Operation Ocean Emerald
jetzt aber genügen. Er steckte das Telefon wieder ein, kehrte in die Halle zurück und ging auf Deck 6 hinunter, wo chaotisches Gedränge herrschte.
Hinter dem Schalter stand ein Filipino, der eine Maschinenpistole umhängen hatte.
Carol, die früher dort gesessen hatte, war nirgendwo zu sehen.
»In der Schlange bleiben! Nicht vordrängeln!«, rief der Filipino.
Trotz des Kommandos herrschte weiterhin großes Durcheinander in der Menschenmenge. Da tauchte Juliette neben dem Filipino auf und übernahm dessen Maschinenpistole. Sie sah noch grimmiger aus als zuvor. Aaro versteckte sich hinter dem Rücken eines großen Engländers und holte das Telefon aus der Tasche. Ohne hinzuschauen, tastete er nach dem Knopf, mit dem die Kamera in Bereitschaft gebracht wurde, dann schob er sich näher an den Schalter heran, wobei er darauf achtete, von Juliette nicht entdeckt zu werden.
Ohne das Handy in normaler Fotografierposition zu halten, machte Aaro einige Aufnahmen und hoffte, dass wenigstens eine davon etwas geworden war.
Auf einmal ertönte der ohrenbetäubende Lärm der Maschinenpistole. Die Kugeln schlugen in der Decke ein und es regnete Spiegelsplitter und Ziergips. Wie alle anderen warf sich Aaro auf dem Marmorboden auf den Bauch und biss sich auf die Lippe. Hatten sie gesehen, wie er fotografierte?
»Lernt ihr jetzt endlich, euch in einer Reihe aufzustellen?«, schrie Juliette. »Aufstehen und eine Schlange bilden, na los!«
Viele jammerten und schluchzten, aber trotz des Durcheinanders bildeten sich in der Halle fast zentimetergenau ausgerichtete Schlangen. Aaro verzog sich keuchend auf die Treppe und schob das Telefon wieder in seine Hosentasche.
21
Craig Thomson blickte auf den Monitor, der das Durcheinander in der Empfangshalle übertrug. Thomson hatte sein sechsköpfiges Team im Kontrollraum versammelt. Alle Mitglieder des Ferrum-Teams, fünf Männer und eine Frau, arbeiteten im Sicherheitsbereich, hatten auf dem Schiff aber auch noch eine andere Funktion inne.
Thomson wusste, dass seine Leute es nicht mit Profis dieses Kalibers aufnehmen konnten. Auf den Schiffen der Reederei Cunard war das anders, dort wurden Gurkhas eingesetzt, die zuvor als Soldaten in der britischen Armee gedient hatten, ihren Vorgesetzten gegenüber absoluten Gehorsam übten und nicht zögerten, ihre Kukri-Krummdolche sprechen zu lassen, wenn es galt, die Interessen ihres Arbeitgebers zu verteidigen.
»Auf dem Schiff sind Sprengsätze deponiert worden und mindestens zwei Entführer haben Fernauslöser, mit denen sie in die Luft gejagt werden können«, berichtete Thomson hinter seinem Schreibtisch stehend, die Reihe der Monitore im Rücken.
»Entschuldigung, darf ich etwas fragen?« Erschüttert, aber trotzdem beherrscht stand Carol in ihrer Purseruniformgenau in der Mitte der Kollegen, die einen Halbkreis um Thomsons Schreibtisch gebildet hatten. »Wissen wir, wie viele Entführer es sind? Und haben wir einige von ihnen bereits identifiziert?«
»Die Anzahl wissen wir nicht, aber zwei von ihnen kennen wir. Das heißt, ich habe sie identifiziert. Der eine ist Philippe Delacroix, ein Passagier und offensichtlich einer der Anführer. Er hat Anfang des Jahres drei Wochen auf der Ocean Jewel verbracht, die er daher gut kennen muss. Und da die Jewel ein Schwesterschiff der Emerald ist, kennt er auch dieses Schiff. Der andere ist ein Steward namens Emilio Fernández, den ich heute schon einmal am Verteilerkasten im Bugbereich von Deck 9 hantieren gesehen habe.«
»Können wir nicht als Erstes die beiden schnappen und ihnen Informationen über die anderen Mitglieder der Gruppe abpressen?« Der Vorschlag kam von John Curran, einem Deckmatrosen, der in einem blauen Arbeitsoverall steckte.
»John, gerade habe ich gesagt, dass mindestens zwei der Entführer über einen Fernauslöser verfügen. Delacroix hat den einen. Und er hat eine klare Drohung ausgesprochen: Wenn ihm etwas passiert, sprengt der Komplize mit dem anderen Fernauslöser das Schiff in die Luft.«
»Von so einer Drohung hast du nichts gesagt«, stellte Curran trocken fest.
»Entschuldige, so weit war ich noch nicht.«
Es folgte ein Moment der Stille. Alle starrten auf die Monitore. In den Kabinengängen waren inzwischen aufgeregtePassagiere aufgetaucht, die nicht wussten, was sie tun sollten, und kopflos hin und her rannten.
»Allmählich breitet sich Panik aus«, sagte Thomson. »Wir müssen etwas unternehmen … Carol, du fängst an, in den allgemein
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