Operation Beirut
immer noch, darüber zu sprechen, was ihrer Tochter in Oman zugestoßen war. Es war zu schmerzlich, zu sehr Symbol all dessen, was Jane im Nahen Osten so entsetzliche Angst einflößte.
Seine Frau hatte all das ertragen wie ein Engel. Sie lernte mit den Entbehrungen der arabischen Welt zu leben. Sie lernte Arabisch, las immer wieder ihre geliebten englischen Romane und ging in der Erziehung ihrer Kinder auf. Trotz der Unwegsamkeiten und Schwierigkeiten des Spionagebusiness blieb sie weich und verletzlich – und ebenso idealistisch, wie es ihr Mann ihrer Meinung nach war.
Im Lauf der Jahre entwickelte Rogers eine immer größere Faszination für den Nahen Osten. Er war ein Araber, im Herzen ebenso wie im Kopf. Er beherrschte die Sprache fließend, verstand die seltsamen Rituale und Nuancen dieser Kultur und bedauerte die Dummheit und das Leid der Araber. Er spürte den Nahen Osten wie ein körperliches Gefühl auf seiner Haut: von der feuchten, dunstigen Luft Dschiddas am Roten Meer, wo einem im Hochsommer die Kleidung wie nasse Lappen am Körper klebte, bis zu den trockenen Wüstengebieten vor Kairo, wo die winterlichen Sandstürme den Staub in jede Pore trieben.
Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen, die ihre Zeit in Übersee hauptsächlich nur absaßen, um die Chancen einer Beförderung zu Hause im Hauptquartier zu vergrößern, wollte Rogers für immer im Ausland bleiben. Er war am glücklichsten, wenn er sich durch die Wildnis von Dhofar im Oman arbeitete, um einen Stammeshäuptling zu besuchen, oder wenn er in einem Salon in Aden saß und
qat
kaute, während er bis spät in die Nacht mit einem marxistischen Revolutionär über arabische Politik diskutierte.
Rogers versuchte, wenn auch nicht immer mit Erfolg, seine Arbeit nicht zu romantisieren. Er erinnerte sich daran, dass es im Grunde ein Kampf um Kontrolle war – Kontrolle über seine eigenen Emotionen ebenso wie die anderer Menschen. Aber tief in seinem Innern war auch eine Rastlosigkeit – jener Dorn unter dem Sattel, der zum Teil dafür verantwortlich gewesen war, dass er sich überhaupt zum Nachrichtengeschäft hingezogen gefühlt hatte. In Rogers gab es so viele Schichten der Selbstkontrolle, dass die Leute für gewöhnlich die Sehnsucht und die Leidenschaftlichkeit in ihm nicht sahen. Aber es gab sie.
Jane sah sie und ließ sie ihm. Wenn sie sich um ihren Gatten sorgte, dann deshalb, weil er zu hart arbeitete. Sie war die Art von Frau, die sich an einem Menschen, den sie liebte, keine charakterlichen Mängel vorstellen konnte.
Kapitel 6 Beirut; November/Dezember 1969
Unter all den Systemen der CIA gab es freilich auch eine langwierige Methode, um einen potenziellen Agenten einzuschätzen.
Der erste Schritt sei das «Ausmachen» eines solchen Kandidaten, der Zugang zu nützlichen Informationen hatte. Dann begann eine oft langwierige Periode der «Entwicklung», während deren man den angehenden Rekruten beobachtete und ermutigte und während deren auf beiden Seiten Vertrauensbande geknüpft wurden. Zu guter Letzt kam dann die «Einschätzung», der Zeitpunkt, zu dem sich der Führungsoffizier entscheiden musste, ob er einen formellen Vorschlag unterbreiten sollte, den Kandidaten als kontrollierten Agenten anzuwerben oder nicht.
Lautete die Antwort ja, dann trat das nächste bürokratische Verfahren in Kraft, das unter der Bezeichnung «Operationsgenehmigung des Hauptquartiers» geführt wurde. Der Falloffizier vervollständigte die Akte mit detaillierten biographischen Informationen über den Rekruten, einschließlich eines Fragebogens zur persönlichen Vergangenheit. Rogers hegte immer wieder den Verdacht, dass die CIA sich dieses Verfahren beim Aufnahmebüro der Yale-Universität abgeguckt hatte.
Die Operation Jamal war noch kaum über die «Ausmachungs»-Phase hinaus gediehen. Aber bevor er weitere Schritte in die Wege leitete, traf Rogers einige grundlegende Sicherheitsvorkehrungen, um Fuad, sich selbst und die Agentur abzuschirmen, für den Fall, dass etwas schiefgehen sollte.
Er skizzierte Fuad einen neuen Katalog von Verhaltensregeln. Fuad sollte sich von der Amerikanischen Botschaft und – abgesehen von Rogers, seinem Falloffizier – von jedem ihm bekannten amerikanischen Beamten fernhalten. Er sollte auf der Stelle in seinem Hotel, auf der Straße und am Telefon Anti-Überwachungsmaßnahmen durchführen. Man wollte die Sowjetische Botschaft dahingehend im Auge behalten, ob Fuad oder Jamal dort bekannt waren. Der
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