Operation Beirut
Geschäftsleute, die sich angeregt über ihre Arbeit und über Geld unterhielten. Ein kleinerer Raum dahinter bestand aus einer Reihe von Nischen entlang der Fenster, die auf das Meer hinausgingen; die Lehnen der Bänke waren so hoch, dass jede Nische fast den Eindruck eines Séparées vermittelte. Dass zwei Frauen allein in einem Restaurant wie diesem speisten, wirkte prickelnd, fast etwas anrüchig auf Jane.
«Haben Sie vielleicht eine Nische für uns, Joseph?», fragte die Libanesin den Oberkellner auf Französisch.
«Oui, Madame Jezzine», kam die Antwort. Sie war offensichtlich eine Stammkundin.
Sie gingen durch den großen Speisesaal, wobei sie die anerkennenden Blicke der Männer auf sich zogen, und betraten den kleineren, intimeren Raum. Als sie an den Nischen vorbeigingen, stellte Jane fest, dass in den meisten Männer mit sehr jungen und attraktiven Frauen zu speisen schienen. Jane glaubte zu sehen, wie einer der Männer durch das dünne Gewebe einer Bluse die Brüste seiner Lunchgefährtin streichelte.
Als sie sich gesetzt hatten, beugte sich Madame Jezzine über den Tisch und sprach Jane in dem gleichen verschwörerischen Ton an, den sie auch in der Praxis des Arztes angenommen hatte. «Sie kennen dieses Restaurant ja sicherlich?», sagte die Libanesin.
«Hierher bringen die Beiruter Männer ihre Mätressen, um mit ihnen anzugeben. Und manchmal für das ein oder andere obendrein.» Sie nickte in Richtung einer Nische in der Nähe, in der der Mann seine Verabredung betatscht hatte.
Solange Jezzine bestellte sich einen Kir. Obwohl es erst Mittag war, viel zu früh, um etwas zu trinken, machte Jane es ihr nach. Als ihr Solange eine Zigarette anbot, nahm sie sie an, obwohl sie seit Jahren nicht mehr geraucht hatte. Sie hustete nach dem ersten Zug, und Solange lachte über ihre mangelnde Erfahrung.
«Ich fürchte, ich bin ein Neuling», sagte Jane entschuldigend.
«Sie werden es lernen», sagte die Libanesin.
Jane war verlegen und einen Augenblick lang versucht, sich wieder in ihre Identität als Ehefrau und Mutter zu flüchten.
«Haben Sie Kinder?», fragte sie ihre Begleiterin.
«Ja», sagte Solange. «Aber das ist Jahre her. Es kommt mir fast so vor, als sei das in einem anderen Leben gewesen.»
Bis die Drinks kamen, plauderten sie einige Minuten lang liebenswürdig über Kinder.
«Ich dachte, Sie wollten Beirut verlassen», wagte Jane zu fragen, als sie ihr Glas erhob. Der Cassis bildete Schlieren im Wein und verdunkelte ihn wie ein plötzlicher Gewittersturm.
«Warum? Wegen der juristischen Schwierigkeiten meines Mannes?», antwortete Solange mit fast brutaler Offenheit.
«Nun ja», sagte Jane. «Ich habe in der Zeitung gelesen, dass er die Absicht hat, in der Schweiz zu bleiben. Also nahm ich an –»
«Dass ich als treue Frau mit ihm gehen würde», sagte die Libanesin und beendete damit den Satz für Jane.
«Ja.»
«Jetzt noch nicht», sagte Solange. «Vielleicht werde ich es irgendwann tun. Sicher werde ich es irgendwann tun. Aber nicht jetzt. Es ist Frühling, und das ist die schönste Jahreszeit im Libanon. In Genf hat es letzte Woche noch geschneit. Wussten Sie das? Ich werde später nachkommen. Aber nicht jetzt. Es gibt hier so viel zu tun.»
Sie lächelte auf die charmanteste und bescheidenste Art und Weise. Als Jane sie so ansah, kam sie zu dem Schluss, dass Männer sie mit Sicherheit unwiderstehlich fanden.
«Und wie geht es
Ihrem
Mann?», fragte Solange dann, wobei sie die Augenbrauen in die Höhe zog.
«Gut», sagte Jane. «Wunderbar, um genau zu sein.»
«Sie sind eine glückliche Frau, einen solchen Mann zu haben. Ich bin sicher, man hat Sie schon oft gewarnt, aber trotzdem: Passen Sie auf ihn auf!»
«Nein», sagte Jane. «Um ehrlich zu sein, das hat mir noch niemand gesagt. Warum sollte ich auf ihn aufpassen?»
«Wenn Sie das fragen müssen, dann gehen Sie doch noch einmal an den Nischen hier vorbei.»
Jane war versucht, ihr zu sagen, dass ihr Mann nicht so sei. Aber sie sagte nichts.
«Was halten Sie von den libanesischen Männern?», fragte Madame Jezzine.
«Ich finde sie sehr charmant», sagte Jane.
Das war keine besonders ehrliche Antwort, dachte sie. Sie nippte ein weiteres Mal an ihrem Kir; dann sprach sie weiter.
«Ich finde sie sehr charmant und sehr sexy, aber man scheint sich nicht besonders auf sie verlassen zu können.»
«Ahaa! Dann nehme ich an, dass Sie sie sehr gut kennen müssen», sagte Madame Jezzine mit einem Augenzwinkern.
«Ganz und
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