Operation Amazonas
Hund einen Ball auffängt, dann tauchte er mit seiner Beute wieder unter. Dies alles dauerte nur wenige Sekunden.
Der tote Kaiman tauchte an die Oberfläche, die grau-gelben Bauchschuppen dem Himmel zugewandt.
Der Kadaver wurde von unten angestoßen. Das überlebende Tier umkreiste langsam seinen toten Kameraden.
»Vielleicht zieht er ab«, sagte Frank. »Vielleicht hat ihn das abgeschreckt.«
Kelly wusste es besser. Diese Tiere mussten Jahrhunderte alt sein. Sie waren Partner gewesen, das einzige Paar, das sich dieses Ökosystem teilte.
Das Wasser glättete sich wieder. Stille senkte sich herab. Alle fixierten das Wasser, hielten den Atem an oder atmeten schnaufend. Die Sonne brannte vom Himmel.
»Wo ist er hin?«, flüsterte Zane, neben seinen aschfahlen Kameraden hockend. Die durchnässte und verängstigte Anna zitterte bloß.
»Vielleicht hat er sich verzogen«, murmelte Frank. Die drei Flöße trieben steuerlos neben dem toten Monster.
Nates Boot befand sich auf der anderen Seite. Kelly begegnete seinem Blick. Er nickte und versuchte ruhige Zuversicht auszustrahlen, wirkte jedoch trotz all seiner Dschungelerfahrung verängstigt. Der Jaguar saß neben seinem Herrn. Frank verlagerte ein wenig die Beine. »Er ist bestimmt geflohen. Vielleicht –«
Plötzlich spürte Kelly, wie das Wasser unter dem Floß in Bewegung geriet. »Festhalten!«
»Was –?«
Das Floß explodierte unter ihnen – es wurde nicht bloß hochgedrückt, sondern in die Luft katapultiert. Aus der Mitte des Floßes ragte die gepanzerte Schnauze des zornigen Kaimans.
Kelly taumelte. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die anderen inmitten von Bambusstangen und Rucksäcken über Bord gingen. »Frank!« Ihr Bruder fiel auf der anderen Seite des Monsters ins Wasser.
Dann landete auch sie mit einem schmerzhaften Bauchklatscher im See. Die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst. Sie tauchte wieder auf und erinnerte sich an Nates dringende Empfehlung, sich im Wasser möglichst wenig zu bewegen. Als sie aufsah, fiel auf einmal ein Baumstamm auf sie herunter.
Sie versuchte dem tödlichen Zusammenprall auszuweichen, doch der Stamm traf sie seitlich am Kopf. Sie stürzte nach hinten, tauchte unter Wasser und wurde von Dunkelheit verschluckt.
Von der anderen Seite des toten Kaimans aus beobachtete Nate, wie Kelly vom Baumstamm getroffen wurde und versank – ob tot oder bewusstlos, das konnte er nicht erkennen. Um das zerstörte Floß herum trieben Menschen, Rucksäcke und Trümmerteile im Wasser. »Möglichst wenig bewegen!«, rief Nate, während er verzweifelt nach Kelly Ausschau hielt.
Der Kaiman war wieder untergetaucht. »Kelly!«, schrie Frank.
Seine Schwester tauchte an der anderen Seite des Trümmerfelds an die Oberfläche. Sie lag bäuchlings im Wasser und bewegte sich nicht.
Nate zögerte. War sie tot? Dann auf einmal sah er, wie sie kraftlos den Arm bewegte. Sie lebte! Aber wie lange noch? In ihrem benommenen Zustand lief sie Gefahr zu ertrinken.
»Verdammt noch mal!« Er überlegte fieberhaft, wie er sie retten sollte. Unmittelbar hinter ihr befand sich eine kleine Erhebung, auf der ein einzelner großer Magrovenbaum wuchs. Der dicke Stamm ragte aus einem Wurzelverhau hervor und verzweigte sich zu einem Gewirr von Ästen und Zweigen, die aufs Wasser herabhingen. Wenn Kelly sich dort in Sicherheit bringen könnte …
Ein Schrei lenkte ihn ab. Der Kopf des Kaimans tauchte wie ein U-Boot zwischen den Trümmerteilen auf. Ein riesiges Auge musterte die Umgebung. Schüsse wurden abgefeuert, doch die im Wasser treibenden Gegenstände und Menschen gaben dem Tier Deckung. Dann tauchte er langsam wieder unter.
Frank hatte seine Schwester endlich ausgemacht. »Mein Gott … Kelly!« Er machte Anstalten, zu ihr hinüberzuschwimmen.
»Frank! Nicht bewegen!«, rief Nate. »Ich schwimme zu ihr!« Er legte die Schrotflinte auf den Baumbusplanken ab.
»Was hast du vor?«, fragte Manny.
Statt zu antworten, hechtete Nate über die Lücke zwischen dem Floß und dem toten Kaiman hinweg. Er landete in gebückter Haltung auf dessen Bauch, dann rannte er über die kippelige Unterlage hinweg auf Kelly zu.
Zu seiner Rechten ertönte ein lauter Schrei. Corporal Yamir schlug um sich – dann wurde er auf einmal unter Wasser gerissen und verschwand inmitten einer Blasenspur. Der Kaiman schnappte sich die im Wasser schwimmenden Überlebenden.
Die Zeit wurde allmählich knapp.
Nate stieß sich kraftvoll mit den Beinen ab und sprang vom Bauch des
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