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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Jezzine über Belanglosigkeiten, zum Beispiel über die aktuelle Leitung des libanesischen Nachrichtendiensts. Er versprach dem General einen Besuch, sobald die Familie sich vollständig eingerichtet hatte. Der Zwischenfall mit Madame Jezzine schien über Brandy und Zigarren in Vergessenheit geraten zu sein. Als die Rogers sich jedoch von ihrer Gastgeberin verabschiedeten, bedachte Mrs.Wigg Rogers mit einem scharfen Blick, als wollte sie sagen: Das war Ihre Schuld, junger Mann. Attraktive Männer, die mit älteren Frauen flirten, fordern ja Katastrophen geradezu heraus.

Kapitel 5 Beirut; Oktober 1969
    Vor dem Einschlafen dachte Rogers an seine Frau. Er spürte das angenehme Kitzeln ihres glänzenden schwarzen Haars an seinem Hals und ihren Busen auf seiner Brust. Er hatte ihre Weichheit gern. Andere Botschaftsehefrauen erschienen Rogers zäh wie Leder. Sie benahmen sich wie die höheren Töchter in den Internaten, gaben verschwenderische Partys, tranken zu viel, redeten zu viel. Sie drängten ihre Männer, Einzelheiten ihrer Arbeit zu erzählen, und tratschten untereinander über das Leben in der Botschaft.
    Jane war anders. Sie wagte sich nie auch nur in die Nähe von Rogers’ Arbeit. Wenn jemand aus der Botschaft auf das Thema zu sprechen kam oder danach fragte, woran ihr Mann arbeitete, lachte sie und sagte ganz offen: «Ich weiß es nicht. Ich frage ihn nie danach.»
    Sie hatten einander kennengelernt, als Rogers in Amherst zur Schule ging, in den fünfziger Jahren. Jane ging in Mount Holyoke zur Schule. Sie war ein konzentriertes, fleißiges Mädchen, das sich nie mit einem Jungen verabredete, nur um am Wochenende lernen zu können. Ihr Hauptfach war Englisch, und sie sprach mit Rogers in jenen Tagen gerne über philosophische Themen oder ob Charles Dickens tatsächlich der größte Romancier war, der je gelebt hat.
    Rogers lernte sie auf einer Party kennen und musste einen ganzen Monat lang um eine Verabredung betteln, bevor sie schließlich einwilligte. Sie entsprach dem Traummädchen der fünfziger Jahre: schmale Taille, kurvenreiche Figur, und ihr dunkles Haar ließ ihre Haut weißer als Elfenbein wirken. Rogers verliebte sich bei ihrer ersten Verabredung Hals über Kopf und erzählte seinem Zimmerkameraden, dass er das Mädchen gefunden hätte, das er heiraten würde. Sie war noch Jungfrau, und Rogers war immer ein bisschen enttäuscht, wenn sie seine Hand unter ihrem Kleid wegstieß, doch irgendwie gefiel ihm das auch.
    Jane verliebte sich langsam in Rogers, aber unsterblich, mit der Leidenschaft einer Frau, die sich im Leben nur einmal verliebt. Rogers erschien ihr reifer als die Collegejungs, mit denen sie bis dahin ausgegangen war. Er sah gut aus, er wusste, was er wollte, war schweigsam und sehnte sich nach Dingen außerhalb der engen, von sozialen Klassengrenzen dominierten Welt von Amherst und Neuengland; Jane konnte nicht verstehen, was ihn antrieb, und genau das reizte sie. Aber nach und nach lernte sie, ihm zu vertrauen. Und inzwischen war ihr Vertrauen in ihren Mann grenzenlos.
    Sie heirateten an einem strahlenden Julitag in dem Sommer nach ihrem Schulabschluss in Morristown, New Jersey. Obwohl die beiden das perfekte Ivy-League-Paar abzugeben schienen – der brillante junge Mann aus Amherst und die kluge Anglistin aus Mount Holyoke –, überbrückte die Ehe doch eine in jenen Tagen noch ziemlich breite gesellschaftliche Kluft zwischen Protestanten und Katholiken. Er war ein irischstämmiger Katholik, Sohn eines Polizeikommissars aus Springfield, Massachusetts. Sie war eine echte Yankee-Braut, Tochter eines ehemaligen Nachrichtenoffiziers des Heeres, der es gern hatte, wenn man ihn mit «Oberst» ansprach, und der jeden Tag zur Arbeit bei einer Investmentbank in die Wall Street pendelte. Somit war es nicht verwunderlich, dass die Brauteltern sich gegenseitig kritisch beäugten.
    Das, was Rogers antrieb, hatte seine Ursachen zum Teil in der unsicheren Position eines irischen Katholiken, der Zugang zu den höheren Anwesen der Yankee-Elite gefunden hatte. Rogers hatte immer das Gefühl, ein Außenseiter zu sein. Je mehr Zeit er in der Welt des Establishments von Neuengland verbrachte, desto mehr fühlte er, dass er nicht dazugehörte. Diese Sehnsucht hatte Rogers von Springfield nach Amherst getrieben, ein Weg so lang und eisig, als durchquerte man schwimmend die Irische See. Und diese Sehnsucht trieb ihn schließlich auch zur CIA .
    Rogers’ Laufbahn beim Nachrichtendienst begann wenige

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