Operation Arche - 1
hätte.«
»Ein ›Fremder‹?«, wiederholte Nahrmahn.
»Das sagt zumindest Lahang, Mein Prinz. Bislang gibt es noch keine verlässlichen Aussagen darüber, wer dieser ›Fremde‹ denn nun eigentlich sein könnte, aber in allen Gerüchten rings um Tellesberg wird er geradezu überlebensgroß dargestellt. In einigen der besonders verrückten Geschichten heißt es, er sei ein Seijin, wahrscheinlich auch noch mit einem Zauberschwert. Aber in fast allen Gerüchten, selbst den bodenständigeren, war er es, der Cayleb und seine Leibgarde im letzten Augenblick vor dem Hinterhalt gewarnt hat. Es ist den Angreifern gelungen, sämtliche von Caylebs Leibgarden zu töten oder zu verwunden, doch gemeinsam haben Cayleb, einer seiner Gardisten und dieser Fremde alle Attentäter bis auf einen erschlagen. Die meisten Gerüchte besagen, dass dieser Fremde mehr als die Hälfte von ihnen allein getötet hat.«
»Das klingt ja so, als hätten wir lieber den anheuern sollen«, stellte Nahrmahn düster-belustigt fest, und Shandyr gestattete sich zur Erwiderung ein kleines Lächeln.
Der Prinz lehnte sich in seinem Sessel zurück, biss in ein Stück schweren, klebrigen Honig-Nuss-Gebäcks und dachte über Shandyrs Bericht nach. Allzu oft fragte sich Shandyr, wie man derart süße, schwere Leckereien genießen konnte – gerade bei dem Klima, das in dieser Stadt herrschte, fast auf der Höhe des Meeresspiegels und in Äquatornähe –, doch Nahrmahns Faible für Süßigkeiten gleichwelcher Art war fast schon legendär. Nachdenklich und mit regelmäßigen Kieferbewegungen kaute er, mindestens fünf Minuten lang, und der Baron saß schweigend dabei und nippte gelegentlich an seiner Schokolade. Schließlich hatte Nahrmahn das ganze Stück Torte aufgegessen, wischte sich nun mit einer Serviette die klebrigen Finger ab und leerte die eigene Tasse.
»Ich gehe davon aus, dass Sie mir alles berichtet haben, was wir bislang wissen«, sagte er dann.
»Das habe ich, Mein Prinz. Wie ich schon sagte, ist Lahang derzeit bemüht, weitere Details in Erfahrung zu bringen, und ich gehe davon aus, dass wir auch vom Herzog hören werden … früher oder später.« Dieses Mal verzogen sie beide gleichzeitig das Gesicht. »Bis dahin jedoch«, fuhr der Baron fort, »wissen wir eigentlich noch überhaupt nichts.«
»Das wohl. Dennoch, wenn es in allen Gerüchten und dem Klatsch und Tratsch auf der Straße heißt, dieser Fremde – wer bei Shan-wei auch immer das nun eigentlich sein mag! – sei dafür verantwortlich, dass dieses Attentat fehlgeschlagen ist, dann werden wir wohl alles über ihn in Erfahrung bringen müssen, was in unserer Macht steht. Irgendwie bezweifle ich, dass er einfach wieder verschwinden wird … nicht, nachdem er dem Kronprinzen das Leben gerettet hat!«
»Damit mögt Ihr recht haben, Mein Prinz. Aber es ist ebenso gut möglich, dass er nichts weiter ist als ein Abenteurer, der nur das Glück hatte, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.«
»Wenn Sie das wirklich glauben, Hahl, dann brauche ich vielleicht einen neuen Leiter für meine Spionageabteilung«, schnaubte Nahrmahn.
»Ich habe nicht gesagt, es sei wahrscheinlich, Mein Prinz. Ich habe lediglich angemerkt, es sei möglich, und das ist es auch. Ich pflichte Euch bei, dass wir alles über ihn herausfinden müssen, was wir nur können – vor allem, wie er so frühzeitig von unseren Plänen hat erfahren können. Gleichzeitig ist es jedoch niemals weise oder ratsam, sich zu sehr von einer Annahme vereinnahmen zu lassen, bevor sie bestätigt oder widerlegt werden konnte.«
»Ein durchaus wichtiger Punkt«, gab Nahrmahn zu. »Aber trotzdem: Ich möchte alles über ihn erfahren.«
»Selbstverständlich, Mein Prinz.«
»Und ich denke, wir werden überlegen müssen, wie sehr wir selbst hier belastet werden«, fuhr Nahrmahn dann fort. »Ich weiß, dass die Verbindung zwischen Lahang und dem Herzog sehr wohl gut verborgen ist, aber Wave Thunder ist wahrlich kein Narr, und ›gut verborgen‹ ist immer noch etwas anderes als ›unsichtbar‹. Haarahld muss vermuten, dass wir dafür verantwortlich sind, und wenn sie mehr herausgefunden haben, als wir bislang für wahrscheinlich halten, dann werden sie vielleicht sogar genau wissen, wer Lahang eigentlich ist, und ihn zur Vernehmung einbestellen. Wie sehr könnte er uns schaden, wenn das geschieht?«
»Sehr, fürchte ich«, gab Shandyr zu. »Er ist für sämtliche unserer Unternehmungen in Tellesberg verantwortlich, und er
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