Operation Overkill
zu schnell«, sagte Dekker.
»Wir haben es hier nicht mit dem üblichen Lastwagenfahrer zu tun, der einen Termin einhalten muss«, sagte Richter. »Der hier hat eine große, schwere und äußerst gefährliche Fracht geladen. Außerdem geht es nicht nur um den Laster, sondern auch um die Personenwagen. Die Insassen müssen irgendwann anhalten, etwas essen, tanken, aufs Klo gehen, schlafen und so weiter. Deshalb sollten wir meiner Meinung nach von einer ziemlich geringen Durchschnittsgeschwindigkeit ausgehen. Außerdem halten sie sich wahrscheinlich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen, weil sie unter keinen Umständen auffallen wollen.«
»In dem Fall wäre das so ziemlich der einzige Lastwagen in Frankreich, der sich daran hält«, murmelte Tony Herron.
»Dann sollten wir uns mit konkreten Zahlen auseinander setzen«, sagte Lacomte. »Mr. Beatty?«
»Meiner Schätzung nach fahren sie alles in allem nicht schneller als achtzig Kilometer pro Stunde.«
Lacomte rechnete auf einem Blatt Papier kurz nach.
»Dann betrüge die gesamte Fahrzeit ab Straßburg rund fünf Stunden.« Er dachte einen Moment lang nach. »Wir sollten uns einen vernünftigen Zeitrahmen setzen. Mit welcher Höchstgeschwindigkeit könnte der Konvoi aller Voraussicht nach unterwegs sein?
Hundert Kilometer pro Stunde?«
»Sagen wir hundertzehn«, erwiderte Dekker.
»Gut. Einhundertzehn Stundenkilometer – dann 585
wären wir bei etwa dreieinhalb Stunden. Wir können also davon ausgehen, dass der Konvoi etwa dreieinhalb bis fünf Stunden nach der Abfahrt in Straßburg hier eintreffen wird«, sagte er und tippte mit dem Bleistift auf den eingekreisten Bereich auf seiner Karte.
»Jetzt müssen wir lediglich noch erfahren, wann sich der Lastwagen von Straßburg aus auf den Weg macht«, sagte Colin Dekker.
Wie aufs Stichwort klopfte es an der Tür, und ein DST-Mann trat mit einem Blatt Papier ein, das er Lacomte reichte. Alle warteten gespannt, während der Colonel den Text überflog. »Ausgezeichnet«, sagte er.
»Die Gendarmerie in Straßburg hat gemeldet, dass der russische Konvoi heute am frühen Morgen dort eingetroffen ist, aber sämtliche Fahrzeuge durch die Baustellen bei Straßburg aufgehalten wurden. Aller Voraussicht nach wird der Konvoi seine Fahrt frühestens am späten Vormittag fortsetzen können. Vor allem aber wissen wir jetzt, womit wir es zu tun haben.«
Autoroute E42, Straßburg, Frankreich
Verglichen mit Waidhaus, war das Überqueren der deutschfranzösischen Grenze eine reine Formalität.
Alle vier Fahrzeuge waren angehalten worden, vermutlich wegen der Moskauer Nummernschilder und weil sie offensichtlich zusammengehörten, aber die französischen Zöllner und Gendarmen hatten sich lediglich die Pässe angesehen. Sie hatten nicht einmal 586
gefragt, was der Lastwagen geladen hatte oder warum zwölf russische Diplomaten gemeinsam quer durch Europa fuhren.
Die Einreise war mühelos vonstatten gegangen, aber die Fahrt durch Straßburg war der reinste Alptraum gewesen. Soweit Modin hatte feststellen können, war unmittelbar westlich der Grenze ein Haupt-wasserrohr am Rhein gebrochen. Sie waren noch auf der Autobahn gewesen und hatten sich Kehl genähert, als sie in den Stau geraten waren. Und ehe ihnen klar wurde, was los war, hatten sie kaum noch eine Ausweichmöglichkeit gehabt. Auf der Autobahn konnten sie nicht wenden, und die beiden Abfahrten, die sie hätten nehmen können, nützten ihnen nicht viel. Die eine führte in Richtung Süden, nach Lahr und Offen-burg, die andere nach Rheinau und Rastatt im Norden, aber dort gab es weder eine Brücke über den Rhein noch einen Grenzübergang. Daher war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als durch Straßburg zu fahren.
In der Stadt herrschte das reinste Chaos. Die Gendarmerie bemühte sich nach besten Kräften, aber Straßburg war völlig verstopft, und der gesamte Verkehr wurde umgeleitet. Nur Anlieger durften in die Innenstadt fahren, aber der ganze Fernverkehr musste auf kleinen Nebenstraßen südlich um Straßburg he-rumfahren, über Plobsheim und Erstein, bevor er wieder auf die N83 stoßen durfte. Von der Auffahrt westlich von Erstein aus war der Verkehr wieder ohne jede Behinderung in beiden Richtungen geflossen.
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Modin hatte gehofft, dass es rund um Straßburg keine weiteren Schwierigkeiten geben würde, aber kaum hatten sie auf der A35 Illkirch-Graffenstaden passiert, als sie in den nächsten Stau gerieten, weil viele Fahrzeuge von der Autobahn
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