Operation Beirut
jeden Morgen ihre Temperatur und ihren Puls, testete mit einem silbernen Hämmerchen ihre Reaktionen. Und er war überglücklich, wenn die Ergebnisse all dieser Tests die Aussagen des Doktors bestätigten. Sie war auf dem Weg der Besserung. Rogers hatte das Gefühl, dass seine Tochter an manchen Tagen der einzige Mensch war, den er wirklich sehen wollte. Er saß dann abends da, hielt sie im Schoß und wiegte sie behutsam in den Schlaf. Zuweilen nahm er sie sogar mit in sein Arbeitszimmer und ließ sie auf dem Boden spielen, während er las. Es war, als hätten sich Amys Krankheit und seine eigene seelische Wunde in seiner Vorstellungswelt miteinander verbunden und seien zu Auswüchsen ein und desselben Übels geworden.
Jane entschloss sich, diese schwierige Zeit durchzustehen. Sie gab Rogers Zeit, vor sich hin zu brüten, verlangte wenig von ihm und wartete darauf, dass sich die Wolken verzogen.
Als sie an einem dieser trübsinnigen Abende wach im Bett lag, kam Jane das Bild eines Schiffs im Nebel in den Sinn. Es war jenes Boot, das ihre Eltern vor Jahren einen Sommer lang für eine Kreuzfahrt vor der Küste Maines gechartert hatten. Im dichten Nebel hörte sie das Geräusch der Wellen, die sich an der felsigen Küste brachen, und das Dröhnen der Nebelhörner anderer Schiffe und dann wieder das gelegentliche Klappern einer Boje, die die Fahrrinne markierte. Aber sie konnte beim besten Willen nichts sehen, was weiter als einige Schritte entfernt war, so dicht war der Nebel. Sie sah ihren Vater, der auf den Schiffskompass starrte, ab und zu einen Blick auf eine Karte warf und den Kurs bis zum nächsten Fixpunkt hielt. Er murmelte leise vor sich hin, während er das Boot auf Kurs zu halten versuchte.
Ich weiß, wo ich gerne wäre, hatte ihr Vater gebrummt, aber ich weiß nicht, wo ich bin. Jane dachte, dass diese Bemerkung die Situation genau auf den Kopf traf. Man hörte und spürte die Welt um sich herum, aber nichts war zu erkennen. Man tat sein Bestes, seinen Kurs nach sicheren Berechnungen zu steuern, aber man hatte noch nicht einmal die Gewissheit, dass man sich in die richtige Richtung bewegte.
Rogers ignorierte auch Fuad. Der libanesische Agent war Teil einer Operation, die gestorben war, soweit es Rogers betraf. Er genehmigte Fuads Spesenabrechnungen und unterzeichnete jede Woche einen Bericht für die Rechnungsprüfer; ansonsten ließ er Fuad links liegen. Nach einigen Wochen wurde Fuad schließlich unruhig und hinterließ in einem der toten Briefkästen eine Nachricht, in der er um ein Treffen mit seinem amerikanischen Kollegen bat. «Hab ich etwas falsch gemacht?», fragte Fuad, als sie sich trafen. «Warum ignorieren Sie mich?»
«Tut mir leid», sagte Rogers. «Ich hatte ziemlich viel zu tun.»
Fuad nickte. Rogers war in seinen Augen eine so überlebensgroße Figur, dass es ihm nicht in den Sinn kam, dass der Amerikaner selbst Probleme haben könnte. Es wäre Fuad leichter gewesen, sich vorzustellen, dass die Sonne einmal nicht aufgehen könnte.
«Ich stehe zu Ihren Diensten», sagte Fuad. «Wenn es irgendein Projekt gibt, um das ich mich kümmern soll, ich bin bereit.»
Rogers hörte den Eifer und die Loyalität in Fuads Stimme und war beschämt. Agenten sind wie Kinder, musste er denken. Sie sind völlig von ihrem Falloffizier abhängig, wenn es um Arbeit geht, um Schutz und Überleben. Sie können nicht mehr allein leben. Der Teil in ihnen, der einmal unabhängig war, ist während der Anwerbungsprozedur zerstört worden.
«Fuad», sagte Rogers in einem so gebieterisch wie möglich klingenden Ton. «Da ist etwas, was Sie für mich tun sollen.»
«Was ist das, Effendi?», fragte Fuad. Er schaute bereits wieder glücklicher drein.
«Ich werde eine Weile sehr viel mit anderen Aufgaben zu tun haben. Und so werde ich mich nicht mit Jamal treffen können. Ich habe andere Leute gebeten, mir da auszuhelfen.»
Fuad nickte. Er war enttäuscht, versuchte sich aber nichts anmerken zu lassen.
«Ich möchte, dass Sie für mich auf Jamal aufpassen», fuhr Rogers fort. «Vergewissern Sie sich, dass er angemessen geschützt wird; dass er genug Leibwächter um sich hat; dass er nicht zu viel Geld ausgibt; dass er sich gegenüber niemandem eine Blöße gibt. Verstehen Sie, was ich meine.»
«Ja, Effendi», sagte Fuad. Seine Haltung hatte sich verändert. Er war wieder der Alte.
Auf Rogers traf das nicht zu. Nachdem er sich aufgerafft hatte, sich um Fuad zu kümmern, verfiel er wieder in seine
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