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Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition)

Titel: Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Orth
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Schneeoberfl. – 13,0 ∞ 2

August 2012
Grönland, Inlandeis

    Jemand muss über Nacht meine Skischuhe aus der Zelt-Apside genommen und gegen ein zwei Nummern kleineres Paar vertauscht haben. Warum passen Fuß, Socke, Dampfsperrensocke, Lammwollsocke und Baumwoll-Übersocke da heute nicht rein? Ich zerre an der fast knielangen Gamasche, rüttle an der Schlaufe und an der Ferse. Dann endlich: Fuß drin. Autsch, Kratzer an den Fingern dafür wieder offen. Die Wunden von Stürzen im Eis heilen schlecht.
    Draußen scheint die Sonne, im Zelt Nieselregen. Was wir nachts ausgeatmet haben, tropft jetzt vom Kunststoffdach.
    Warum ist die Zahnbürste nicht im Kulturbeutel? Habe ich die im letzten Camp verloren? Der nächste Supermarkt liegt sieben Tagesmärsche entfernt, unpraktisch. Das gibt Karies, aber so was von, bei dem ganzen Süßkram, den wir immer essen.
    Ach so, die Zahnbürste ist in der Daunenjackentasche, weil es gestern Abend kalt war beim Zähneputzen. Gar nicht so einfach, sein Zeug hier zusammenzuhalten, bei den ganzen Jackentaschen und wasserdichten Beuteln und Ziplock-Plastiktüten.
    Ein ganz normaler Morgen in der Arktis. Akkus raus aus dem Schlafsack, Akkus rein in die Kamera. Die vertragen keine Kälte. »Minus fünf Grad im Zelt heute Nacht«, vermeldet Gregor. Die rote Zeltwand flattert im Wind. »
40 km/h«, sagt Wilfried nach einem Blick auf das Display seines Windmessers.
    Das aggressive Fauchen des Benzinkochers kündigt eine Mahlzeit an. Jan schaufelt Schnee in die beiden Töpfe. Er und Gregor sind meistens die Ersten, die wach sind. Erstaunlich, wie wenig Wasser so viel Schnee ergibt.
    Frühstück. Müsli mit Peronin. Wie gestern. Und vorgestern. Zu viele Rosinen drin. Einzige Abwechslung: Peronin Vanille oder Peronin Kakao. Astronauten-Pulvernahrung. Egal, Hunger hat man immer, hier draußen schmeckt alles. Sogar die Fettpampe Pemmikan mit zwei Jahre zurückliegendem Verfallsdatum, die optisch nur entfernt an ein Nahrungsmittel erinnert. Im Schnitt essen wir zwei Tüten pro Tag, das sind 100 Gramm für jeden.
    Vergleichbar mit einem Mittelklassehotel ist dagegen die Getränkeauswahl: Kaffee, Cappuccino, Vitaminbrause, schwarzer Tee, Pfefferminztee, Kamillentee, Früchtetee, Hagebuttentee. Nur Milch gibt‘s keine, nicht mal als Pulver. Der zweite Tee wird immer im Plastiknapf serviert. Weil sich Teebeutel perfekt als Spülbürste eignen. Wilfried erklärt Jan, wie man klemmende Ziplock-Verschlüsse geschickter öffnet. Wilfried hat ständig Tipps, wie man noch was optimieren kann, auch schon morgens um Viertel nach sieben.
    Ein neuer Expeditionstag kann beginnen. Die Abläufe sind zur Routine geworden, die Gruppe ist ein eingespieltes Team. Gregor kippt Wasser in die Thermoskannen, deren Verschlüsse metallisch quietschen, und füllt Plastikflaschen mit Blaubeersuppenpulver. Diese zähflüssige Instantsuppe ist ein absoluter Geheimtipp für Arktistouren, genau wie Marzipan als Wegzehrung: Energie pur, der Körper will ständig mehr davon. Und er will Schokolade. Normalerweise esse ich die kaum, hier kann ich problemlos zwei Tafeln pro Tag verdrücken. Es gab schon Expeditionen, die zu Pulver geraspelte Kartoffelchips als wesentlichen Teil ihrer Ernährung mitnahmen. Viel Fett, relativ wenig Gewicht, ein perfekter Eiswüstensnack.
    Weniger perfekt ist die Energiebilanz des Apfels, den ich seit unserem Aufbruch heimlich mit mir herumschleppe. Die anderen dürfen von der Schmuggelware nichts erfahren, sonst werden sie mich lynchen vor Neid. Ein Apfel auf dem Inlandeis, das ist das Äquivalent zu 500 Gramm feinstem Kobe-Rindfleisch zu Hause. Mit jedem Tag ohne frisches Obst wird die verbotene Frucht kostbarer. Solche Extras sind in unserem Gepäck nicht vorgesehen, zu viel Gewicht für zu wenig Nährwert. Ich werde ihn noch weiter verstecken bis zu einem Moment, in dem ich ganz besonders dringend Energie brauche. Schon länger habe ich das Gefühl, dass mein Nahrungsbedarf von uns allen am höchsten ist.
    Gerade wenn‘s richtig gemütlich ist, wenn im Lager alles an seinem Platz ist, heißt es Zelte abbauen. Bei dem Wind? Klar, bei dem Wind. Wenn man in Richtung Westen bergauf geht, kommt der leider immer von vorne.
    Dann den Pulkaschlitten packen. Wer glaubt, dass man dies nach einigen Tagen Expedition so hinbekommt, dass

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