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Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)

Titel: Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schulz
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hydraulischen Türen zentral geschlossen, als er den Motor ausgestellt hatte. Die Erlaubnis einzuholen, sie nun wieder zu öffnen, fand er ums Verrecken nicht den richtigen Zeitpunkt.]
    Mein blinder Gewährsmann verglich die Hitze und Luftfeuchtigkeit mit einem Hamam, bloß daß der Geruch bei weitem nicht so angenehm gewesen sei. Ein Potpourri, dessen Gesamtwirkung nur als lähmend beschrieben werden könne. Ein Gestanksgemisch, von dem mal das eine, mal das andere Element dominierte. Elemente wie Schweiß, Schweiß von vierunddreißig Menschen im Alter zwischen zwölf und vierundsiebzig Jahren. Schweiß, kaum abgelagert und verdunstet, von frischem wieder aufgekocht. Angstschweiß, aufgerührt von vierunddreißig Amygdalae, dessen geballte Geruchswucht Schäferhündin Bella beinah in den Irrsinn getrieben hätte. In der Nähe des Hünen mit eigentümlich synthetischer Basisnote, vermutlich aufgrund der genossenen Drogen. Ferner etliche Liter vergossenes Tierblut, süßlich, doch trotz der größeren Menge diskreter als das Blut des Hünen. Das auch süßlich roch, doch wie mit heißen Kupferfäden durchzogen – und wiederum chemisch versetzt. Kräftige Spuren von Urin, Geruch also nach Brühe, Fenchel und Ammoniak. Auch tierischer und menschlicher Kot war an der Brodembildung beteiligt. [Zwar gab es eine Toilettenkabine auf der Heckveranda, doch wer wußte das schon; und wer es wußte: beim Hünen um Genehmigung betteln? Was, wenn er ablehnte? Da hatte man zusätzlich zu der Schande noch seine garantierte Aufmerksamkeit.] Dito exquisites Herrenparfum. Und Fischbrötchen, aus dem Korb der Engländerinnen. Sowie die Katerfahnen Dagmars und Ellens. [Welch letztere übrigens schwer atmend auf Platz D von Tisch 5, Steuerbord, saß, direkt im Rücken ihrer Freundin.]
    Solcher Art also war die Atmosphäre beschaffen, in der sich das folgende abspielte, und besser wurde sie im Verlauf jener halben Stunde auch nicht.)
    Der Mann mit dem Bart und der Baskenmütze, doch nunmehr ohne Sonnenbrille, kneift die Augen zusammen, allerdings wohl eher vor Schreck aufgrund der Attacke. Die Lider sind viel heller als der Rest des sonnenverbrannten Teints, so daß sie wirken wie geschminkt. Wie negativ schattiert. Dito die Kerben, die die beiden Reiter vom Brillengestell im Nasenrücken hinterlassen haben.
    Ebenfalls infolge der abrupten Tätlichkeit schnappt der Mann nun außerdem mehrfach nach Luft, ungefähr, als müsse er sich gleich übergeben. Es bleibt jedoch bei einem Beben und Rütteln, das durch seinen Rumpf geht; gleichwohl fortan zyklisch. Er schlottert .
    Der Hüne schaut in die Kamera, greift nach dem Dolch und deutet mit dessen Spitze auf den mageren, bronzerot gebrannten, feuchtglänzenden rechten Oberarm seines Gegenübers, der nunmehr zwischen den Ärmelfetzen hervorschaut. Der männchenmachende, violette Pudel auf dem undeutlichen Bizeps ist deutlich im Bild.
UT1:  Wette verloren, Dicker, ich weiß. Ich übrigens auch, du.
    Authentisch betrübt senkt der Hüne seinen verunstalteten Kopf. Die Hörner zielen auf die hellen, niedergeschlagenen Lider seines Gegenübers.
UT1:  Gegen eine meiner Echsen.
    Um einmal mehr zu korrigieren: Gemeint sind natürlich »Exen« (= Exfreundinnen). Ein Beispiel für die Unbekümmertheit, mit der unser Webmaster Inhalte voraussetzt bzw. verständnismäßige Unschärfen generiert. (Wobei man in diesem Fall, d.   h. in Anbetracht der partiellen Echsenhaftigkeit des Hünen, ja durchaus Witz einräumen kann.) Und mehr als eine Million User, die sich den halbstündigen Clip angeschaut haben, geben seiner Arbeitsweise damit recht: Offenbar funktioniert der Clip auch ohne Kenntnis der tieferen Beweggründe für den darin vorgeführten Dialog.
UT1:  Weißt schon, welche, Dicker. Hab ihr gesagt: Otto? Nie und nimmer, hab ich gesagt. Für Otto leg ich deine Hand ins Feuer. (Lacht glucksend wie ein Puter; d. Verf.) Tja. Hat mich ordentlich Kohle gekostet. Aber was soll’s. Kohle spielt keine Rolle. Jetzt sowieso nicht mehr. Und ist geil geworden, oder?
    Er bewegt die Ellbogen und betrachtet sich oberflächlich.
    Dann referiert er über die Tätowierungssitzungen, zwei Minuten und fünfzehn Sekunden lang (und er ist – aus verschiedenen Gründen: Zahnlosigkeit, schwankende Lautstärke, Nebengeräusche – teilweise wirklich schwer zu verstehen: Kompliment an den Webmaster). Daß er seit elf Wochen unter der Nadel von »###« gelegen hat, täglich mindestens vier Stunden. Wie teuer das

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