Operation Overkill
dass er sie nicht gezündet hat, aber probiert hat er’s auf jeden Fall.« Als sich Richter vor den stöhnenden Araber kauerte, klingelte sein Handy erneut. »Richter.«
»Baker hier. Mir ist gerade was eingefallen – Sie sagten doch, Sie hätten Dernowis Laptop?«
»Ja. Er steht neben mir, an ein Mobiltelefon angestöpselt. Als wir die Telefonleitung gekappt haben, blieb ihm vermutlich nichts anderes übrig.«
»Ja, ja«, sagte Baker ungeduldig. »Aber es geht darum, dass Sie über den Laptop mit dem Großrechner in Krutaja verbunden sind, und mit Dernowis Berechtigungsstufe können Sie sämtliche Waffen unschädlich machen.«
»Ich kann’s versuchen«, erwiderte Richter zweifelnd.
»Das ist nicht weiter schwer. Ich kann alle Schritte mit Ihnen durchgehen.«
»Okay«, sagte Richter und setzte sich vor dem Computer auf den Boden.
»Gut«, sagte Baker. »Zunächst rufen Sie –«
»O Scheiße«, murmelte Richter und warf einen wü-
tenden Blick auf sein Handy. Der Akku war noch voll, aber die Signalstärke lag bei null. Er schnappte sich Abbas’ Mobiltelefon und warf einen Blick auf das 872
Display. Der Akku war zu zwei Dritteln leer, aber die Signalstärke lag genauso bei null wie bei Richters No-kia. Lacomte hatte es endlich geschafft, auch wenn es eine Zeit lang gedauert hatte, bis die Mobilfunkantennen abgeschaltet worden waren.
Mit dem Laptop konnte Richter nichts mehr anfangen, deshalb zog er das Kabel ab und packte es samt Computer und Telefon in den Samsonite-Koffer. Dann ging er wieder zu Abbas, schob ihm die Mündung der Glock unters Kinn und drückte seinen Kopf nach oben.
»Sie sind Dernowi, nehme ich an. Ich habe zwei Fragen an Sie. Erstens, wie lautet Ihr Zugangscode für den russischen Computer?«
Abbas schlug langsam die Augen auf und schaute Richter an, dann spie er ihm ins Gesicht. Zunächst reagierte Richter gar nicht, dann hob er die linke Hand und wischte sich den Speichel von der Wange, senkte die Glock und jagte Abbas eine Kugel durch den rechten Oberschenkel.
»Wollen wir’s noch mal versuchen?«, sagte er und hob die Stimme, um die Schreie des Arabers zu übertönen. »Wie lautet der Zugangscode?« Abbas schüttelte wimmernd den Kopf.
»Sie werden sterben«, sagte Richter. »Aber wie, das hängt von Ihnen ab. Wenn Sie uns sagen, was wir wissen wollen, werden Sie mit einer Kugel erlöst.
Wenn Sie so weitermachen wie bisher, schieße ich Sie in Stücke, bis Sie das Bewusstsein verlieren. Mir macht das nichts aus, aber Ihnen bestimmt. Also, wie lautet Ihr Code?«
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Wieder schüttelte der Araber den Kopf. »Den verrate ich Ihnen niemals«, murmelte er leise und in kulti-viertem Tonfall, mit einem unverkennbaren Akzent, wie er in der Gegend rund um London gesprochen wird. Als Richter ihn musterte, wurde ihm klar, dass er es ernst meinte, dass er entschlossen war, den Mär-tyrertod zu sterben. »Okay, warum haben Sie sich für
›Dernowi‹ entschieden? Warum wählt ein Araber einen jiddischen Namen, und was hat es mit dem ›Pro-pheten‹ auf sich?«
Abbas lächelte. »Ein alter Scherz«, sagte er. »Das ist alles.«
»Und wozu das Ganze? Warum haben Sie den Russen Geld gegeben, damit sie in Amerika Atomwaffen in Stellung bringen? Und warum wollten Sie sie zünden?«
Abbas verlor viel Blut, und Richter war klar, dass es nur noch wenige Minuten dauern konnte, bis der Araber endgültig das Bewusstsein verlor. »Um einen Krieg vom Zaun zu brechen«, sagte Abbas, der kaum noch zu verstehen war. »Die Russen waren dumm. Sie wussten nichts von unserem Plan. Sie dachten, wir wollten Amerika nur demütigen, den Amerikanern lediglich drohen. Wir wollten, dass Amerika vernichtet wird, aber dass man Russland die Schuld daran gibt und es ebenfalls vernichtet. Mit einem Schlag wä-
ren beide Supermächte eliminiert, auf dass die arabische Welt erblühen kann. Die arabischen Völker würden sich erheben und die neuen Herren der Welt werden. Endlich könnten wir unserer Bestimmung gerecht werden.«
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Richter traute seinen Ohren kaum. »Und deshalb wollten Sie und Ihre nichtsnutzigen Anführer Amerika und Russland und vermutlich auch den Großteil von Westeuropa samt der ganzen Bevölkerung opfern, bloß damit ein Haufen verflohter Kameltreiber die Welt beherrschen kann?«
Abbas nickte. »Und wir werden unsere Sache besser machen als ihr«, entgegnete er. »Es ist unsere Bestimmung. Wir werden den gottlosen Massen das Wort Mohammeds bringen. Wenn nicht jetzt, dann
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