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Operation Beirut

Operation Beirut

Titel: Operation Beirut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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Porzellanpuppe, und ihre Frisur zeugte von ebenso viel Aufwand wie ihre Maniküre; in ihrer Konversation gab sie sich weiblich kokett, war jedoch gleichzeitig auch klug und eigensinnig. «Also, wer ist dieser Mr.Rogers, der da zur Amerikanischen Botschaft gestoßen ist?», fragte sie und musterte dabei Rogers’ Gesicht.
    Rogers lächelte und zupfte seinen schwarzen Querbinder zurecht. Er erzählte ihr ein wenig über sich selbst: Wo er aufgewachsen war, wo er vorher gedient hatte, was ihm an Amerika gefiel.
    «Sagen Sie», forderte Madame Jezzine ihn auf, «wie ist es nur möglich, in einem so demokratischen Land zu leben? Ich habe das noch nie verstehen können. Wie kann man auch nur irgendetwas bewegen, wenn es kein Oben und kein Unten gibt? Wenn jeder gleich ist? Ist das nicht sehr verwirrend?»
    «Ganz und gar nicht», sagte Rogers. «Wir Amerikaner haben keine Geschichte. Also steht es uns frei, uns selbst so zu schaffen, wie es uns gefällt.»
    Rogers lächelte die Libanesin an und nahm einen Schluck Wein. Madame Jezzine, die ihr Glas bereits ausgetrunken hatte, winkte den Kellner heran.
    «Ich finde, das klingt ziemlich anstrengend», sagte sie. «Hier im Libanon ist das ganz anders, wie Sie bald feststellen werden. Hier wissen wir von jedem ganz genau, wer er ist. Wenn ein Mann seinen Namen und den seines Dorfes nennt, dann weiß man alles, was es über ihn zu wissen gibt. Und wenn man von einem Dorf in das nächste auf der anderen Seite des Hügels fährt, dann betritt man eine völlig neue Welt. Eine andere Religion, andere Gebräuche, einen anderen Akzent, manchmal sogar andere Worte. Wir Beirutis ahmen gern nach, wie unsere Verwandten vom Land sprechen», fuhr Madame Jezzine fort.
    «Zum Beispiel?», fragte Rogers.
    «Nehmen Sie Zahle, im Bekaa-Tal. Einer unserer Freunde stammt von dort; er heißt Antun – Toni –, und er spricht wie ein Hinterwäldler.» Ihre Augen glitzerten keck.
    «Passen Sie auf, ich mache es Ihnen vor», sagte Madame Jezzine. Und mit lauter Stimme gab sie einen vulgären arabischen Ausdruck zum Besten, so wie ihn einer aus der Gegend von Zahle aussprechen würde.
    Mit einem Mal war es still im Raum, und die gesamte Festgesellschaft starrte in ihre Richtung.
    Glücklicherweise verstand Botschafter Wigg, der andere Tischnachbar der Libanesin, kaum ein Wort Arabisch.
    «Das klingt interessant!», sagte er laut, wobei er die Augenbrauen hochzog.
    Madame Jezzine wandte sich ihm mit einem wohlwollenden Lächeln zu und sagte, dass es sich dabei um eine libanesische Redensart handelte, die bei den Leuten auf dem Land sehr populär sei, jedoch keinerlei Bedeutung habe. Der Botschafter lachte herzhaft, dann verwickelte er Madame Jezzine in eine Unterhaltung über ihren Nachwuchs.
    Gleichzeitig spürte Rogers eine leichte Berührung an seinem Bein. Der Gattin des französischen Diplomaten war die Serviette unter den Tisch gefallen, und die Dame langte danach. Rogers hob den edlen Damast für sie auf und begann eine angenehme und kokette Unterhaltung auf Französisch, in der das Thema Kinder nicht ein einziges Mal zur Sprache kam.
    Gegen Ende des Essens wandte sich Madame Jezzine wieder an Rogers.
    «Finden Sie nicht auch, dass es ein Skandal ist, was die Palästinenser mit unserem Land machen?»
    «Wie bitte?», sagte Rogers.
    «Ich sagte», wiederholte die Libanesin viel lauter als zuvor, «ich finde, es ist ein Skandal, dass die Palästinenser den Libanon übernehmen.»
    Wieder herrschte Totenstille im Raum. Der Botschafter war zu erschrocken, um zu erwidern.
    Rogers versuchte die Situation zu retten.
    «Die Palästinenser können es ja gerne versuchen, ein so kompliziertes Land wie den Libanon zu übernehmen.» Einige der Anwesenden lachten nervös.
    «Sie wissen doch genau, was ich meine!», fuhr Madame Jezzine fort. Sie war entschlossen, auf ihrer Ansicht zu beharren.
    «Kein Mensch wagt es auszusprechen. Die Palästinenser haben die Politiker gekauft. Sie haben die Journalisten gekauft. Jetzt kaufen sie die libanesische Armee!»
    Sally Wigg erhob sich.
    «Ich glaube, im Salon wartet schon der Kaffee auf uns», sagte sie eisig.
    «Aber es stimmt!», insistierte Madame Jezzine über den Lärm hinweg, der nun durch das Rücken von Stühlen und das allgemeine Geplauder entstand. In ebendiesem Augenblick kam Bianca Garrett zu ihnen herüber und schlug der Frau des libanesischen Generals vor, gemeinsam etwas frische Luft zu schnappen.
     
    Rogers unterhielt sich im Salon mit General

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