist. Wie lang allein die filigranen Wimmelvignetten auf dem Rücken gedauert haben. Wie bekifft er gewesen ist, als ihm die Teflonhörner implantiert worden sind. Die Ohren hat er sich im Vollsuff abgeschnitten. Als er »einen Moralischen« wegen Mutter Bertha bekommen hat. Und zwar während er aus Sentimentalität in Onkel Bogdans ehemalige Werkstatt eingebrochen ist, heute ein Lager für Lacke, so daß es gedauert hat, bis er ein geeignetes Schneidwerkzeug – ein Teppichmesser nämlich – hat finden können. Eigentlich, fällt ihm grad ein, hat er sie übrigens Fiona schicken wollen, eingelegt in Spiritus; die war doch immer so scharf auf seine Löffel! Schwamm drüber, die gammeln jetzt irgendwo in der Bille.
    Schmerzen beim Bilderstechen aber hat er ohne Betäubung aushalten, weil auf Nihilin und Alk wegen der blutverdünnenden Wirkung verzichten müssen – andernfalls die Stiche sich hätten entzünden können. Und das waren Schmerzen, Dicker. Allein der Aal, Dicker, allein der Aal. Und der eingebrannte Phallus für Tante Votze.
    Und doch, am allermeisten hat das hier wehgetan (er pocht mit dem rechten Handballen auf seine Herzgegend): das Porträt von »Otto«.
UT1:  … Aber nicht auf der Haut, Dicker. Darunter, da hat’s wehgetan, Dicker. Darunter. Warum hast du das gemacht, Dicker. Warum. – Warum.
    Man sieht im Videoclip, daß der bärtige Mann – unter einem zusätzlichen Schweißguß – redlich versucht zu sprechen. Man sieht, wie seine Kiefer sich lösen, das Tor ins Bartdickicht sich sesammäßig öffnet, ja sogar, wie das südlicher gelegene Gestrüpp vom Adamsapfel bewegt wird – doch zu hören ist zunächst nichts.
UT1:  Was? Sag mal. Warum hast du das gemacht.
    Der bärtige Mann räuspert sich und gibt Laute von sich. (Ohne Untertitel.) Es dauert, bis man erstmals eine Antwort versteht. Es dauert rund fünfzig Sekunden, die wirken wie hundertfünfzig. Und die der Hüne abwartet, mit übertrieben verdrehtem Schädel, zusehends über seine eigene Engelsgeduld amüsiert. Bis der Mann mit Mütze und Bart die Augenlider hebt und seine indischen Kuhaugen zeigt. Und etwas sagt, das schwer zu verstehen ist – zumal für einen Hünen ohne Ohren.
UT1:  Hä? Was?

UT2:  Wie du … wie hast du mich gefunden.
    Was zunächst naiv klingt, ist es – so wurde mir beim zweiten Rezeptionsdurchgang klar – durchaus nicht gewesen: In seiner Lage muß für den Mann mit der Baskenmütze die vorrangige Frage gewesen sein, ob seine wahre Identität gelüftet worden war – und damit nämlich womöglich auch die seiner Angehörigen … (Wenn nicht, stünden ihm ggf. andere Handlungsoptionen zur Verfügung als wenn doch. So unfaßlich es klingt, mental war der Mann ganz offenbar voll da.)
UT1:  Ach kuck. Kann reden. Privatdetektiv natürlich, Dicker. Hat mich auch nicht wenig gekostet.
Aber hat sich ja gelohnt. Tja, und ausgerechnet heute, wo mein Ganzkörpertattoo fertig werden sollte, da ruft der Typ mich an. Hab ich natürlich nicht lang gefackelt. Schnell, sagt er. Geht grad ins Haus Jungfernstieg Nummer ( piep ). Kanzlei ( piep ). Braungebrannt, beige Baskenmütze, Sonnenbrille, Bart.
    Bääät. Der Teufel gluckst wie ein Truthahn.
    Nun hat der Mann mit der Baskenmütze ihn wiederum akustisch schlecht verstanden – ungefähr ab der Hälfte –, und sagt das auch genau so, allerdings so leise, daß wiederum der ohrlose Hüne ihn unwirsch auffordert, deutlicher zu sprechen. Um ihn nicht weiter zu reizen, stellt der Mann mit der Baskenmütze die nächste Frage. Die wieder recht harmlos klingt – diesmal jedoch zugleich unbeirrt.
UT2:  Aber woher wußte der, wie ich jetzt aussehe.

UT1:  Was?

UT2:  Woher der … woher wußte der, wie ich jetzt aussehe.

UT1:  Wußte der, wie was ?

UT2:   Wie ich jetzt aussehe.

UT1:  Wozu willst das eigentlich noch so genau wissen, Dicker. Die Büroschnepfe in dieser Kanzlei. So dreckig, wie der Detektiv gelacht hat, fickt er sie wohl.
    Mochte die Ausdrucksweise nicht korrekt sein, der Sachverhalt war es.
    Nachdem Tetropov mit seinen Ermittlungen auf eigene Faust nicht weitergekommen war, dürfte er den erwähnten Detektiv beauftragt haben. Alles, was er jenem Jamaikaner an Anhaltspunkten bieten konnte, war eine offensichtlich veraltete Adresse, den Vornamen Otto und das Konterfei mit Heiligenschein. Der langjährigste Walbein-Bewohner war erst nach Onnos Auszug eingezogen. Falls der Jamaikaner zur Nachrecherche bei

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