Operation Overkill
Vergnügungsreise. Ich möchte in einer Stunde auslaufen, deshalb sollten Sie Ihre Männer so schnell wie möglich an Bord holen.«
Sieben Minuten später wurde der Motor des grauen Kleinbusses angelassen, und kurz darauf entfernte sich das Fahrzeug langsam vom Liegeplatz der Anton Kirow . Die Neuankömmlinge, die sich an Bord geschickt bewegten und kaum miteinander sprachen, verstauten ihre persönlichen Habseligkeiten, begaben sich auf die ihnen zugewiesenen Positionen und machten sich bereit zum Auslaufen.
Eine halbe Stunde, nachdem der Kleinbus weggefahren war, legte die Anton Kirow ab und steuerte gen Osten aus dem Hafen von Odessa. Sobald das Schiff weit genug von der Küste entfernt war, nahm es Fahrt auf und ging auf südlichen Kurs, in Richtung Istanbul und Bosporus.
Kutusowskij Prospekt, Moskau
Gennadi Arkenko saß am Esstisch und nahm ein schlichtes Abendessen – Schwarzbrot und Wurst – zu 199
sich, als das Rufzeichen des Kurzwellenempfängers ertönte. Er legte das Brot hin, stürmte in das kleine Hinterzimmer, stellte das Rufzeichen ab und setzte die Kopfhörer auf.
Zwei Minuten später nahm er die Kopfhörer ab, stellte das Rufzeichen wieder an und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Er ging zum Telefon, zog eine per Schreibmaschine getippte Liste zurate, drückte ei-ne Schnellwähltaste und wartete, bis sich jemand meldete.
»Phase eins ist angelaufen«, sagte Arkenko und legte wieder auf.
Mit einem zufriedenen Lächeln legte Dimitri Truschenko in seiner knapp anderthalb Kilometer entfernten Wohnung an der Uliza Nowyi Arbat am östlichen Ufer der Moskwa den Hörer auf. Er ging zu dem Schreibtisch, der in der einen Ecke des Zimmers stand, klappte seinen Laptop auf und schaltete ihn ein.
Eine halbe Stunde später betätigte er die Sendetaste seiner E-Mail-Benutzeroberfläche und schickte eine verschlüsselte Textzeile los, die in eine dreiseitige Werbemitteilung eingebettet war, auf deren Empfän-gerliste fast hundert Namen standen. Die Nachricht war mit einem deutschen Absender versehen, und da sie über fünf Websites um- und weitergeleitet wurde, dauerte es ein paar Minuten, bis sie an ihrem eigentlichen Ziel ankam – Hassan Abbas’ Mailbox bei »wa-nadoo.fr«
8
Dienstag
Joint Air Reconnaissance Intelligence Centre,
RAF Brampton, Huntingdon, Cambridge
Der RAF-Stützpunkt Brampton liegt in der Nähe von Huntingdon, und normalerweise ist man von London aus in etwa anderthalb Stunden dort. Richter brauchte über zweieinhalb, was unter anderem an drei Baustel-lenampeln lag, die ihn aufhielten, noch ehe er aus London herauskam, sowie an einem schweren Unfall, wegen dem die A1 gesperrt war, sodass er einen weiten Umweg fahren musste. Wenigstens war die Fahrt in dem Ford Granada Ghia ganz angenehm – dem einzigen Wagen, der noch im Fuhrpark stand, als Richter dem Transportoffizier seine Vollmacht vorlegte. Er hatte mit einem der üblichen kleinen Ford oder Rover gerechnet, die das Gros der Dienstfahrzeuge stellten und von der Abteilung genutzt wurden, weil sie, wie Simpson jedem erklärte, billig, zuverlässig und unauffällig waren.
Das Joint Air Reconnaissance Intelligence Centre ist ein langer, ein- und gelegentlich auch zweigeschossi-ger Flachbau, der genauso schmucklos und unansehn-lich wirkt wie fast alle Bauwerke, die von Architekten im Dienste der Streitkräfte errichtet wurden. Richter 201
wurde an der Schranke am Haupttor von einem bewaffneten Posten aufgehalten, aber nach einem kurzen Blick auf den Offiziersausweis der Royal Navy, den er von der Dokumentenabteilung erhalten hatte, schickte er ihn zu Parkplatz Nummer 2 bei der Offiziersmesse.
Richter stellte den Granada auf der einzigen freien Parkbucht ab, die er weit und breit sah, legte den Passierschein, den ihm der Posten gegeben hatte, auf das Armaturenbrett, schloss den Wagen ab, trat durch das eiserne Gittertor, das in den rostigen schwarzen Sta-cheldrahtzaun eingelassen war, und ging in den Wachraum. Eine Reihe abgewetzter Stühle stand links und rechts an den Wand, in der Mitte ein ebenso zerschrammter und mit alten Illustrierten übersäter Kaffeetisch. Links neben dem Ausgang, der sich an der gegenüberliegenden Wand befand und aussah wie ei-ne Stahltür ohne Griff, hing ein Schild mit der Aufschrift »Reception«.
Unter dem Schild war eine Panzerglasscheibe mit Sprechschlitzen und einer kleinen Öffnung unten am Schalter angebracht. Dahinter saß ein fülliger Mann in Uniform, an der Sergeant-Streifen und die
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