Operation Ocean Emerald
auf dem erleuchteten Bootsdeck der Ocean Emerald und stieß dem Mann den Lauf ihrer MP in den Rücken.
Unmittelbar vor Hagen war die Pforte in der Reling, dahinter der freie Fall ins dunkel wogende Meer.
»Ohne mich werden Sie nicht klarkommen …«
»Sie unterschätzen die Kompetenz Ihrer Offiziere, Kapitän Hagen.«
Thomson starrte auf die schockierende Szene. Die Passagiere waren aufgefordert worden hinzuschauen, aber nur wenige Männer verfolgten die Tragödie auf dem hell erleuchteten Deck. Die meisten hatten sich abgewandt, einige schluchzten.
Thomson war wütend auf sich selbst, weil ihm nichts zur Rettung Hagens einfiel. Wenn er Gewalt anwendete, würde das den Entführern die letzten Hemmungen nehmen, auch mit den Passagieren gewalttätig umzugehen.
»Tempo!«, brüllte Juliette.
Hagen trat an den Rand des Decks und hielt sich am Ende der Reling fest.
Juliettes Funkgerät rauschte. Sie nahm das Gerät in dieHand und hörte kurz zu. Auf ihrem Gesicht machte sich ein zufriedenes Lächeln breit, das aber beim weiteren Zuhören schnell wieder verschwand.
»Kapitän, ich habe gerade eine gute und eine schlechte Nachricht erhalten. Die gute zuerst: Delacroix lebt und befindet sich in einem Schlauchboot auf dem Weg hierher. Sagt Ihnen der Name Tromp etwas?«
Hagen schüttelte den Kopf.
»Das ist das Schiff, mit dem Sie heimlich kommuniziert haben. Und das ist die schlechte Nachricht.«
Erbarmungslos versetzte Juliette dem Kapitän einen Stoß. Hagen fiel, bekam aber mit beiden Händen den Rand des Decks zu fassen und hing nun über dem eisig schäumenden Meer. Auf seltsame Weise gelang es ihm, auch dabei noch seine Würde zu wahren.
Thomson stürzte herbei. »Lassen Sie Delacroix entscheiden«, rief er und bückte sich, um eine Hand des Kapitäns zu ergreifen. Thomson hoffte, dass zum Fanatismus der Frau auch der unbedingte Gehorsam gegenüber Delacroix gehörte und die Bereitschaft, sich dessen Befehl zu unterwerfen. An dem Zögern, das plötzlich in Juliettes Gesichtsausdruck erkennbar war, konnte Thomson ablesen, dass er richtig getippt hatte.
»Also gut«, sagte Juliette schließlich. »Hauptsache, Delacroix lebt.«
John Curran eilte Thomson zu Hilfe und im letzten Moment konnten sie den Kapitän wieder an Deck ziehen.Aaro spürte seine Kräfte allmählich zurückkehren. Er hatte eine Weile in Carols Kabine verbracht, fest in eine Decke gewickelt. Einer der Schiffsärzte hatte ihn untersucht, ohne einen physischen Schaden feststellen zu können.
Trockene Kleider hatte Aaro von Rosita bekommen, die nicht viel größer war als er. Er musste nur die Hosen etwas umschlagen. Thomson hatte er von dem Funkgespräch berichtet, das er zuvor in der Kabine der Entführer belauscht hatte. Demnach war es möglich, dass ein Entführer mit dem Namen Helmut als Passagier auftrat – und es war ebenso möglich, dass genau der Mann den zweiten Funkauslöser in seinem Besitz hatte. Aber die Computer mit den Passagierinformationen waren zerstört, außerdem hätte jener Helmut wohl kaum unter seinem richtigen Namen auf der Passagierliste gestanden.
Es klopfte an der Tür. »Komm rein, Rosita.«
Die junge Frau schob sich in die Kabine. »Woher hast du gewusst, dass ich es bin?«
»Niemand sonst klopft so laut und hektisch an.«
»Der Entführer ist aus dem Wasser gezogen worden«, sagte Rosita. »Ein Schlauchboot von einem Schiff, das in der Nähe war, hat ihn gerade gebracht, ich hab es selbst gesehen.«
Aaro starrte Rosita an und war über seine eigene Reaktion erstaunt. Er hätte eigentlich traurig darüber sein müssen, dass der Entführer zurückgekommen war, um hier die Leute zu malträtieren, aber er war nicht traurig – er war froh, dass der Mann gerettet worden war.
War aber Delacroix auch froh, dass Aaro überlebt hatte?
Aaros Freude verflog sofort und die Anspannung ließ ihn die Lippen fest aufeinanderpressen.
»Mach dir keine Sorgen«, flüsterte Rosita. »Wenn nötig, verstecken wir dich. Ich kenne ein paar Stellen auf dem Schiff, da findet dich keiner.«
»Schade, dass du nicht tausend Passagiere verstecken kannst.«
Das Gulfstream-Geschäftsflugzeug, das in Miami, Florida, gestartet war, landete am Dienstagmorgen um 7.50 Uhr auf dem Flughafen Helsinki-Vantaa. Ein müde wirkender, ungefähr sechzigjähriger Amerikaner verließ die Maschine über die Gangway, gefolgt von zwei etwas jüngeren Männern.
Max Lownie senior, der Präsident der Reederei Emerald Cruises, fuhr im Wagen
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