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Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
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rechte Hand.
    Die Pistole war eine russische 5.45mm PSM, leicht und unauffällig. Richter zückte ein Taschentuch, hob sie auf und warf sie in den Papierkorb neben den Waschbecken. Kaum hatte er zu seiner Aktentasche gegriffen, als die Tür aufging und ein Mann hereinkam. Er warf Richter einen kurzen Blick zu und schaute dann zu der Gestalt, die an der Wand lehnte.
    »Wieder mal ein Besoffener«, sagte Richter in russischer Umgangssprache und ging zur Tür.
    Der Mann schnüffelte kurz, dann nickte er.
    »Manchmal stolpert man sogar am Roten Platz über dieses Gesindel«, erwiderte er.
    Richter nickte, öffnete die Tür und ging zu seinem Flugsteig.

    5
    Freitag
    Stepney, London
    Das Telefon weckte Richter um zwanzig vor acht.
    »Ja?«, grummelte er.
    »Gehen Sie bitte auf die sichere Leitung.«
    »Gut«, sagte Richter und drückte die entsprechende Taste am Telefon. Für jemanden, der mithörte, klang es, als hätten beide Gesprächsteilnehmer aufgelegt.
    »Thomas, Offizier vom Dienst. Wie ist es gelaufen?«
    »Ganz gut«, sagte Richter. »Der Erste Sekretär ist ein ziemliches Arschloch, aber der Vierte Untersekre-tär, ein gewisser Erroll, ist schwer auf Zack. Das Auto war völlig im Eimer, desgleichen der Tote. Der Schä-
    del war bis zur Unkenntlichkeit zermalmt, Arme und Hände waren schwer verbrannt. Das Botschaftspersonal hat den Toten nur anhand der Papiere identifiziert.« Richter hielt inne und gähnte. Quäkend und verzerrt drang die Stimme des Anrufers aus dem Hö-
    rer. »Was?«
    »Ich habe gefragt, ob es irgendwelche Zweifel gibt, was die Identität des Toten angeht.«
    »Nein, nicht die geringsten.«
    »Der arme alte Newman. Ein ziemlich sinnloser Abgang. Er war –«
    107

    »Nein, nein«, unterbrach ihn Richter. »Sie haben mich missverstanden. Die Identifizierung war eindeutig, aber bei dem Toten handelt es sich nicht um Newman.«
    »Was?«, erwiderte Thomas. »Sind Sie sich da sicher?«
    »Wenn ich mir nicht sicher wäre, würde ich es nicht sagen.«
    Kurzes Schweigen. Im Hintergrund waren leise Stimmen zu hören, dann knisterte es wieder in der Leitung. »Simpson möchte Sie sprechen, sofort. Ich schicke Ihnen einen Wagen.«
    »Lassen Sie mir eine Stunde Zeit«, erwiderte Richter. »Ich bin noch im Bett.«
    »Dann sollten Sie schleunigst aufstehen«, sagte Thomas, dessen Tonfall trotz des Zerhackers verriet, dass er vor sich hin grinste. »Der Wagen wird nämlich in etwa zwanzig Minuten vor Ihrem Haus stehen. Gehen Sie gleich zum Büro des Direktors, wenn Sie hier eintreffen.«
    Richter unterbrach die Verbindung, horchte auf das Freizeichen und legte den Hörer auf. Er warf einen Blick auf seine Uhr – gleich zehn vor acht – und schaute sich dann im Schlafzimmer um. Wie üblich sah es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen und wäre mitten im Bett explodiert. Richter zog Laken und Zudecke halbwegs zurecht, nahm sich vor, demnächst eine Steppdecke zu besorgen, und ging kurz darauf ins Badezimmer.
    108

    Uliza Nowyj Arbat, Moskau
    Die Wohnung am westlichen Ende der Uliza Nowyj Arbat war mit knapp hundert Quadratmetern nach westlichen Maßstäben eher klein, aber für Moskauer Verhältnisse war sie riesig, zumal sie nur von einer Person bewohnt wurde. Die meisten Moskauer Familien schätzen sich glücklich, wenn sie eine halb so große Wohnung mit drei bis vier Zimmern haben. Die Russen sind es gewohnt, auf engstem Raum zusam-menzuwohnen, und finden nichts dabei, wenn sich Eltern und Kinder Schlafzimmer, Küche und Bad teilen.
    Die Wohnung gehörte der Regierung, wie die meisten Immobilien in diesem Stadtteil von Moskau, und war dem Industrieministerium zugeteilt worden. Das Ministerium wiederum hatte sie dem Minister persönlich als Moskauer Wohnsitz zugewiesen. Dimitri Ste-panowitsch Truschenko saß auf einem bequemen Ledersessel und hatte die Beine zum Kamin ausge-streckt, in dem bereits frisches Brennholz gestapelt war. Sein Diener würde das Feuer am frühen Abend anzünden, bevor er für den Minister das Essen zube-reitete. Truschenko war groß und schlank, hatte helle Haut und blonde Haare, und hinter seinem freundlichen, manchmal etwas versonnen wirkenden Lächeln versteckte sich ein messerscharfer Verstand. Er war sechsundfünfzig Jahre alt, wirkte aber viel jünger und strahlte etwas Gelehrtenhaftes aus, das die meisten Widersacher dazu verleitete, seine Gerissenheit und 109

    Intuition zu unterschätzen, mit der er alle politischen und persönlichen Fährnisse überlebt hatte.
    Auf

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