Operation Beirut
Front zur Befreiung Palästinas.»
Rogers nickte. Die DFLP war die Kommandogruppe mit den engsten Bindungen zur Sowjetunion.
«Sie sagten, man hat Sie autorisiert, mir diese Liste auszuhändigen», sagte Rogers. «Wer hat Sie dazu ermächtigt?»
«Der Alte Mann.»
«Und warum?»
«Weil die Fatah internationale terroristische Operationen ablehnt. Sie sind die Taktik von Wahnsinnigen und Provokateuren. Terrorismus schadet unserer Sache.»
Rogers sah ihn neugierig an. Er fand Jamals Verlegenheit überzeugender als das, was er da sagte.
Die beiden Männer saßen nebeneinander auf der Decke, die Beine unter sich gekreuzt, und starrten nach Westen in Richtung der untergehenden Sonne. Das Grün des Frühlings wurde im schwindenden Licht um einige Schattierungen satter.
Rogers goss Jamal eine Tasse Kaffee ein. Das Aroma des Kaffees wirkte in der Wüstenluft geradezu berauschend. Während er sich selbst auch eine Tasse eingoss, versuchte er für sich zu entscheiden, ob er dem Palästinenser glauben sollte. Er wusste, was die Spezialisten zu Hause in Langley zu der Terroristenliste sagen würden. Dass es ein billiges Geschenk war. Dass es sich dabei ganz offensichtlich um eine Kriegslist handelte, die Jamal nur noch verdächtiger machte anstatt vertrauenswürdiger. Rogers kannte die Argumente der Spezialisten, weil er sie schon in Dutzenden von anderen Fällen zu hören bekommen hatte. Für gewöhnlich lagen die Spezialisten jedoch seiner Erfahrung nach daneben. Da sie zu Hause in Langley saßen, sahen sie die Nervosität auf dem Gesicht eines Agenten nicht, wenn er sich das erste Mal mit seinem Falloffizier traf – ebenso wenig wie sie den angewiderten Blick sahen, wenn er die ersten Schritte in Richtung einer Zusammenarbeit tat. Sie wussten nicht um die Nuancen, welche die eine Person glaubwürdig machten und die andere zu einem eindeutig faulen Kunden.
Rogers beobachtete Jamals Unbehagen und wollte ihm etwas Aufmunterndes sagen. Er erinnerte sich an eine Passage eines arabischen Dichters namens Al-Moutannabi, die er ein Jahrzehnt zuvor auf der Sprachenschule auswendig gelernt hatte.
In dieser Passage war vom Schicksal die Rede, und Rogers zitierte sie Jamal in klassischem Arabisch, der Sprache des Korans.
«‹Wir sind den Pfad des Lebens so gegangen, wie er uns vorgegeben ward, so wie es einem Manne ziemt, des Schritte Gott selbst fügte.›»
Jamal starrte Rogers an. Er machte einen verkrampften und unglücklichen Eindruck, als würde er jeden Augenblick explodieren.
«Ich bin kein Spion!», sagte der Palästinenser plötzlich. «Ich bin nicht Ihr Agent! Das ist nicht mein Schicksal!»
«Selbstverständlich nicht», sagte Rogers.
«In allem, was ich tue, leitet mich der Alte Mann.»
«Ich verstehe», sagte Rogers.
«Gut», sagte Jamal.
Die beiden schwiegen. Nachdem der Palästinenser seiner Frustration Luft gemacht hatte, schien er sich etwas erleichtert zu fühlen.
«Weiß außer dem Alten Mann noch jemand in der Fatah, dass Sie hier sind?», fragte Rogers schließlich.
«Nein», sagte Jamal.
«Das ist vernünftig», sagte Rogers. Es entstand eine erneute Pause. Na schön, dachte Rogers. Wenigstens ist jetzt klar, was er zu tun
glaubt
. Er hielt sich für einen Abgesandten der obersten PLO -Führung an die Vereinigten Staaten. Für einen Informationskanal, nicht für einen Agenten. Wenn er sich durch diese Erklärung besser fühlt, dann lass ihm seinen Glauben. Rogers erinnerte sich an einen Rat, den ihm vor über zehn Jahren einer seiner Ausbilder gegeben hatte. Es spielt keine Rolle, ob ein Agent ein doppeltes oder dreifaches Spiel spielt; man muss nur wissen, was für ein Spiel er spielt.
«Sie sollten sich nicht schämen, mit uns zu sprechen», wagte Rogers zu sagen. «Ganz so schlimm, wie Sie vielleicht glauben, sind wir auch wieder nicht.»
«Wie sollte ich mich nicht schämen? Mich mit einem amerikanischen Spion heimlich in der Wüste zu treffen! Das ist eine Schande. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Wir Araber haben uns an Schande gewöhnt. Sie ist für uns wie Muttermilch. Wir ernähren uns von ihr.»
Das Licht des Nachmittags wurde immer fahler.
«Wo in Palästina sind Sie geboren?», fragte Rogers.
«Ich bin im Irak geboren. Mein Vater ist 1941 dorthin ausgewandert, um für die Deutschen zu arbeiten.»
«Es gibt ein arabisches Sprichwort», sagte Rogers. «‹Wenn sie in Bagdad schwanger wird, wird sie in Beirut niederkommen.› Vielleicht ist das Ihre Geschichte.»
Jamal
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