Operation Arche - 1
›Visionen‹ und ›versuchte Attentate‹ hinaus. Die Dienste, die Ihr uns jetzt anbietet, werden ganz Charis verändern, und letztendlich werden sie sich über Charis hinaus über die ganze Welt verbreiten. Ich nehme an, es wird mehr Veränderungen geben, als ich mir im Moment überhaupt nur vorstellen kann – Veränderungen, die einige fürchten und hassen werden. Veränderungen, von denen einige sogar der Ansicht sein könnten, sie stünden im Widerspruch zu den Ächtungen der Jwojeng – mit all den Gefahren, die das mit sich brächte. Ich denke, dieses Gewitter, in das Ihr letztlich verschwunden seid, war nichts als ein leichter Frühlingsschauer im Vergleich zu dem Taifun, der Euch auf dem Fuße folgt. Daher lautet die einzige Frage, die ich stelle, die einzige Frage, auf die ich eine Antwort benötige: Warum? Ihr habt einmal gesagt, viele unserer Feinde dienen ›der Finsternis‹, ob sie sich dessen nun bewusst sind oder nicht. Aber wem oder was dient Ihr, Merlin? Der Finsternis oder dem Licht?«
»Dem Licht, Euer Hoheit«, gab Merlin sofort zurück; völlig unerschütterlich erwiderte er geradewegs Caylebs Blick. »Es gibt bereits genug Finsternis in der Welt«, fuhr der Seijin fort, »und weitere zieht sich bereits zusammen. Charis steht ihr im Weg, und daher stelle ich mich an die Seite von Charis. Und ich sage Euch dieses, Cayleb Ahrmahk, Kronprinz von Charis – ich werde eher sterben, als dass ich der Finsternis gestatten werde, hier zu triumphieren, was auch immer der Quell dieser Finsternis sein mag.«
Fast eine halbe Minute lang blickte Cayleb schweigend in diese saphirblauen Augen, dann nickte er, langsam und bedächtig.
»Das soll mir ausreichen«, sagte er schlicht und tippte wieder auf das Blatt Papier.
»Also«, forderte er den Seijin dann auf, »versucht doch bitte noch einmal, mir diese ›arabischen Zahlen‹ beizubringen, ja?«
.III.
King’s Harbour, Helen Island
Helen Island lag einhundertvierzehn Meilen nordöstlich von Tellesberg in der südlichen Howell Bay. Die Insel hatte in etwa die Form eines Dreiecks, aus dessen östlicher Kante ein gewaltiger Krake ein Stück herausgebissen hatte; an ihrer größten Ausdehnung maß die Insel vielleicht fünfundsiebzig Meilen. Für einen Planeten wie Safehold, auf dem Inseln einen Teil des alltäglichen Lebens darstellten, war das nicht sonderlich groß, doch die zerklüfteten Berge auf dieser Insel ragten geradezu atemberaubend hoch auf. Und wichtiger noch: Helen Island war ein wichtiger, sogar ein unerlässlicher Teil des Landes, das seit ewigen Zeiten im Besitz der Familie Ahrmahk lag, und schon seit Jahrhunderten gab es dort immense Festungsanlagen.
Die Howell Bay war der Schlüssel zur ganzen Entwicklung des Königreiches Charis. Der Transport auf dem Wasserwege war schneller, einfacher und ungleich billiger als jeglicher Versuch, die gleichen Waren und Materialien über Land zu befördern, und die Howell Bay bot Charis mitten im Herzen des Reiches etwas, das vielleicht mit einer gewaltig breiten, leicht befahrbaren Straße verglichen werden konnte. Flinke Galeeren und Segelschiffe hatten das zunehmend an Einfluss gewinnende Königreich immer enger zusammenwachsen lassen und den Anstoß und auch die Grundeinstellung dafür geliefert, dass schon bald die ozeanweite Expansion des Handels gefolgt war. Und in der Howell Bay gab es drei wichtigere Inseln – Sand Shoal Island, Helen Island und Big Tirian. Dass es dem Hause Ahrmahk gelungen war, alle drei unter ihre Vorherrschaft zu bringen, war einer der Gründe dafür, dass sie später auch den Thron erringen konnten.
Das war bereits vor Jahrhunderten geschehen, doch das Königreich Charis hatte die Festungsanlagen auf allen drei Inseln beibehalten, und in King’s Harbour, dem größten Hafen auf Helen Island, befand sich zugleich auch eine der größten Werften der Royal Navy. Zudem war King’s Harbour auch eine uralte Feste, die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ausgedehnt und ausgebaut worden war, sodass sich die Werft an einem Ort befand, den man gewiss als ›gut bewacht‹ bezeichnen konnte. Und die Tatsache, dass der weitaus größte Teil aller für den Schiffsbau verwendbaren Bäume auf dieser Insel bereits vor langer Zeit gefällt worden waren, stellte kein größeres Problem dar. Holz ließ sich immer noch jederzeit herbeischaffen, und dazu kam, dass Helen Island reichlich Kupfer- und Eisenerze bot, und trotz ihrer relativ geringen Größe auch genügend
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