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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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gar nicht», sagte Jane. «Oder so gut wie gar nicht. Aber ich würde sie gerne besser verstehen lernen. Vielleicht können Sie mir erklären, wie sie sind.»
    Was rede ich da?, dachte sie. Warum mache ich das?
    «Ich kann Ihnen sogar eine ganze Menge erzählen», sagte Solange. «Aber lassen Sie uns erst den Lunch bestellen.» Sie drückte auf einen Knopf unter dem Tisch, und schon kam ein Kellner, um ihre Bestellung entgegenzunehmen. Es war klar, dass sie auch in den Nischen keine Unbekannte war. Der Kellner zählte die Liste der Spezialitäten auf. Jane bestellte sich das Seezungenfilet Dugléré, pochiert, in Weißweinsoße und mit Trauben. Solange bestellte sich einen Hummer, gekocht. Und eine Flasche weißen Burgunder.
    «Und Salat», rief Solange, als der Kellner wegging. «Und Kartoffeln!»
    In dem stillen Raum wandten sich einige Köpfe nach ihr um. Madame Jezzine lächelte und zündete sich eine neue Zigarette an. «Lassen Sie mich Ihnen etwas über arabische Männer erzählen», meinte Solange mit gedämpfter Stimme. «Das ist ein Gebiet, auf dem ich so etwas wie eine Expertin bin.»
    «Oh, fein», sagte Jane. Sie kicherte, als sie das sagte. Sie kam sich vor wie auf einer Mädchenparty im Studentenheim von Mount Holyoke.
    «Wollen Sie
alles
wissen?», fragte Solange und nahm einen Schluck von ihrem Wein.
    «Aber ja», sagte Jane. Sie fühlte sich immer noch wie ein junges Mädchen und war zum Kichern aufgelegt. So muss es wohl in einem Harem zugehen, dachte sie. Frauen, die einander nicht kennen, tauschen Vertraulichkeiten über die Männer aus, die ihr Leben bestimmen.
    «Das Erste, was man über Araber wissen muss, ist, dass sie von Kindesbeinen an mit jedem schlafen: mit Männern, Frauen, Onkeln, Brüdern, Schwestern, Tanten. Es ist hier im Vorderen Orient sehr heiß, und die Menschen haben nicht viel Stoff auf dem Körper. Und so passiert das eben. Das ist ganz natürlich.»
    «Jetzt hören Sie aber auf», sagte Jane.
    «Es stimmt aber», insistierte Solange. «Einer meiner Liebhaber, übrigens ein Mann, der im ganzen Vorderen Orient bekannt ist, hat mir einmal erzählt, wie er von seiner Tante verführt wurde. Es passierte während der Siesta, als der Wind durch die Vorhänge strich. Die arme Frau bestritt später, dass etwas passiert sei. Sie sagte, sie hätte geschlafen und wäre sich dessen, was da vor sich ging, nicht bewusst gewesen. Aber mein Liebhaber erzählte mir, dass sie an sein Bett kam, seinen Penis in die Hand nahm und ihn streichelte; und dann habe sie die Beine gespreizt und sich auf ihn gesetzt, um ihn sich hineinzustecken.»
    Jane lief rot an. Sie spürte das Feuer auf ihren Wangen. Alles, was ihr im Augenblick einfiel, war: «Ach, du liebe Güte!»
    «Bringe ich Sie in Verlegenheit?», fragte die Libanesin.
    «Nein, nein», sagte Jane. «Sie beantworten mir genau die Fragen, die ich mich nie zu fragen trauen würde.»
    «Schön», sagte die Libanesin. «Das Zweite, was Sie wissen müssen, ist, dass der wichtigste Mensch im Leben eines jeden Arabers seine Mutter ist. Nicht seine Frau, auch nicht seine Geliebte, sondern seine Mutter. Die meisten Araber sehen ihre Mutter jeden Tag. Sie wollen alle auf eigenen Beinen stehen, Männer von Welt sein, aber sie wollen auch bemuttert werden. Und das von jeder Frau, die sich dazu hergibt.»
    «Ich glaube, die meisten Männer sind so», sagte Jane.
    «Vielleicht, aber in der arabischen Welt scheint alles irgendwie extremer zu sein, finden Sie nicht?»
    «Das stimmt», sagte Jane. Sie sah sich nach dem Kellner um, der jedoch nirgendwo zu sehen war. Aber anstatt nach ihm zu läuten, nahm sie die Weinflasche lieber selbst aus dem Eiskübel und goss sich und Solange noch ein weiteres großes Glas ein.
    «Und was ist das Dritte?», fragte sie dann.
    «Das Dritte ist … Ich geniere mich, es auszusprechen.»
    «Das nehme ich Ihnen nicht ab», sagte Jane. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendetwas gibt, was Sie in Verlegenheit bringen könnte.»
    «Das Dritte ist, dass sie wegen ihrer Penisse Angst haben.»
    «Was?», fragte Jane und gab vor, nicht richtig verstanden zu haben.
    «Sie haben Angst vor dem Beschneiden. Sehen Sie, in der arabischen Welt werden Männer von alters her nicht gleich nach der Geburt, sondern erst im Alter von sieben Jahren beschnitten. Und dann ist das Ritual auch noch eine öffentliche Zeremonie, zumindest bei den Beduinen. Ich hatte einmal einen Liebhaber, einen sehr reichen saudischen Prinzen, der mir erzählt

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