Op Oloop
eines temperamentvollen Charakters an, ausgelöst durch die Verlobung mit seiner Tochter.
In dieser besänftigenden Stellung befanden sie sich, als der Konsul von Finnland und seine Nichte unter Gelächter und Grußworten lärmend hereinplatzten.
Sie blieben sprachlos stehen.
Op Oloop stand weiter in unerschütterlicher Abwesenheit da, den Blick entleert, die Seele unbewohnt.
Niemand wagte es, sein aufrechtes, pflanzengleiches Stillschweigen zu stören.
Der romantische Gesichtsausdruck, die rätselhaft edle Haltung ließen ihm das Mitleid aller und die Tränen Franziskas entgegenfließen.
Plötzlich belebte sich der Baum.
Eine Art innerer Brise bewegte seine Lider wie zwei Blätter. Die Pupillen erleuchteten ihre Umrandung, und ein Lächeln sproß aus dem Baumstumpf seines Gesichts.
Die Beklemmung der Umstehenden, in vier zeitgleichen Seufzern ausgestoßen, ließ die Umgebung sogleich lichtvoll werden.
Und Op Oloops Augen blieben wie magnetisiert an jenen Franziskas haften.
Der Hausherr winkte seinen Schwager und Piet Van Saal ins Arbeitszimmer. Quintin Hoerée sprach als erster: »Ich bin wirklich konsterniert. Du kannst dir die Szene nicht vorstellen, die wir gerade miterlebt haben. Ein heftiges Delirium für nichts und wieder nichts. Eine höchst sonderbare Gedankenbildung unter dem Vorwand eines nicht bestehenden Mangels an Pünktlichkeit. Es war furchtbar und peinlich. In den sieben Jahren, die ich Op Oloop nun kenne, habe ich ihn niemals in einem solchen Zustand gesehen. Daß dies gerade heute passieren muß!«
»Zum Glück hat Ihre Tochter nichts gehört. Für mich ist es eine Nervensache. Ich weiß, daß mein Freund gesund und kräftig ist wie eine Steineiche. Mir ist bekannt, daß er weder an irgendeiner inneren Verletzung leidet noch an irgendeinem voranschreitenden Krankheitsprozeß. Es ist eine nervöse Störung, nichts als eine nervöse Störung. Ich bin der Meinung, daß wir den Yachtbesuch auf eine andere Gelegenheit verschieben sollten.«
»Ganz im Gegenteil«, schaltete sich der Konsul ein. »Nichts ist besser als Ablenkung. Franziskas Anwesenheit scheint ihn zu beruhigen …«
In diesem Moment ließ eine gewaltige Lachsalve die Köpfe der drei mechanisch herumfahren. Sie rannten los.
Die stattliche Erscheinung des Statistikers wiegte sich wie eine Pappel im Sturm. Die Ausgelassenheit setzte blutrote Medaillons auf seine glatte, mattweiße Gesichtshaut. Das angestaute Blut überschwemmte ihn nun vollends, und er sprach, sprach, in Sätzen, die zerhäckselt aus seinem Mund fielen: »Komödiantisch, jawohl, komödiantisch! … Ich habe hundertachtundzwanzig Adjektive gezählt … in einem einzigen Absatz … verstehst du? … IN EINEM EINZIGEN ABSATZ! … einer Rede von Almafuerte … Und ich finde nicht einmal ein einziges für dich! … komödiantisch, jawohl, komödiantisch! … Es war in La Plata … neunzehnhundertzehn … bei einer Studenten-Soirée … Ist das nicht unter aller Würde? … Den gesamten Bestand an Adjektiven unter Beschlag zu nehmen? … Komödiantisch, jawohl, komödiantisch!«
Das höhnische Lachen des Verlobten ließ Franziskas schwaches Lächeln vor Schreck verblassen. Ihr Puppengesicht – ihr baby face, wie er es nannte – bewölkte sich unversehens. Und ihre zu einem Herz geformten Lippen, in einer Ohnmacht erbleichend, brabbelten wie eine Puppe oder ein Baby: »Pa-pa! Pa-pa!«
Op Oloops Lachsalve füllte den Raum, ließ die Nippväschen klirren und den Lampenschirm tanzen. Sprang vom Flügel zu den Flauschkissen, schlitterte über den schachbrettgemusterten Estrich und machte einen Zwischenstop auf den luxuriösen Buchrücken im Regal. Er sah sein Lachen überall, wie kleine Kobolde aus einem Zeichentrickfilm. Und der ganz eigene Charme seiner Ausschweifung fachte die Klangfülle an, die in allen Tönen bis zur höchsten Stimmlage mitschwang.
Während Vater und Onkel sich mit dröhnendem Schädel um Franziska kümmerten, nahm Piet Van Saal eine strenge Haltung ein: die gebieterische Haltung, die Gefühlsausbrüche entwaffnet.
»Op Oloop«, schrie er mit aller Gewalt. »Op Oloop! Es reicht jetzt!«
Als wenn ein Blitz sein Hirn getroffen hätte, schlug der Befehl in sein Handeln ein. Und mit einem kräftigen Stoß beförderte Piet ihn in die Polster eines Maples. Der Statistiker hatte das Gefühl, mit dem Hinterteil in Schlamm gelandet zu sein. Er machte eine Geste des Ekels und klopfte sich ab, als wolle er sich säubern. Kurz darauf durchlief sein
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