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Operation Overkill

Operation Overkill

Titel: Operation Overkill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Commander James Barrington
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Richter. »Der Verkehr«, fügte er hinzu. Er stellte seine Aktentasche auf den Boden und setzte sich auf einen Armsessel vor dem Schreibtisch.
    »Ich habe nicht gesagt, dass Sie Platz nehmen dürfen«, blaffte Simpson.
    »Stimmt.«
    Bislang verlief das Gespräch so wie immer. Simpson war klein, etwa eins zweiundsiebzig, und wirkte frisch und rosig. Seit sechs Jahren leitete er den Foreign Operative Executive – Richter hingegen war erst seit zwei Jahren hier angestellt –, und soweit man wusste, hatte er in dieser Zeit noch nie jemanden gelobt.
    Richter kochte innerlich immer noch ein bisschen, wenn er Simpson begegnete. Vier Jahre zuvor war Richter ein arbeitsloser ehemaliger Sea-Harrier-Pilot der Royal Navy gewesen, der eine kleine Pension und eine Abfindung bezog, die verblüffend schnell zu-sammenschmolz. Drei Monate hatte er sich umgetan, immer wieder vergebens eine Arbeit gesucht, mit der er seine Miete verdienen könnte, ohne sich zu Tode zu langweilen. Dann hatte er in London an einem Einstellungsgespräch für einen Kurierjob teilgenommen, den Richter so faszinierend fand, dass er ihn 113

    prompt angenommen hatte. Es hatte fast zu gut geklungen, um wahr zu sein. Und genauso war es auch gewesen.
    Offiziell war er mit einem Kurierauftrag, dessen tie-feren Sinn niemand – und zuallerletzt Richter – durchschaute, nach Frankreich geschickt worden. Aber oh-ne etwas davon zu wissen, war er von Simpson als Köder eingesetzt worden, um einen ranghohen Verrä-
    ter im Secret Intelligence Service in die Falle zu locken. Man meinte Richter opfern zu können, da er keinerlei Angehörige hatte, die Krach schlagen könnten, falls er nicht zurückkehrte. Wider Erwarten hatte Richter die Begegnung überlebt, der SIS-Mann hingegen nicht. Und er hatte seine Sache so gut gemacht, dass Simpson der Meinung war, er sei zu wertvoll, als dass man ihn verlieren dürfte. Die Londoner Metropolitan Police wie auch die französischen Behörden, die wegen des toten SIS-Mannes ermittelten, hatten den Fall »ungelöst« zu den Akten gelegt, die Akte aber nie geschlossen. Und Simpson hatte deutlich gemacht, dass er der Polizei jederzeit bei ihren Ermittlungen in dieser Sache weiterhelfen würde, wenn Richter auch nur einmal nicht spurte.
    Simpson starrte Richter von der anderen Seite des Schreibtisches aus an, und Richter erwiderte den Blick. Über die Kakteen hinweg – Kakteen waren anscheinend das Einzige, was Simpson mochte, denn auf allen drei Fensterbrettern standen noch mehr, alle in Reih und Glied – konnte Richter nur seine dunklen, fast schwarzen Augen sehen, die ihn unverwandt an-114

    schauten. »Kommen Sie zur Sache. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Richter öffnete seine Aktentasche, holte das Notizbuch heraus, das er in Moskau geführt hatte, und legte es vor sich auf den Schreibtisch. »Gut«, sagte er. »Am Dienstagabend hat man uns von Newmans Tod verständigt. Am Mittwochmorgen bin ich nach Moskau geflogen – wie üblich Economy – und unter dem Decknamen Willis im Hotel Budapescht abge-stiegen. Noch am gleichen Nachmittag habe ich in der Botschaft angerufen und für den nächsten Morgen einen Termin mit dem Ersten Sekretär vereinbart, einem gewissen Horne, William Horne. Wie mit der Abteilung Taktik und Ausrüstung abgesprochen, habe ich ihm ein Empfehlungsschreiben der Versicherungsfirma vorgelegt, und nach kurzem Murren verwies er mich an den Vierten Untersekre-tär, einen gewissen Simon Erroll. An diesem Morgen habe ich das Auto und die Leiche inspiziert – der Leichnam lag in einem Kühlraum im Keller. Nachmittags das Büro und die Wohnung. Anschließend bin ich nach Heathrow zurückgeflogen. Ich habe mir vor meiner Abreise Newmans Personalakte vorgenommen«, fügte Richter hinzu. »Er war eins achtzig groß, rund achtzig Kilo schwer, hatte blonde Haare und einen hellen Teint. Besondere Kennzeichen werden nicht erwähnt. Der Tote in Moskau war etwa genauso groß und ebenso schwer – allerdings konnte ich den Leichnam nicht wiegen, ohne dass Erroll Lunte gerochen hätte. Haut- und Haarfarbe passten, 115

    aber das Gesicht war völlig unkenntlich, und Fingerabdrücke waren wegen der Verbrennungen an den Händen nicht mehr möglich.«
    Simpson öffnete die Personalakte, die er vor sich liegen hatte, und blickte erwartungsvoll auf. »Und woher wollen Sie wissen, dass es sich nicht um Newman handelte?«
    »Dazu komme ich noch. Wenn man von besonderen Kennzeichen spricht, meint man meistens Narben oder

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