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Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Titel: Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Orth
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möglich, kulturelle Eigenarten und geschichtliche Ereignisse aus anderen Teilen der Welt auch in bewegten Bildern zu betrachten, ohne selbst vor Ort zu sein.
    Was in den Fünfzigerjahren die Himalaja-Gipfel wurden und in den Sechzigern der Mond, waren um die Jahrhundertwende die Polarregionen: Die ganze Welt blickte auf die Wagemutigen, die sich auf den letzten großen Entdeckungsreisen in unbekannte Eisregionen vorwagten, sie wurden bewundert wie heute die größten Sportidole.
    1888 durchquerte der Norweger Fridtjof Nansen in 49 Tagen auf Skiern das Inlandeis Grönlands. Fünf Jahre später wagte er sich mit der »Fram« auf eine dreijährige Pionierfahrt in die Arktis. Das Schiff wurde vom Packeis eingeschlossen und trieb mit der Strömung in Richtung Nordpol. Zusammen mit Hjalmar Johansen, einem der damals weltbesten Skifahrer, versuchte Nansen, auf Skiern den Pol zu erreichen. Sie kamen bis auf 86° 04’ nördlicher Breite, so weit war noch niemand vorher nach Norden vorgedrungen.
    Anfang des 20. Jahrhunderts beanspruchten gleich zwei US-amerikanische Forscher für sich, den nördlichsten Punkt der Erde erreicht zu haben: Frederick Cook im April 1908 und Robert Edwin Peary im April 1909
. »Endlich der Pol!«, schrieb Peary in seinem Bericht. »Der Preis von drei Jahrhunderten. Mein Traum und Ziel seit 20 Jahren. Endlich mein!« Wäre es in dem Wettstreit darum gegangen, wer seine Leistung mit besonders blumigen Worten ausschmücken kann, hätte Cook gewonnen: »Zuletzt steigen wir über farbige Felder glitzernder, ansteigender Wände aus Purpur und Gold – endlich, unter kristallblauem Himmel mit flammenden Ruhmeswolken, erreichen wir unser Ziel! Die Seele ist erfüllt vom endgültigen Triumph; in uns geht die Sonne auf, und die ganze Welt voll nachtdunkler Mühsal schwindet dahin. Wir sind auf dem höchsten Punkt der Welt! Die Flagge flattert im eisigen Wind des Nordpols!«
    Ein heftiger Streit, der sich über Jahrzehnte hinzog, entbrannte im Anschluss zwischen den einstigen Expeditionskameraden Peary und Cook darüber, wer den Nordpol für sich beanspruchen konnte. Nach heutigem Stand der Forschung hatte keiner Recht: Beiden fehlten bis zu ihrem Ziel etliche Kilometer.
    Auch der Norweger Roald Amundsen hatte eine Nordpol-Expedition geplant, doch da der Titel scheinbar vergeben war, konzentrierte er sich auf den Südpol. Mit seiner ersten Befahrung der Nordwestpassage hatte er schon arktischen Ruhm erworben. Mit 52 Hunden, vier Schlitten und vier Begleitern brach er im Oktober 1911 an der Walfischbai der Ross-See in die Antarktis auf. Am 14. Dezember vermerkte Amundsen vergleichsweise nüchtern in seinem Tagebuch: »Endlich haben wir unser Ziel erreicht und unsere Flagge am geografischen Südpol gehisst. Gott sei Dank!«
    Gut einen Monat später tat es ihm der Brite Robert Falcon Scott gleich, der zwölf Tage nach Amundsen an einem anderen Punkt der Ross-See gestartet war. Statt mit Hunden versuchte er, mit Ponys und pannenanfälligen Motorschlitten voranzukommen, was sich als fataler Fehler erwies. Am Pol fand er einen Brief des Norwegers: nur Zweiter, nach diesen Mühen in der Kälte! Und der Rückweg stand ihnen noch bevor. Dabei gerieten die Männer in einen mehrtägigen Orkan, erlitten bei Temperaturen um minus 40 Grad Celsius schwere Erfrierungen, dann gingen Nahrung und Brennstoff zu Ende. Ein Jahr später fand man ihre Leichen, nur 18 Kilometer vom rettenden Camp entfernt.
    Auch sonst war 1912 ein Jahr der Katastrophen in den Polargebieten: Die deutsche Schröder-Stranz-Expedition in Spitzbergen, als Vorbereitung für eine geplante Nordostpassage, wurde zum »German Arctic Desaster« (»New York Times«), weil die Mannschaft zu unerfahren war und die Gefahren unterschätzte. Acht von 15 Teilnehmern starben, die Überlebenden konnten teils nur mit schweren Verletzungen und Erfrierungen gerettet werden.
    Auch die Südpol-Expedition Wilhelm Filchners, des Mannes, bei dem Roderich Fick sich in Berlin beworben hatte, scheiterte. Beim Aufbau wurde ihre auf einem Eisberg errichtete Überwinterungsstation durch eine Springflut zerstört, und das Schiff, die »Deutschland«, kam nicht so weit wie erhofft nach Süden. Sie blieb im Packeis stecken und war neun Monate manövrierunfähig. Dennoch brachte die Reise wertvolle meteorologische und ozeanografische Erkenntnisse.
    Selbst die größte Katastrophe des Jahres hatte indirekt mit der Arktis zu tun: Ein grönländischer Eisberg schlitzte am 14. April 1912

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