Operation Overkill
hochgereckten Daumen zeigte, meldete er sich über Intercom. »Bereit, Mr. Beatty?«
»Bereit«, sagte Richter.
»Ihr Handy ist abgeschaltet, und Ihre Waffe und die übrige Ausrüstung sind im Gepäckraum verstaut?«
»Ja«, erwiderte Richter. »Alles ist im Gepäckraum.«
»Okay. Ich schließe die Kabinenhaube.« Richter hörte das leise Heulen des Elektromotors, als sich das Kanzeldach schloss. Reilly sprach kurz mit der Bo-denmannschaft – auf Französisch, wie Richter feststellte –, die über Intercom mit der Maschine verbunden war, und startete erst das Steuerbord- und dann das Backbordtriebwerk. »Jetzt ruckelt es gleich ein bisschen«, meldete sich Reilly über die Bordsprechanlage. »Ich lasse das BITE-Programm laufen.«
»Was ist das?«, fragte Richter.
»Ein Computercheck, bei dem nacheinander sämtliche Instrumente und Anzeigen sowie der Lufteinlauf überprüft werden«, erwiderte er. »Wenn das erledigt ist, teilt uns die Maschine mit, ob sie fliegen will oder nicht.«
»Wirklich?«, sagte Richter. »Hoffentlich hat sie gute Laune.«
Reilly lachte leise. »Okay«, sagte er ein paar Minuten später. »Systemcheck ist abgeschlossen. Wir sind bereit. Entfernen Sie bitte Ihre Nadeln.«
Richter zog eine Sicherheitsnadel vom Schleudersitz, wie es ihm Peter Marnane gezeigt hatte, und machte ihn dadurch scharf, und eine weitere vom MDC – dem Miniature-Detonating Cord. Das ist eine 694
Art Zündschnur, die entlang der Kabinenhaube verläuft. Wenn die Besatzung mit dem Schleudersitz aussteigen muss, sprengt sie die Kanzel ab.
»Normalerweise gibt der Kampfbeobachter die Start-position in den Navigationscomputer ein«, sagte Reilly,
»aber Peter hat das bereits erledigt. Außerdem kommt es sowieso nicht darauf an, da Gibraltar ein bisschen zu groß ist, als dass wir es verfehlen könnten.«
Als der Tornado zur Startbahn rollte, betrachtete Richter die beiden Bildschirme vor ihm. Auf dem rechten wurde die Position der Maschine angezeigt, während auf dem linken die geplante Route abgebildet war. Am Ende der Rollbahn brachte Reilly die Maschine zum Stehen und wartete auf die Starter-laubnis, dann bog er auf die Startbahn und machte sich bereit. Er gab den Triebwerken vollen Schub, während er den Tornado mit den Fußbremsen hielt, zündete dann die Nachbrenner und ließ gleichzeitig die Bremsen los.
Rund zehn Sekunden später, als der Fahrtmesser hundertfünfundvierzig Knoten anzeigte, zog Reilly die Schnauze um zehn Grad hoch und ging in den Steigflug. Nach ein paar weiteren Sekunden war der Tornado so schnell, dass Reilly die Nachbrenner abstellen konnte, worauf der Geräuschpegel deutlich sank. Auf dreitausend Fuß Höhe ging er in den Horizontalflug über, brachte die Maschine auf Südkurs und wies Richter an, das UHF-Funkgerät neben seinem rechten Oberschenkel auf drei-eins-sieben Komma sechs Megahertz einzustellen.
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»Ich bin jetzt zwei, drei Minuten lang nicht über Intercom erreichbar«, sagte Reilly. »Ich muss mit der Radarstation Mazout sprechen, durchgeben, dass wir nach Gibraltar unterwegs sind, und die Erlaubnis zum Steigen einholen.« Ein paar Minuten später knackte es im Intercom. »Da bin ich wieder«, sagte er. »Wir gehen hoch.« Sie stiegen bis auf dreiundzwanzigtausend Fuß, beschleunigten auf fünfhundert Knoten und flogen in der anbrechenden Nacht in Richtung Süden.
North American Aerospace Defense Command, Chey-
enne Mountain, Colorado
Mit dem Bau der Luftabwehrzentrale im Cheyenne Mountain begann man im Jahr 1958, nachdem die Russen den ersten Sputnik ins Weltall geschossen hatten, aber erst 1966 wurde der Stützpunkt in Betrieb genommen. Die Arbeiter setzten knapp fünfhundert-tausend Kilogramm Sprengstoff ein und trugen fast siebenhunderttausend Tonnen Granit ab, um eine rund zwei Hektar große Anlage zu schaffen. Der Zugang liegt etwa zweitausend Meter über dem Meeres-spiegel und führt in einen rund vierhundert Meter langen Tunnel, der sich in etlichen Kurven und Win-dungen durch den Granit zieht und dazu dient, die Druckwelle einer Atombombenexplosion zu absorbie-ren. Etwa auf halber Länge des Tunnels befinden sich zwei mächtige Stahltore, jedes rund einen Meter dick und fünfundzwanzig Tonnen schwer, die im Abstand 696
von etwa fünfzehn Metern in Betonsäulen eingelassen sind. Hinter diesen Toren liegt der NORAD-Komplex, fünfzehn Stahlgebäude, die durch stählerne Laufgän-ge miteinander verbunden sind und auf mächtigen Stahlfedern ruhen, die
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