Operation Arche - 1
werde.«
»Das ist Wahnsinn«, kommentierte Gray Harbor, fast als sei das hier ein ganz normales Gespräch. »Niemand wird diese Geschichte glauben.«
»Auch das sehe ich anders.« Wieder lächelte Tirian. »Einige meiner Freunde bei Hofe werden mich umgehend unterstützen, was auch immer geschehen sein mag. Andere, die vielleicht Zweifel hegen, werden die Leichen von Haarahld und Cayleb sehen und begreifen, dass Zhan noch ein Kind ist, und sie werden auch verstehen, dass unser Reich von allen Seiten von Feinden umgeben ist. Wenn nicht ich die Regentschaft übernehme, wer denn dann? Oder glaubst du, die werden sich mit Freuden auf einen Erbfolgekrieg einlassen, wenn Nahrmahn und Hektor doch nur darauf warten, endlich losschlagen zu können? Und wer weiß schon irgendetwas über diesen ›Merlin‹? Er ist ein Fremder, ein Ausländer, der unter geheimnisvollen Umständen hier aufgetaucht ist und sich seitdem immer weiter das Vertrauen des Königs erschlichen hat! Die Hälfte aller Adligen bei Hofe werden doch schon jetzt befürchten, er könne zu viel Einfluss erringen, und keiner von denen kennt ihn wirklich. Die werden doch froh sein, ihn loszuwerden. Vor allem …« – sein Lächeln schwand, und er legte die Stirn in Falten – »… wenn Haarahlds Erster Ratgeber sämtliche Gründe, die ich dafür hatte, ihm zu misstrauen, bestätigt.«
»Das werde ich nicht tun«, lehnte Gray Harbor rundweg ab.
»Ich denke, dass solltest du dir noch einmal überlegen, Vater.« In Tirians Stimme klang keinerlei Bedrohung mit, nur reine Logik. »Wen wirst du denn unterstützen, wenn Haarahld und Cayleb tot sind? Willst du der Auslöser für einen Bürgerkrieg sein? Willst du das Königreich einfach Hektor und Nahrmahn überlassen? Oder wirst du das tun, was für Charis das Beste ist, und dafür sorgen, dass das Reich nicht zerfällt? Du hast mir gerade gesagt, das Einzige, was ich würde tun können, wäre für Haarahld als Kronzeuge zu fungieren. So, und ich sage dir jetzt, die einzige Möglichkeit, die du noch hast, dem Königreich zu dienen, ist für mich zum Kronzeugen zu werden.«
»Niemals.«
»›Niemals‹ ist eine lange Zeit, Vater. Ich denke, du wirst es dir anders überlegen, wenn man dir erst einmal genug Zeit zum Nachdenken gegeben hat.«
Gray Harbor wollte gerade schon aufstehen, doch dann keuchte er erstaunt auf, als eine schwere Hand ihn kräftig zurück in den Sessel stieß. Er riss den Kopf herum, schaute über die Schulter hinweg hinter sich … und riss die Augen auf, als er sah, dass Zhorzh Hauwyrd ihn ungerührt anblickte.
»Es tut mir leid, Vater«, sagte Tirian, und Gray Harbor schaute wieder zu seinem Schwiegersohn hinüber. Der Herzog schüttelte den Kopf und sprach dann im gleichen aufrichtigen Tonfall weiter. »Ich fürchte, mir war klar, dass ein derartiger Tag tatsächlich würde kommen können. Hast du vergessen, dass Zhorzh in meinen Diensten gestanden hat, bevor er zu dir gekommen ist? Dass ich derjenige war, der ihn dir empfohlen hat, als du ihn in dein Gefolge aufgenommen hast – ganz zu schweigen davon, dass ich für ihn ein gutes Wort eingelegt habe, nachdem sein Vorgänger, dein letzter Leibgardist, diesen … Unfall hatte.«
»Großer Gott«, flüsterte Gray Harbor. »So lange planst du das schon?«
»In gewisser Weise ja, denke ich. Und als du dann hier so unvermittelt aufgetaucht bist, bei diesem Wetter, da habe ich ein paar zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen.« Tirian nahm eine kleine Glocke vom Kaminsims. »Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, sie wirklich zu benötigen, aber ich bin nun einmal gerne gut vorbereitet.«
Er schüttelte das Glöckchen. Ein sanftes Klingeln wehte durch den Raum, übertönte klar und deutlich das Donnergrollen, und sofort wurde die Tür zur Bibliothek aufgerissen.
Frahnk Zhahnsyn und vierzehn weitere Angehörige von Tirians Leibgarde kamen hereinmarschiert. Die Bibliothek war ein gewaltiger Raum, doch überall hier standen Bücherregale und Halterungen für Schriftrollen, und so füllten fünfzehn Mann, bewaffnet und gerüstet, eine Hälfte des Raumes vollständig aus.
»Tatsächlich habe ich mir nie Pläne für genau diesen Augenblick zurechtgelegt«, fuhr Tirian fort, »und ob du mir das nun glaubst oder nicht, Vater: Ich liebe dich. Ich gebe gerne zu, dass ich das hier niemals von Anfang an so geplant hatte. Zhenyfyr, ja, an die hatte ich sehr wohl gedacht, aber du warst schon damals der Erste Ratgeber. Ich musste dich in
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