Operation Overkill
nur möglich, wenn es sich bei dem anderen Benutzer nicht um General Modin handelte, sondern um jemand anderen, der sich mit dessen Zugriffsberechtigung eingeloggt hatte und die Befehlscodes änderte. Aber damit, das war Abbas sofort klar, würde er leicht fertig werden. Er verließ das Waffensteuerungsprogramm und überprüfte die ein-geloggten Benutzer. Er fand nur einen – Modin –, was 851
an sich schon ungewöhnlich war. Normalerweise loggten sich andere Benutzer nur ein, um irgendetwas zu überprüfen, irgendwelche Wartungsarbeiten vorzunehmen, und loggten dann wieder aus. Aber in den letzten Stunden war nur dieser eine Benutzer im System zugange gewesen, daher wusste Abbas, dass es sich um einen Hacker handeln musste, der sich mit Modins Passwort Zugriff verschafft hatte.
Das wiederum hieß, dass General Modin aufgeflogen war und irgendeine staatliche Behörde, vermutlich die gleiche, die diesen Kommandotrupp zur Müh-le geschickt hatte, über Operation Podstawa Bescheid wusste. Aber von El Sikkiyn wusste niemand etwas, konnte niemand etwas wissen, auch wenn sich das bald ändern würde.
Hassan Abbas hatte an der Cornell University in den Vereinigten Staaten Informatik studiert und kannte sich mit Computern aus. Er hatte die gleiche Zugriffsberechtigung zu dem Großrechner in Krutaja wie der Systemdesigner und konnte alles tun, was er wollte. Er dachte ein paar Sekunden nach, dann gab er den Befehl zu einer Grundwartung, verbunden mit einem Herunterfahren des gesamten Systems. Dabei wurde die Verbindung zu allen anderen Benutzern unterbrochen, sodass nur derjenige, der den Befehl eingegeben hatte, weiter Zugriff hatte. Voller Genugtuung stellte er fest, dass »General Modin« nicht mehr als Benutzer aufgeführt wurde. Vorsichtshalber löschte Abbas Modins Namen von der Liste der Zugriffsberechtigten. Dann kopierte er die Liste mit den Zünd-852
befehlcodes auf das Schreibprogramm seines Laptops, ehe er sich wieder das Waffensteuerungsprogramm vornahm.
Le Moulin au Pouchon, St. Médard, bei Manciet,
Midi-Pyrénées, Frankreich
»Da oben ist eindeutig irgendwas«, murmelte Dekker, der in dem dunklen Schlafzimmer stand und unverwandt durch das Nachtglas blickte. »Etwa hundert Meter hangaufwärts. Es sieht aus wie ein baufälliges Gebäude, aber ich sehe mindestens eine Person, möglicherweise zwei. Ich kann nur die Gesichter erkennen.«
»Das müssen sie sein«, sagte Richter. »Schalte sie aus.«
In dem Schlafzimmer gab es nur ein ziemlich schmales Fenster mit Blick zum Hang, sodass ihnen sofort klar war, dass keine zwei Mann gleichzeitig schießen konnten. »Schießen Sie so bald wie möglich«, wies Richter den Scharfschützen an. »Wenn wir Glück haben, geht der zweite Mann hinterher aus der Deckung, um nachzusehen, was hier los ist.«
Der SAS-Mann nickte und öffnete das Fenster, legte das Präzisionsgewehr vom Typ Accuracy International PM am Sims auf und starrte durch seinen Starlight-Restlichtverstärker von Davin Optical den Hang hinauf.
Richters Handy vibrierte wieder. »Baker hier. Tut 853
mir Leid, aber er hat mich vor ein paar Minuten aus dem System geschmissen, und ich komme nicht mehr rein – anscheinend hat er Modin von der Benutzerliste gelöscht. Jetzt hängt alles von Ihnen ab.«
Richter hatte gehofft, dass ihm diese Nachricht erspart bliebe. »Besten Dank«, erwiderte er und schaltete das Telefon ab. »Das war mein Computermann in London«, erklärte er Ross. »Dernowi hat ihn aus dem System geschmissen. Jetzt haben wir höchstens noch ein paar Minuten Zeit, um die Sache hier zu erledigen.«
Er hatte den Satz kaum zu Ende gebracht, als der Scharfschütze abdrückte und die Waffe sofort wieder in Anschlag brachte. »Einer weniger«, sagte er, ohne den Blick vom Zielfernrohr abzuwenden.
St. Médard, hei Manciet, Midi-Pyrénées, Frankreich
Karim Ibrahim wurde plötzlich nach hinten geschleudert, drehte sich wie in Zeitlupe um die eigene Achse und fiel in einem Schwall von Blut zu Boden. Schep-pernd landete seine Kalaschnikow neben ihm auf den Steinplatten, während das Echo des Schusses durch das Tal hallte. Badri sprang zu seinem gefallenen Kameraden und blickte ungläubig auf ihn hinab. Ibrahim war von einer Kugel mitten im Gesicht getroffen worden. Er war tot – war vermutlich tot gewesen, bevor er auf dem Boden aufschlug.
»Ein Scharfschütze«, stieß Badri angewidert hervor 854
und stürmte zu dem halb verfallenen Fenster des Nebengebäudes. Er duckte sich, ging
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