Onno Viets und der Irre vom Kiez (German Edition)
auch, nech. Mann! Am schlimmsten war’s mal in den Siebzigern, da war ich auf Inselhopping, auf so ’ner Ägäisinsel, wie hieß die noch«, und Händchen puterte: »Wespos!«
Und Händchen erzählte einen Witz, den Tony Soprano in den Sopranos erzählt – worüber Fiona überhaupt nicht lachen konnte, Onno jedoch sehr wohl: »Kommt ein Mann mit ’ner Ente unter Arm nach Haus und sagt: ›Und die Sau hab ich gefickt!‹ Sagt seine Frau: ›Aber das ist doch ’ne Ente!‹ Sagt der Mann: ›Mit dir hab ich nicht geredet.‹«
Und als Onno zur Toilette ging, tätschelte ihm Händchen, sich aalend in all seiner antiken Körperästhetik, das Bäuchlein – »Sieht aus wie ’n leerer Känguruhsack, Digger!« –, und Onno sagte: »Früher hab ich auch immer ’n Sixpack gehabt«, und Händchen grölte: »Ja, unnern Ääm, Digger!«
Allerdings geriet Onno in puncto Pointen ein wenig unter Lieferstreß … Nach Flecktarn und Sixpack waren z. B. Piercings dran. Auch da waren sich die Jungs einig. »Mädchenkram«, sagte Händchen. »Auch so wie so kiloweise Blingbling? Steh’ ich nich’ drauf. Niggerzeug. Nix gegen Nigger, Diggär! Bin quasi selber einer. Homie von Bimbo Beelzebub. Kennst du? Bimbo Beelzebub? Kennst du ›Maltschiks‹? ›Krake Bukkake‹?«
»Äh, nee, aber …«
»›Eingebor’ner Sohn‹? Logo, das kennt jeder.«
»Genau«, sagte Onno. Und: »Wie ist das eigentlich«, fügte er hinzu. »Wenn die mal den ganzen Schrott rausnehmen, die Gepiercten. Wenn die dann mal ’n Niesen unterdrücken müssen, öff, öff. Das sieht doch aus wie’n poröser Gartenschlauch!«
Bißchen konstruiert. Aber: Geputer. »Gib mir fümf!« gluckste Händchen. Sie klatschten sich ab. Er wollte Onno nachschenken, doch der legte die Hand auf das Glas.
»Griffel wech«, sagte Händchen.
»Muß noch fahr’n«, sagte Onno.
»Wer sagt das«, sagte Händchen.
»Was?«
»Wer sagt das. Wer sagt das.«
»Nee, echt.«
»Finger wech, sonst gibt’s eine gekoffert«, sagte Händchen. ».«
»Wenn das Echo abkanns’.«
»Du Pansen, du«, sagte Händchen. »Echo abkanns’. Hammer, Digger.«
»Vorsichtig, nech. Ich kann Karaoke.«
Geputer. Gib ihm fümf.
Usw., usf.
Beim Thema Tattoo vermochte Fiona noch mitzuhalten. Sie erzählte von ihrer Fee mit Füllhorn auf Schulter und »Bizep«. Kräftige, herzerwärmende Primärfarben, die Onno an die Innenverpackung der Kaumgummiriegel seiner Kindheit erinnerten, lange, schmale, mörtelgraue Riegel, die in Sammelbildchen mit Micky-Maus-Szenen eingewickelt waren. Die beglückende Haptik des Glanzlacks. Der Vanilleduft. Und sie erzählte, daß sie ihr Sternzeichen anfangs nicht überm Fußknöchel, sondern auf der linken Brust haben wollte. Doch ihr »Stecher« –
Händchen: »Dein was? Es setzt gleich was.«
– äh, hihi, ihr Tätowierer habe davon abgeraten. »Weil ich ja Krebs bin.«
Geputer. ’ch, ’ch, ’ch. Gib ihr fümf.
Onno erzählte auf Nachfrage von seinem lila Pudel. Mitnichten von dem Zwergalbino, der bis heute manchmal in seinen Träumen auftauchte – womöglich war der eine Kiezlegende, die heut noch umging? Holzauge, sei wachsam. Nein, er erzählte, daß er neunundsechzig nach Amsterdam ausgerissen sei, in einer Kneipe im Rotlichtviertel jene erwähnte Wette verloren und sich im Hinterzimmer habe tätowieren lassen müssen. Um was? Wie, um was. Ach, Wette. Äh – sagt er nicht. Datenschutz.
Los, raus damit.
Nee. Nich.
Los. Hier, trink noch einen.
Nee. Nee.
»Was Sexuelles, du Schlimmer?« Fiona.
»’ch, ’ch, ’ch …«
Und Tibor erzählte, wie sie im Knast seine Adiletten mit’m Feuerzeug angeschmolzen haben, um Farbe für die drei Punkte zu kriegen – hier, siehst du? Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen. Gestochen haben sie das Triangel sieben Jahre zuvor mit einer Tätowiermaschine Marke ›Hahnöfersand‹ (nach jener Elbinsel im Alten Land, die für ihre Jugendstrafanstalt bekannt ist): Ventilatormotor, Eßlöffel, Verschluß einer Getränkedose sowie in Kugelschreiberhülle geführtem Nadelbündel. Und erzählt, wie andere sich ein Zentimetermaß auf den Schwanz haben tätowieren lassen– echt! Wenn er schlaff wurde, haben sie ihn wieder steifgewichst, und weiter ging’s. Oder auf die Eichel ’ne Fliege. Oder auf die Innenseite der Unterlippe: ›Leck mich‹. Verräter kriegen im Knast übrigens ’ne Waschmaschine auf den Rücken tätowiert. Miele. Komplett mit Knopf und Trommel und alles.
Und erzählt,
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