Operation Amazonas
Kelly entsetzt.
Nate blickte flussaufwärts. Dort gabelte sich der Fluss und strömte um den Hügel herum. Auf der anderen Seite vereinigten sich die beiden Arme wieder. Sie befanden sich tatsächlich auf einer Insel, inmitten eines tödlichen Gewässers, an allen Seiten von Wasser eingeschlossen.
Ihm war regelrecht übel. »Wir sitzen in der Falle«, murmelte er.
2.12 Uhr
Westflügel des Instar Institute Langley, Virginia
Lauren O’Brien saß an einem kleinen Tisch in der Gemeinschaftsküche, vor sich eine Tasse Kaffee. Zu dieser späten Stunde war sie allein. Alle anderen unter Quarantäne gestellten Mitarbeiter von MEDEA schliefen entweder in den Notunterkünften oder arbeiteten in den Labors.
Sogar Marshall hatte sich vor einer Stunde zusammen mit Jessie auf ihr Zimmer zurückgezogen. Am Morgen hatte er mit dem Seuchenzentrum, zwei Kabinettsmitgliedern und dem CIA-Direktor konferiert. Die Besprechung hatte er anschließend anschaulich als »Präventivschlag vor dem politischen Supergau« charakterisiert. So war das eben mit der Regierung. Anstatt das Problem konsequent anzugehen, zeigten alle mit dem Finger auf andere und gingen in Deckung. Marshall beabsichtigte, morgen Bewegung in die Sache zu bringen. Jetzt kam es darauf an, einen vernünftigen Einsatzplan aufzustellen. Bislang wurden die fünfzehn Quarantänezonen auf fünfzehn verschiedene Weisen gemanagt. Chaos allerorten.
Seufzend blickte Lauren auf die zahllosen vor ihr ausgebreiteten Papiere und Ausdrucke. Ihr Team beschäftigte sich mit einer ganz einfachen Frage. Welcher Erreger hatte die Krankheit ausgelöst?
In Laboratorien im ganzen Land wurde getestet und geforscht – angefangen vom Seuchenzentrum in Atlanta bis zum Salk Institute in San Diego. Das Instar Institute aber war das eigentliche Forschungszentrum.
Lauren schob den Bericht eines gewissen Dr. Shelby beiseite, der Nierenzellen von Affen als Nährmedium verwendet hatte. Er war gescheitert. Reaktion negativ. Bislang hatten alle Untersuchungsmethoden versagt: aerobische und anaerobische Bakterienkulturen, Nachweise von Pilzsporen, die Elektronenmikroskopie, die In-situ-Hybridisierung, die PolymeraseKettenreaktion. Bislang waren keinerlei Fortschritte zu verzeichnen. Jede Studie schloss mit den gleichen Floskeln: negative Reaktion, Nullwachstum, unbestimmte Untersuchungsergebnisse. Unterschiedlich formulierte Eingeständnisse des Scheiterns.
Auf einmal meldete sich der Pieper, der neben dem mittlerweile kalten Kaffee auf dem Tisch lag, und tanzte über die Kunststoffplatte. Sie packte ihn, bevor er herunterfallen konnte.
»Wer zum Teufel mag das um diese Zeit wohl sein?«, murmelte sie und blickte auf das winzige Display des Pagers. Large Scale Biological Labs lautete die Anzeige. Die Einrichtung war ihr unbekannt, doch dem Regionalcode war zu entnehmen, dass sie irgendwo im Norden Kaliforniens lag. Vermutlich wollte sich bloß irgendein Techniker nach ihrer Faxnummer oder dem Übertragungsprotokoll erkundigen. Trotzdem …
Lauren erhob sich, steckte den Pieper in die Tasche und trat zum an der Wand angebrachten Telefon. Als sie den Hörer abnahm, hörte sie, wie hinter ihr die Tür geöffnet wurde. Sie wandte den Kopf und erblickte die mit einem Pyjama bekleidete Jessie, die sich schlaftrunken die Augen rieb.
»Grandma …«
Lauren legte den Hörer auf und näherte sich dem Kind.
»Schatz, wieso bist du denn auf? Du solltest im Bett liegen.« »Du warst weg.«
Lauren kniete vor dem Mädchen nieder. »Was hast du denn?
Hast du wieder schlecht geträumt?« In den ersten Nächten hatte Jessie Albträume gehabt, verursacht durch die Quarantäne und die ungewohnte Umgebung. Dann aber hatte sie sich rasch eingewöhnt und mit anderen Kindern angefreundet.
»Ich hab Bauchschmerzen«, sagte Jessie; in ihren Augen funkelten Tränen.
»Ach, Schatz, das kommt davon, dass du abends noch Eis gegessen hast.« Lauren umarmte das Mädchen und drückte es an sich. »Wie wär’s, wenn du ein Glas Wasser trinkst, und dann steck ich dich wieder –«
Lauren verstummte, als sie bemerkte, wie erhitzt das Kind war. Sie legte Jessie die Hand auf die Stirn. »Mein Gott«, murmelte sie.
Das Kind hatte hohes Fieber.
2.31 Uhr
Amazonas-Dschungel
Louis stand vor seinem Zelt, als Jacques vom Fluss zurückkam. Sein Lieutenant hatte sich eine nasse Decke unter den Arm geklemmt. Deren Inhalt war nicht größer als eine Wassermelone. »Doktor«, sagte der Marone steif.
»Jacques, was haben Sie
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