Operation Ocean Emerald
eines Mitarbeiters der finnischen Zentralkripo, der ihn abgeholt hatte, zum Hauptquartier der KRP, wo der finnische Krisenstab auf ihn wartete. Eine enge Zusammenarbeit mit der Reederei war von erstrangiger Bedeutung, wenn man in der Lage sein wollte, alles zur Rettung der Passagiere zu unternehmen.
»Ich habe gehört, dass Ihr Sohn auf dem Schiff ist«, sagte Lownie, als er Timo Nortamo die Hand gab.
»Und bei Ihnen sind es der Sohn und die Ehefrau«, entgegnete Timo leise. »Aber wir werden sie in Sicherheit bringen.«
Der Hauch eines Lächelns trat auf Lownies Lippen.
Die vielversprechend begonnene Zusammenarbeit bekam jedoch schon bald die ersten Risse. Den finnischen Behörden war klar, dass sie den Medien von dem Fall etwas mitteilen mussten, Lownie hingegen wollte die Entführung geheim halten, wenigstens so lange, bis es zu einer entscheidenden Wendung kam.
»Machen Sie sich darauf gefasst, dass etwas durchsickert«, sagte Timo. »Wir haben es hier mit einer internationalen Krise zu tun, von der mehrere Ostseeanrainerstaaten betroffen sind.«
Lownie seufzte. »Das Leben meiner Frau, meines Sohnes, der Passagiere, der Crew ist das Wichtigste für mich. Aber wenn etwas von der Entführung an die Öffentlichkeit durchsickert, ist das der letzte Sargnagel für meine Reederei. Wenn ihr Ruf dabei Schaden nimmt, stürzt sie das in den Konkurs.«
Ein Mitarbeiter der KRP nahm Timo zur Seite. »Entschuldige, aber da will jemand aus Moskau mit dir sprechen. Sie haben die Absicht, eine Spezialeinheit nach Kaliningrad zu bringen, um die Entführung zu beenden.«
Timo spürte, wie sich in seinem Inneren etwas eisig zusammenkrampfte.
33
Ein verbeulter roter Alfa Romeo kroch im Nordosten von Antwerpen die Leopoldstraat entlang, die von kleinen Läden und Werkstätten gesäumt wurde. In den vergitterten Schaufenstern glitzerte Diamantschmuck auf Samtkissen.
Das Auto bog in die Orgelstraat, eine schmale Nebenstraße, ein. Nichts verriet, dass dieses recht unspektakulär wirkende Viertel das Zentrum des weltweiten Edelsteinhandels war.
Vor dem Haus mit der Nummer 71 kam der Alfa Romeo zum Stehen. Die Sonne strahlte den reich verzierten oberen Teil des schmalen, vierstöckigen Hauses vom Ende des 19. Jahrhunderts an.
Der Fahrer blieb im Wagen sitzen, die Beifahrerin stieg aus und legte mit großen Schritten die wenigen Meter bis zu der massiven Eichentür zurück. Vor dem benachbarten Schaufenster war ein Metallrollladen heruntergelassen worden, der bereits am Durchrosten zu sein schien.
Der Fahrer beobachtete durch das Autofenster die Frau, die jetzt die Türklingel betätigte. Ein Firmenschild war nirgendwo zu erkennen, nur ein Zettel mit einem Namen: Ariel Halevi.
Eva sah gespannt auf den Türspion. Sie wusste, dass auf der anderen Seite jemand war, der sie beobachtete.
Dann hörte man klackende Geräusche, als ein Schloss nach dem anderen geöffnet wurde.
»Shalom«
, sagte ein alter Mann mit grauem Bart sanft, winkte Eva ins Haus und schloss die Tür wieder sorgfältig ab. An den Schläfen des schwarz gekleideten Mannes hingen korkenzieherartige Locken, an denen man den orthodoxen Juden erkannte.
In dem staubigen Vorzimmer standen nur einige Stühle, ein Tisch und mehrere Holzkästen in der Größe von Pralinenschachteln, deren Ränder durch häufigen Gebrauch abgerundet waren. Ganz oben auf einem Regal breitete ein ausgestopfter Uhu seine Flügel aus.
»Ihr Freund ist im Wagen geblieben?«
»Er passt auf, dass wir nicht gestört werden.«
Der gebeugt gehende Alte lachte nervös auf und winkte Eva ins Hinterzimmer. Dort waren die weinroten Samtvorhänge zugezogen, nur eine Tischlampe warf einen blendend hellen Lichtkegel ins Halbdunkel. Auf dem Stoff unter der Lampe lagen abgenutzte Kunststoffschachteln, die mit kleinen Diamanten besetzte Ringe, Ohrringe und Halsketten enthielten.
Eva ließ den Blick durch den Raum wandern. Das Licht wurde von einem rissigen Wandspiegel reflektiert, an dessen Rahmen die matte Goldfarbe abblätterte. Erst da bemerkte Eva den großen, schwarz gekleideten Mann in der Ecke, der ausdruckslos vor sich hin starrte.
»David ist ein Junge aus meiner Verwandtschaft. EhemaligerOffizier der israelischen Armee. Er hilft mir in Sicherheitsangelegenheiten.«
Eva nickte dem Mann leicht zu und der nickte zurück. Es war kein Wunder, dass sich Ariel Halevi mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen auf das Treffen vorbereitet hatte, denn er dürfte kaum zuvor ein ähnlich großes
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