Operation Overkill
Russen wurde zurückgeschleudert, und Juri ging krachend zu Boden.
Moskau
Fünfzehn Minuten vor der Abfahrt des Schnellzuges nach St. Petersburg stieg Truschenko aus dem Wagen und ging mit raschen Schritten auf dem Bahnsteig zu-rück. An der Schranke erklärte er, dass er einen dringenden Anruf erledigen müsste, und wurde zur anderen Seite des Bahnhofsgebäudes geschickt. Dreiundzwanzig Minuten später war er auf einem anderen Bahnhof und saß in einem Zug, der in die entgegengesetzte Richtung fuhr.
427
Orpington, Kent
Richter wartete nicht ab. Als Juri rücklings zu Boden ging, trat Richter ihm mit aller Kraft in den Unterleib.
Dann nahm er sich den Kopf vor. Er dachte nicht mehr. Er war wie ein Tier, das um sein Leben kämpft, und er wollte keinen Fehler machen.
Als Richter aufhörte, war Juris Kopf nur noch eine rote Masse. Auch ohne Stethoskop war ihm klar, dass der Russe tot war. Vermutlich war er schon nach dem ersten Schlag mit der Kugel tot gewesen, die Richter immer noch in der rechten Hand hielt. Mit so einem Hieb konnte man jemandem das Genick brechen, wenn man hart genug zuschlug, und Richter hätte kaum härter zuschlagen können.
Keuchend schleppte sich Richter zum nächsten Sessel und ließ sich hineinsinken. Er musste sich ausruhen, nur für ein paar Minuten. Richter betrachtete die blutige Kugel in seiner Hand. Es war eine Snooker-Kugel, eine rote. Irgendwie ganz passend, wie er fand, wenn man die politische Einstellung des Mannes bedachte, der dort am Boden lag. Richter lächelte, meinte es zumindest – sein Gesicht schmerzte so sehr, dass er kaum noch einen Muskel spürte –, und legte die Kugel in einen Aschenbecher.
Dann dachte er nach, nahm die Kugel und wischte sie mit einem Taschentuch aus Juris Hosentasche gründlich ab, bevor er sie wieder in die Tasche des Billardtisches fallen ließ. Er holte den Türschlüssel aus Juris Hosentasche, achtete darauf, dass er ihn nur mit 428
dem Taschentuch berührte, damit er keine Fingerabdrücke hinterließ, und steckte ihn ins Schloss. Dann zog er die Pistole des Russen, eine halbautomatische österreichische Glock 17, aus dem Schulterholster, ü-
berprüfte sie, ohne sich um Fingerabdrücke zu scheren – die konnte er später abwischen –, und überzeugte sich, dass das Magazin voll war. In der kleinen Tasche, die hinten am Schulterriemen hing, fand er zwei Ersatzmagazine, die er ebenfalls an sich nahm, obwohl er nicht davon ausging, dass er sie brauchen würde. In Juris Jackentasche steckte ein Schalldämpfer, den er umgehend auf den Lauf der Pistole schraubte. Mit der Waffe in der Hand fühlte er sich etwas wohler. Er ließ sich wieder in den Sessel sinken und ruhte sich rund zwanzig Minuten aus, bis er wieder halbwegs bei Kräften war.
Als sein Atem wieder einigermaßen ruhig ging, hielt es ihn nicht länger an Ort und Stelle. Er stand auf und lauschte an der Tür. Draußen war alles ruhig, deshalb drehte er mit Hilfe des Taschentuchs vorsichtig den Schlüssel um und öffnete die Tür einen Spalt.
Im Flur war niemand zu sehen, und nur die eine Lampe war nach wie vor an. Richter zog den Schlüssel ab und verschloss die Tür von außen. Dann wischte er ihn gründlich ab und warf ihn in ein Aquarium mit tropischen Fischen, das an der einen Wand stand.
Falls er dennoch irgendwelche Fingerabdrücke hinterlassen haben sollte, würden sie unter Wasser zwar nicht getilgt, aber auch nicht unbedingt leichter festzustellen sein.
429
Er ging zum Fuß der Treppe und horchte, hörte aber von oben keinen Laut. Er hatte nichts anderes erwartet. Aber er wäre nicht so alt geworden, wenn er nicht immer mit allem gerechnet und niemandem vertraut hätte. Ihm war klar, dass er einfach aus der Tür gehen und mit der Honda wegfahren könnte. Aber er war hierher gekommen, weil er mit Orlow reden wollte.
Und das hatte er immer noch vor.
Er hielt sich dicht an der Wand, als er die Treppe hochstieg, um jedes Knarren so weit wie möglich zu vermeiden. Am ersten Absatz hielt er inne, holte tief Luft und lauschte erneut. Immer noch nichts. Er stieg nach oben und ging langsam den Flur entlang, bis er vor der Tür zu Orlows Zimmer stand.
Richter legte das Ohr an die Tür und hörte leise Stimmen. Anscheinend waren Orlow und sein Bodyguard ins Gespräch vertieft. Richter schob die Pistole in die Tasche, wischte sich mit einem sauberen Taschentuch die schweißnassen Hände ab, holte die Glock wieder heraus, atmete tief durch und öffnete die Tür.
Orlow
Weitere Kostenlose Bücher