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Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
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dem niedrigen Tisch neben Traschenko lagen zwei dünne, streng geheime Akten, die er nicht auf dem offiziellen Dienstweg erhalten hatte. Bei der einen handelte es sich um einen Bericht über die Vernehmung des Engländers in der Lubjanka, einschließ-
    lich einer Abschrift der Audiokassette und der Schlussfolgerungen des Verhörspezialisten. Ferner hatte ihr eine nicht beschriftete Videokassette beigele-gen, die sich Truschenko schon zweimal mit großem Vergnügen angesehen hatte.
    Die zweite Akte stammte aus dem russischen Verteidigungsministerium und enthielt ein Fax vom ver-antwortlichen Oberstleutnant der Wojska-IA-PVO-Einheit im Militärbezirk Archangelsk, in dem von dem Zwischenfall mit dem amerikanischen Militärflugzeug berichtet wurde, das tags zuvor über die Gemeinschaft unabhängiger Staaten geflogen war. In dem Bericht standen vergleichsweise wenig Einzelheiten über die Route des Blackbird, dafür ging er umso ausführlicher auf die prompten und wirkungsvollen Maßnahmen ein, die von den PVO-Offizieren ergriffen worden waren und durch die, wie es hieß, verhindert worden sei, dass der amerikanische Aufklärer seinem geplanten Kurs folgen konnte.
    Außerdem teilte der Oberstleutnant mit, dass das Spionageflugzeug seiner Meinung nach beim Luftkampf mit russischen Abfangjägern beschädigt worden sei, möglicherweise so schwer, dass es seinen 110

    Stützpunkt im Westen nicht habe erreichen können.
    Die Schuld daran, dass das Spionageflugzeug überhaupt hatte entkommen können, wurde in erster Linie den Piloten der Abfangjäger in die Schuhe geschoben, weil sie die Befehle der PVO nicht ordnungsgemäß ausgeführt hätten. Der Bericht endete mit einem Hinweis auf die empfohlenen Disziplinarmaßnahmen, die gegen sie ergriffen werden sollten.
    Diesen Bericht hatte Truschenko gerade mit zunehmender Besorgnis gelesen. Sobald er die Route gesehen hatte, auf der die Maschine geflogen war, wusste er, dass die Schlussfolgerungen des Oberstleutnants Blödsinn waren. Die Amerikaner hatten genau das fotografiert, was sie fotografieren wollten. Er persönlich wunderte sich, dass die Abfangjäger überhaupt so na-he an die amerikanische Maschine herangekommen waren, dass sie sie in einen Luftkampf verwickeln oder gar beschädigen konnten. Von der unterschwelligen Andeutung, dass der Blackbird in die Nordsee ge-stürzt sein könnte, hielt er überhaupt nichts. Offenbar hatten die Amerikaner irgendetwas über das Unternehmen erfahren und hatten ein Spionageflugzeug eingesetzt, um das Waffentestgelände zu erkunden.
    Truschenko stand auf und ging zu den hohen Fenstern, durch die man nach Südwesten hin einen großartigen Ausblick auf die Moskwa hatte, stützte die Hän-de in die Hüften und schaute hinaus. Mehrere Minuten lang stand er dort, blickte auf die Schiffe auf dem Fluss, ohne sie wahrzunehmen, drehte sich dann um und kehrte zum Sessel zurück. Er griff zu der Flasche 111

    Stolichnaja, goss sich ein Glas Wodka ein und trank ihn langsam.

Als er ausgetrunken hatte, stellte Truschenko das Glas ab und stand auf, ging zu einem gerahmten Mo-net-Druck an der Wand neben dem Kamin und zog am linken Rahmen. Das Bild schwang zur Seite, und dahinter kam die Tür eines sehr teuren Schweizer Safes zum Vorschein, einem der besten Fabrikate, das auf dem Markt war. Er gab eine aus zehn Ziffern bestehende Zahlenkombination in das digitale Tasten-feld ein und drückte auf einen Knopf. Die Tür war damit noch nicht entriegelt, aber ein kleines Schlüsselloch tat sich im Panzerstahl auf.
    Truschenko öffnete die beiden obersten Hemd-knöpfe und zog einen schmalen Stahlschlüssel heraus, den er stets um den Hals hängen hatte. Er schob ihn in das Schlüsselloch und drehte ihn zweimal um, dann zog er an dem in der Safetür eingelassenen Griff und öffnete sie. Im Safe befanden sich rund ein Dutzend Videokassetten und drei dicke Aktenordner. Truschenko holte den obersten Ordner heraus und nahm ihn mit zu seinem Sessel. Auf dem Einband stand
    »Podstawa« , und Truschenko kannte den Inhalt bereits in- und auswendig.
    Hammersmith, London
    Es war bereits zwanzig vor neun, als Richter im siebten Stock aus dem Aufzug stieg, an eine dunkelgrüne 112

    Tür klopfte, auf der in verblasstem Blattgold »Director« stand, und eintrat. Richard Simpson, der Leiter für Auslandseinsätze, erwartete ihn bereits und warf einen nachdrücklichen Blick auf seine Armbanduhr.
    »Sie kommen zu spät«, sagte er leicht säuerlich.
    »Ich weiß«, erwiderte

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