Operation Ocean Emerald
dem Seil am Boot fest und kroch dann mühsam nach hinten, wobei er sich die ganze Zeitam Geländer festhielt. Die Emerald war nicht zu sehen, sie musste bugseitig liegen. Hoffentlich hatte Delacroix mehr Ausdauer als der Junge.
Curran richtete einen Scheinwerfer nach hinten. Thomson streckte über den Bootsrand hinweg die Arme nach dem Jungen aus und versuchte, ihn unter den Achseln zu fassen zu bekommen. Eiskaltes Wasser spritzte ihm entgegen. Schließlich erwischte er den Jungen an dessen Kleidern und zog ihn ans Boot heran. Im selben Moment schlug eine gewaltige Welle gegen das Boot und Thomson konnte den Ertrinkenden nicht mehr halten. Er bekam Wasser in die Luftröhre und musste heftig husten.
Curran tat alles, um das Boot auf der Stelle zu halten. Aber das war ein aussichtsloses Unterfangen, weshalb Thomson seinen nächsten Versuch unter ebenso ungünstigen Bedingungen machen musste wie den vorigen. Allerdings hatte er jetzt etwas gelernt. Als er den Jungen erneut zu fassen bekam, wartete er ab, bis der Bootsrand nach unten gedrückt wurde und der Junge gewissermaßen nach oben stieg. In dem Augenblick zerrte er mit aller Kraft an dem Jungen, und als dessen Oberkörper über dem Bootsrand hing, begriff Thomson erleichtert, dass er es geschafft hatte.
Im Boot gab es keine einzige trockene Stelle, weshalb Thomson den schlotternden Jungen im Arm hielt und sich auf die Ducht setzte. Der Gerettete schlang Thomson die Arme um den Hals und das war gut so, denn so hatte dieser die Hände frei und konnte nach der Wärmekamera greifen.
Curran ließ den Schweinwerfer über die Wellen gleiten. Thomson hielt die Wärmekamera nacheinander in alle Richtungen, aber Delacroix war nirgendwo auszumachen.
Der Anführer der Gangster war ertrunken.
Oder er war weit abgetrieben, aus dem Funktionsradius der Wärmekamera hinaus.
»Wir kehren um, sonst überlebt der Junge nicht«, rief Thomson. Er war nicht fähig, große Trauer über das Schicksal des Entführers zu empfinden, aber dafür hatte er umso mehr Angst vor dem, was ihnen nun bevorstand. Er mochte gar nicht erst daran denken, was die übrigen Entführer tun würden, wenn das Rettungsboot ohne ihren Anführer zurückkam.
Curran gab Gas und das Boot schoss los, den Lichtern der Ocean Emerald entgegen.
30
Timo Nortamo starrte auf die beiden zusammengebundenen Plastikkanister, die der Kopilot des Hubschraubers auf dem asphaltierten Landeplatz in Vantaa vor ihm auf den Boden legte. Es war regnerisch und es ging ein starker Wind, der Lärm des Helikopters dröhnte in Timos Ohren, aber das störte ihn nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf die beiden Plastikkanister gerichtet.
»Danke«, rief Timo dem Mann zu. Er hatte einen Kloß im Hals. Die hellen Lampen auf dem nächtlichen Hubschrauberlandeplatz blendeten ihn.
Ohne weitere Sekunden zu vergeuden, riss Timo die Schnur von den Kanistern und nahm einen von ihnen in die Hand, wobei er ihn leicht schüttelte. Im Inneren klapperte etwas.
»Bringen wir sie hinein«, sagte der Kommissar der Zentralkripo KRP und streckte die Hand nach dem anderen Kanister aus.
Timo war jedoch schneller und schnappte sich auch den zweiten Behälter, als wäre er der Besitzer, und eilte auf das weiße, kastenförmige Gebäude zu.
In einem Raum mit Betonfußboden, wo sich auf die Schnelle ein halbes Dutzend KR P-Mitarbeiter versammelthatten, stellte er die Kanister auf einen Tisch. Er zog Latexhandschuhe an und schraubte den Plastikverschluss auf. Dann hielt er den Kanister schräg und versuchte vorsichtig, das Handy herauszubekommen, aber die Öffnung war zu klein.
»Ein Messer«, brummte er.
Jemand reichte ihm ein orangefarbenes Teppichmesser. Damit schnitt er ein ausreichend großes Loch in den Kanister.
Er nahm das Telefon heraus und gab es einem Mann, der inzwischen auch Latexhandschuhe angezogen hatte. Er selbst konzentrierte sich darauf, das Blatt Papier zu entfalten, das zusammen mit dem Handy in dem Plastikbeutel steckte.
Als er Aaros Sauklaue erkannte, war er innerlich so bewegt, dass er gegen die Tränen ankämpfen musste.
»ICH BIN UM 15.30 AN BORD, UM JULIETTE DU PONT PASS UND SCHIFFSAUSWEIS ZURÜCKZUBRINGEN …«
Aaro beschrieb klar und präzise, was passiert war.
Der Mann, dem Timo das Handy gegeben hatte, sah es sich zusammen mit zwei Kollegen an und sagte: »Du scheinst einen ziemlich cleveren Sohn zu haben. Er hat mit der Digitalkamera des Telefons die Entführer fotografiert.«
In Timos Innerem schwoll ein
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