Operation Beirut
Antwort gar nicht hören.
«Dann haben wir da ein kleines Problem», sagte Stone.
«Marsh wird dann vorschlagen, einen direkteren Versuch zu unternehmen, die Kontrolle herzustellen.» Stone machte eine Pause und zeigte ein trauriges Lächeln. «Ich werde seinen Vorschlag höchstwahrscheinlich unterstützen.»
«Einverstanden», sagte Rogers. «Ich werde mein Bestes tun.»
«Sie können sich unser kleines Spielzeug morgen früh abholen», sagte Stone. Sein Schauspiel in drei Aufzügen war endlich komplett.
Kapitel 19 Kairo; Mai 1970
Das nächste Treffen in Ägypten abzuhalten war Jamals Idee gewesen. Rogers hielt das für verrückt. Warum sollte man ein angeblich geheimes Treffen mitten im feindlichen Territorium abhalten, wo einen Tausende von Schnüfflern des ägyptischen Mukhabarat umwimmelten? Warum sollte man mitten ins Zentrum des sowjetischen Einflussbereichs im Nahen Osten reisen?
Jamal jedoch versicherte ihm, dass sie in Ägypten sicher wären. Er sagte Fuad, dass er den ägyptischen Sicherheitsdienst von seiner Ausbildungszeit her kannte. Er wusste, wie sie Telefone anzapften und Überwachungen durchführten. Sie seien Stümper. Rogers sollte sich keine Sorgen machen. Rogers hatte den Eindruck, Jamal wollte unbedingt seine eigene Tüchtigkeit als Nachrichtenoffizier unter Beweis stellen. Widerstrebend willigte er ein, sich in Kairo mit ihm zu treffen, und packte wieder einmal seine Koffer.
Sie hatten das Treffen auf Anfang Mai gelegt, wenn Jamal im Auftrag der Fatah in Kairo sein sollte. Fuad gab Jamal die Adresse einer gesicherten Wohnung der CIA in der Kairoer Vorstadt Heliopolis. Es handelte sich um ein Apartment in einer ruhigen Straße in einer von koptischen Christen bewohnten Gegend, in der das Nasser-Regime wenig Freunde hatte. Jamal sollte sich zu dieser Wohnung begeben, das vereinbarte Passwort aufsagen und dann hineingehen. Für den Fall, dass niemand antwortete, sollte er am nächsten Tag eine Stunde früher wiederkommen und es noch einmal versuchen. Sein Problem bestünde darin, sich auf dem Weg zum Treffpunkt nicht beschatten zu lassen, teilte Fuad Jamal mit. Der jedoch machte sich über solche Vorsichtsmaßnahmen nur lustig.
Rogers kam in ein Ägypten, das dem Ende von Gamal Abdel Nassers Regierungszeit entgegenhumpelte. Er hatte den Eindruck, den Umkleideraum einer Baseballmannschaft zu betreten, die zwanzig Spiele in Serie verloren hatte. Die Ägypter überlebten mit Hilfe ihres sonnigen Temperaments. Die Träume und Illusionen von Nassers Revolution waren durch den 67er-Krieg zerschmettert worden, der Nassers Prahlereien bezüglich der arabischen Militärmacht als armselige Lügen entlarvt hatte. Die gutmütigen Ägypter jedoch vergaben ihrem Führer alles. Wenn er sprach, schrien die Massen noch immer: «Nasser! Nasser!» Übersetzt bedeutet der Name: «Sieg! Sieg!» Vielleicht war es als Witz gedacht.
Eine dünne Tünche des Nasser’schen Sozialismus lag über Ägypten, aber sie warf überall Blasen und schälte sich an den Rändern. Darunter lagen die Reste einer ganzen Reihe von Kulturen – der britischen, französischen, ottomanischen, beduinischen, römischen, griechischen: Jede neue Invasionswelle, die seit den Tagen der Pharaonen über Ägypten hinweggegangen war, hatte etwas zurückgelassen. Auf dem Weg zum Tahrir-Platz im Zentrum der Stadt hatte Rogers den Eindruck, die Zeit sei hier in mehreren Jahrhunderten zugleich stehengeblieben. Über ihm befanden sich die Fassaden im französischen Stil der alten Geschäftsgebäude, deren reichverzierte Simse und Schlusssteine unter all dem rußigen Schmutz kaum zu sehen waren; vor ihm gingen die Bürokraten und Geschäftsleute des modernen Ägypten und wischten sich den Schweiß von der Stirn; dort, wo es Schatten gab, standen die
fellahin
, die Bauern aus den Dörfern des Nildeltas, in Lumpen und barfuß, die ihre Notdurft unter Gelächter und derben Witzeleien in Einfahrten und auf Türschwellen verrichteten; rundum dröhnte unablässig der Lärm hupender Autos, Waren feilbietender Händler und in wohlklingendem ägyptischem Arabisch schäkernder Passanten.
Rogers war im Nile Hilton abgestiegen, einem großen Hotel am Fluss, das paradoxerweise zum bevorzugten Aufenthaltsort des Präsidenten Nasser geworden war. Das Hotel war eine Oase inmitten des ansonsten chaotischen Kairo. Ägyptische Romanciers kamen wegen der Klimaanlage ins Café des Hotels, um dort inmitten der Kühle und Ruhe ihre Bücher zu schreiben;
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