Operation 9.11 - Der Wahrheit auf der Spur
wird, vor allen Dingen Zinskosten und Abschreibungen, die ausgegliedert werden nach dem Motto, diese Kosten spiegelten nicht die organische Entwicklung wider.« Schlagzeilen wie »Gewinnanstieg 40 %« seien reine Phantasie, denn dabei handele es sich bisweilen nur um Einnahmen ohne Einrechnung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen. Letzte Rettung: Akquisitionen.
»Das Ziel besteht darin, Gewinne zu kaufen. Die wollen keine Synergien. Die wollen Gewinne kaufen, und diese werden dann dem eigenen Gewinn zugeschlagen. Das macht man zehnmal im Jahr. Dann wird das extrapoliert, und Sie erhalten die wunderschönsten Gewinnkurven und bewundern die ungeheure Rentabilität der amerikanischen Wirtschaft. Mich stört, dass nicht ein Mensch aufsteht und sagt: ›Das ist doch alles Quatsch.‹«
Gewinnentwicklung? »Einfach katastrophal.« Investitionswunder? Produktivitätswunder? »Das eine Wunder fand so wenig statt wie das andere.« In den Augen des Wirtschaftsexperten ist das alles heiße Luft. In verständlichen Worten erklärt er seinem Publikum die Disney World der amerikanischen Wirtschaft.
So haben zum Beispiel die Nasdaq-Unternehmen
»seit 1995 keinen Pfennig verdient. Sie sind alle in den roten Zahlen. Das waren Scheingewinne in der Vergangenheit, die sie großenteils aus dem Aktienmarkt geholt haben. Sie haben ihre Gewinne im Aktienmarkt gemacht, haben dann andere Unternehmen gekauft, und die Gewinne wurden aufeinandergetürmt. Das waren alles Papiergewinne, Scheingewinne, keine Gewinne aus Produktion und Produktivität. Es war alles Betrug.«
Die Diagnose ist verheerend: Die USA »haben ein scharf rückläufiges Wirtschaftswachstum, sie haben zusammenbrechende Gewinne, sie haben zusammenbrechende Investitionen, aber sie haben eine Geld- und Kreditexpansion, die alle Rekorde schlägt. (…) Wir haben die tollste Kreditausweitung aller Zeiten, und dennoch bricht die Wirtschaft einfach zusammen.« Mit anderen Worten: Der gesamte Konsum und Pseudo-Boom der USA beruhte im Wesentlichen auf Pump – und das galt gleichermaßen für die Verbraucher wie für die Unternehmen, und daher war es nur eine Frage der Zeit, bis alles zusammenbrechen würde. (Heute, im Jahr 2011, wissen wir, wie prophetisch diese Zeilen waren.)
Am Schluss zog Richebächer ein wichtiges Fazit: »Ich gehöre zu denjenigen, die sagen: ›Die Leute, die uns das eingebrockt haben, sind nicht in der Lage, uns da wieder herauszubringen.‹ Und nebenbei gesagt: Es ist viel schwieriger, als wir glauben.« [299]
Diesen Worten kann man entnehmen, dass das Wirtschaftssystem der USA kein bisschen weniger verlogen war und ist als die Planwirtschaft der alten Sowjetunion. Beide wurden und werden geprägt durch Wunschdenken und frisierte Zahlen. Tatsache ist, dass die USA und mit ihr die gesamte Weltwirtschaft in einer verheerenden Krise stecken und dass es für die Führungsmacht des Westens und der Welt darum gehen musste, diese Krise, wenn schon nicht erfolgreich zu bekämpfen, so doch in den Griff zu bekommen. Wie Richebächer schon sagte, sprach aus seiner Sicht aber nichts dafür, dass »die Leute, die uns das eingebrockt haben«, das Problem lösen können, das heißt auf jener Ebene lösen können, auf der es entstanden ist, nämlich auf der Ebene der Wirtschaft beziehungsweise innerhalb des US -Wirtschaftssystems. Ist die Wirtschaft erst einmal richtig krank, sagen wir, so krank wie ein sterbender Körper, dann sind die Prozesse aus dem System heraus irreversibel. Und dann gibt es keine Selbstheilungskräfte mehr, jedenfalls keine ausreichenden. Dann geht es nur noch bergab bis zum Exitus.
Daher spricht vieles dafür, das Problem auf anderen Ebenen zu »lösen«, das heißt die Ebene des (mehr oder weniger) legalen Wirtschaftens endgültig zu verlassen und Wohlstand zu stehlen oder auf Kosten des Leidens von Millionen Menschen künstlich zu produzieren.
Einige der Methoden, Wohlstand zu stehlen, hatte Richebächer bereits angesprochen: frisierte Zahlen, fiktive Gewinne und die Fusion von kranken amerikanischen Unternehmen mit gesunden ausländischen Firmen. In Wirklichkeit handelte es sich allerdings nicht um Fusionen, sondern um Infusionen, und das ist etwas ganz anderes als das, was beispielsweise den Aktionären mancher deutscher Firmen vorgegaukelt wurde, zum Beispiel denen von DaimlerChrysler. Als die Stuttgarter den Chrysler-Konzern nach der Fusion von 1998 richtig unter die Lupe nahmen, standen sie vor einem Scherbenhaufen.
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