Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)
Mann an seiner Seite und seinen loyalen Sicherheitsleuten würde wissen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten seinen Posten verlassen hatte.
Er hatte gar kein gutes Gefühl bei diesem Täuschungsmanöver, aber um manche Dinge musste man sich einfach persönlich kümmern. Und das hieß, das Weiße Haus zu verlassen. Die Quarantäne zu durchbrechen. Nicht, dass die noch besonders wichtig gewesen wäre. Inzwischen machte die Geschichte landesweit Schlagzeilen.
Nachdem bereits das zehnte Opfer, ein weiterer Überlebender, mit Brugada diagnostiziert worden war, hatten sich die Ärzte trotz der eindringlichen Warnung des FBI an die Presse gewandt. Wie üblich wurde die Sache reißerisch aufgebauscht. Brugada galt jetzt nicht nur als Verursacher der zehn Fälle in Washington, sondern jedes halbwegs ungeklärten Todesfalles im ganzen Land. Wenn man der Presse Glauben schenken wollte, näherte sich die Zahl der Opfer der Fünfhundertermarke.
Religiöse Führer, je charismatischer, desto besser, gaben Interviews zu »Armageddon« und produzierten einen endlosen Strom von leeren Worthülsen zum Thema »Das Ende der Welt ist nahe«. Wer zu Hause blieb, traf dierichtige Entscheidung, doch manche verschanzten sich und reagierten gewalttätig gegenüber jedem, der sich näherte. Auf der Straße verbreitete sich eine Carpe-Diem-Mentalität.
In Los Angeles und Chicago kam es zu Krawallen.
Die Medien griffen alles begierig auf und heizten die Angst vor dem Weltuntergang noch zusätzlich an. Vor allem Fox, in deren Sendungen den religiösen Eiferern das Feld überlassen wurde. Akte der Gewalttätigkeit fanden plötzlich Verständnis. Journalisten im Studio untermalten ihre Worte mit schrillen Gesten, sich überschlagenden Stimmen und wilden Blicken. Die Berichterstatter auf den Straßen fluchten, kämpften sich zwischen betrunkenen Horden durch, und in Los Angeles gerieten sie sogar unter Beschuss.
Als Duncan an einem unbesetzten Büro vorbeikam, hörte er aus einer solchen Nachrichtensendung gerade ein dramatisches »Wir unterbrechen unsere fortlaufende Berichterstattung über die Pandemie 20-10 mit einer Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika«.
Er blieb in der Tür stehen und sah auf den Bildschirm an der Wand. Sein eigenes Gesicht erschien, grimmig und ernst, aber mit jenem gut einstudierten Funken Hoffnung. Die Worte, die er eine Stunde zuvor gesprochen hatte, hafteten ihm noch frisch im Gedächtnis. »Freunde, wir befinden uns in einer schwierigen und besorgniserregenden Situation.«
»Sir«, mahnte Bouchers Stimme, während der Duncan aus der Konserve fortfuhr, die Krankheit zu erklären und ein sachliches Bild der Lage zu zeichnen. Washington stehe unter Quarantäne. Die Flughäfen seien geschlossen. Noch seien zwar keine Ausgangssperre und kein Kriegsrechtverhängt worden, doch die Option liege auf dem Tisch und werde in die Tat umgesetzt, wenn es zu Plünderungen kommen sollte. Und dann gab er ihnen Hoffnung. Amerikas beste Leute seien mit dem Problem befasst und würden unter Hochdruck arbeiten, und er sei zuversichtlich – zuversichtlich –, dass schnell eine Lösung gefunden werden würde.
»Sir«, wiederholte Boucher.
Duncan sah ihn an.
»Sind Sie sich ganz sicher?«
»Das bin ich.«
»Sie gehen ein großes Risiko ein.«
»Die ganze Welt steht auf dem Spiel.«
Boucher gestattete sich ein Lächeln. »Sie sind ein besserer Mann als die meisten.«
»Wir werden sehen.«
»Und wenn die Welt morgen früh an unsere Tür klopft? Man wird wieder von Ihnen hören wollen.«
»Ich bin rechtzeitig zum Frühstück zurück.«
Boucher rollte mit dem Kopf und ließ ein paar Wirbel knacken. »Und falls nicht?«
»Wenn ich nicht zurückkomme? Dann spielt es sowieso keine Rolle mehr, nicht wahr?«
Bouchers Mundwinkel zogen sich unter dem Schnurrbart nach unten. »Nein. Wohl kaum.«
Sie ließen den aufgezeichneten Duncan mit seinem Appell, Ruhe zu bewahren, zurück. Über zwei Treppen erreichten sie ein unterirdisches Parkdeck, dessen Ausgang vier Blocks weiter in einer ganz normal wirkenden Privatgarage mündete. Eine Auswahl von schwarzen SUVs und Stretchlimousinen stand bereit, alle schwer gepanzert, und wartete darauf, den Präsidenten in einem Notfall schnellstens fortzubringen, wenn Marine One, sein persönlicherHubschrauber, nicht in Frage kam (weil beispielsweise der Luftraum über Washington nicht sicher war).
Doch Duncan ließ die schwarzen Fahrzeuge links liegen und ging zu
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