Operation Genesis (Ein Delta-Team-Thriller) (German Edition)

Woche hatte es ein Trommelfeuer von Frotzeleien gegeben, dass das tödliche Duo nun ein Paar geworden sei, doch ein paar blutige Nasen und gebrochene Finger hatten dieses Gerücht schneller zum Einschlafen gebracht, als King und Queen je das Bett hätten teilen können.
    Die beiden waren eng befreundet und standen sich vielleicht näher als viele Liebespaare, da sie sich schon oft genug gegenseitig das Leben gerettet hatten. Aber das Band zwischen ihnen entsprach eher dem zwischen Bruder und Schwester.
    Sie kämpften gemeinsam wie Schachkönig und -Königin, er trickreich und gerissen, während sie für den entscheidenden Zug zum Schachmatt zuständig war. Niemand konnte sie aufhalten.
    Sie konnten jedoch zu spät kommen. Wie eben.
    Zu spät, um die Welt zu retten. Und warum? Wegen eines schnellen Zwischenstopps an einem 7-Eleven, der sich allerdings noch als nützlich erweisen mochte.
    Rook, Knight und Bishop waren vorausgefahren und hatten Kings und Queens Ausrüstung mitgenommen, sie würden also startklar sein, doch Saras Einführungskurs hätte schon vor fünf Minuten beginnen sollen. Aber schließlich hatte King in ihrem Interesse gehandelt. Sie würde es ihm noch danken.
    Wenig später, nachdem sie auf dem Weg einen Durchschnitt von über 130 km/h hingelegt hatten, hielten sie am Sperrzaun. Queen strahlte übers ganze Gesicht. Der Wachtposten überprüfte ihre Ausweise und öffnete das Tor. »Sie werden in Decon erwartet«, sagte er salutierend.
    Decon war ein Raum in Hangar 12, Deltas eigenem Gebäude auf dem Flugfeld, wo auch ihr streng geheimes Flugzeug stand. Da der Raum von eher unkreativen Geistern »Decon« genannt worden war, hatte Rook ihn in »Limbo« umgetauft, jenem Ort zwischen Himmel und Hölle, wo Missionen begannen und endeten.
    King erwiderte den Salut lässig und fuhr auf den 900 Hektar großen Stützpunkt, Standort des 43rd Airlift Wing, der 23rd Fighter Group und der 18th Air Support Operations Group. Die Basis diente häufig als Sprungbrett für große Mobilmachungen, wurde aber hauptsächlich von einer Vielzahl von Spezialeinheiten genutzt, die in Fort Bragg stationiert waren.
    Sie fuhren in den offenen Hangar und steuerten aufLimbo zu, einem besseren Konferenzraum mit künstlichen Topfpflanzen, langem Tisch und einer Runde von bequemen Sesseln. Die Technik verbarg sich in den Wänden und unter der Oberfläche des Tisches. King hielt vor der offen stehenden Tür an und sah Sara bereits mit verschränkten Armen vor dem hochauflösenden Flachbildschirm stehen, der nicht nur nahtlos in die Wand überzugehen schien, sondern in ausgeschaltetem Zustand sogar deren Farbe und Textur imitierte und buchstäblich unsichtbar wurde. King und Queen nahmen wortlos ihre Plätze an dem ovalen Tisch ein. Keasling stand im Hintergrund und empfing sie mit der finsteren Miene, auf die er anscheinend ein Patent besaß.
    Sara schloss ruhig die Tür und dämpfte die Beleuchtung. Sie wackelte mit der Maus ihres Laptops. Das Display leuchtete auf, ebenso der große Flachbildschirm. Zwei horizontale, verschnörkelte Linien erschienen darauf. Die erste Grafik mit der Unterschrift NORMAL zeigte eine kleine Zacke, einen tiefen Bauch und dann noch eine Zacke.

    Die zweite, mit RBBB beschriftet, hatte drei Buckel, jeder höher als der vorherige.

    »Diese Bilder stammen aus President Duncans EKG«, begann Sara. »Das als ›normal‹ bezeichnete zeigt seinen QRS – die visuelle Darstellung seines Elektrokardiogramms – zum Zeitpunkt des Amtsantritts.«
    Sara deutete auf die zweite Grafik. »Und so sieht sein QRS heute aus. RBBB ist typisch für eine ganze Reihe von Krankheitszuständen, die die rechte Herz- oder Lungenseite betreffen. Dazu gehören Blutgerinnsel, chronische Lungenerkrankungen, atrioventrikuläre Septumdefekte und Kardiomyopathie. Aber das ist leider nicht alles. Wenn RBBB bei Personen festgestellt wird, die an keiner der erwähnten Erkrankungen leiden, wird es als medizinisch unbedeutend und ›normale Abweichung‹ gewertet und für den Befund verworfen. Selbst bei Einsatz eines EKGs zur Diagnose kann Brugada also durch die Maschen schlüpfen.«
    Sara klickte mit der Maus. Der Bildschirm zeigte ein neues Bild, das sie alle erkannten. Eine Doppelhelix. »DNA. Grundbaustein unseres genetischen Codes. Ausgangspunkt von Mutationen, die einer Spezies zum Erfolg verhelfen können, aber auch Ausgangspunkt zahlloser genetischer Störungen, die jedes Jahr mehr Menschen töten oder krank machen als alle