Operation Amazonas
Die Blitze zuckten wütend über den Himmel, es donnerte in einem fort. Auf einmal brach ein Wolkenbruch nieder, und der Wind wehte in heftigen Böen. Die Holzbretter schwankten wie das Deck eines Schiffes auf hoher See.
Ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, dass sie jemanden aufwecken könnte, schob Kelly den erstbesten Vorhang beiseite, taumelte durch den Eingang und suchte Schutz im Innern der Hütte.
Im Raum war es dunkel. Durch die kleinere Hintertür leuchteten Blitze. Die einzige Hängematte war Gott sei Dank unbesetzt. Sie taumelte erleichtert darauf zu.
Plötzlich stolperte sie über einen Gegenstand am Boden. Fluchend fiel sie auf die Knie. Sie tastete umher und berührte einen Rucksack.
»Wer ist da?«, fragte jemand von der Hintertür her. Eine dunkle Silhouette schob sich vor die Öffnung.
Kelly, die immer noch am Boden kniete, wurde von Entsetzen gepackt.
Als es erneut blitzte, sah sie auf einmal, wen sie da vor sich hatte. »Nate?«, fragte sie furchtsam und verlegen. »Ich bin’s, Kelly.«
Er kam rasch zu ihr und half ihr auf die Beine. »Was machen Sie denn hier?«
Sie streifte sich die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht, das mittlerweile vor Scham glühte. Er muss mich ja wirklich für saublöd halten. »Ich … ich bin ins falsche Zimmer gestolpert. Tut mir Leid.«
»Alles in Ordnung?« Nate hielt sie noch immer bei den Armen; seine Körperwärme sickerte durch ihr nasses Hemd.
»Ja, sicher. Ich komm mir bloß blöd vor.«
»Dafür gibt es keinen Grund. Es ist dunkel.«
Blitze zuckten, und sie stellte fest, dass sein Blick auf ihr ruhte. Wortlos blickten sie einander an.
Schließlich brach Nate das Schweigen. »Wie geht es Frank?«
»Gut«, antwortete sie leise. In einem fort rollten Donnerschläge über sie hinweg, weiteten den Raum und verwandelten sie in Zwerge. Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. »Ich … ich habe Ihnen noch gar nicht gesagt, wie … wie Leid mir das mit Ihrem Vater tut.«
»Danke.«
Alter Schmerz schwang in diesem einen geflüsterten Wort mit. Sie trat unwillkürlich einen Schritt auf ihn zu, von ihm angezogen wie eine Motte von der Flamme, wohl wissend, dass es ihr Verderben wäre, jedoch ohne etwas dagegen tun zu können. Die harte Schale ihres Herzens bröckelte. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ihre Schultern bebten.
»Schhhh«, machte er, obwohl sie gar nichts gesagt hatte. Er zog sie an sich, schloss sie in die Arme.
Das Beben mündete in ein Schluchzen. All der verborgene Kummer, alle verdrängten Ängste brachen jäh hervor. Ihre Knie gaben nach, doch Nate fing sie auf. Brust an Brust hielt er sie fest.
Während draußen das Unwetter tobte, der Wind die Bäume schüttelte und die Luft erbebte vom Zusammenprall der Titanen, standen sie in der Mitte des Raums. Schließlich blickte sie Nate in die Augen.
Sie streckte die Hand aus und zog seine Lippen an die ihren. Sie schmeckte das Salz ihrer beider Tränen. Zunächst ging es ums Überleben angesichts des überwältigenden Schmerzes, dann erwachte eine unausgesprochene Begierde. Sie spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte.
Atemlos wich er einen Moment zurück. Ihre Augen leuchteten trotz der Dunkelheit.
»Kelly …«
»Schhhh«, machte sie, den Laut imitierend, mit dem er sie eben beruhigt hatte. Sie zog ihn wieder an sich.
Einander fest umarmt haltend, legten sie sich auf den Boden. Sie betasteten einander … öffneten feuchte Kleidungsstücke und streiften sie ab … verschränkten ihre Gliedmaßen.
Während ringsum das Unwetter tobte, strebte ihre Leidenschaft dem Siedepunkt zu. Die Trauer verflüchtigte sich, verlor sich irgendwo zwischen Schmerz und Lust, uralten Rhythmen und lautlosen Schreien. Als ihnen der Raum zu klein wurde, wälzten sie sich auf die Plattform hinaus.
Blitze durchzuckten die Wolken, Donnerschläge dröhnten. Regenschauer peitschten unter das Vordach, prasselten auf ihre nackte Haut.
Nate saugte an ihrer Brust, ihrem Hals. Während hinter ihren geschlossenen Lidern rot die Blitze leuchteten, stieß sie ihm das Becken entgegen. Seine Lippen suchten gierig die ihren, ihrer beider Atem vereinte sich. Umgeben vom Unwetter, umschlossen von seiner Umarmung, baute sich eine köstliche Spannung in ihr auf, zunächst ganz allmählich, dann immer rascher. Als die Woge der Lust sie durchströmte, schrie sie auf.
Sein Schrei vermischte sich mit ihrem, dröhnte ihr wie Donner in den Ohren.
Lange Zeit verharrten sie reglos, hielten den Moment fest. Nicht achtend der Welt und des
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