Operation Overkill
bezeichnete, von entscheidender Bedeutung.
Die ersten beiden E-Mails, die Hassan Abbas entschlüsselte, waren einfache Mitteilungen. In der einen wurde bestätigt, dass die letzte Apparatur – die für London bestimmte Waffe – so gut wie fertig gestellt war und am darauf folgenden Abend die Fabrik in Russland verlassen würde. In der zweiten wurde er darauf hingewiesen, dass der Kurs des kleinen Frachters, der die Demonstrationswaffe transportierte, ge-
ändert worden war, sodass das Schiff früher als vorgesehen in Gibraltar eintreffen würde. Abbas las sie, öffnete ein Spreadsheet auf seinem Computer und gab die Daten und die Uhrzeit ein. Dann setzte er eine E-Mail an Sadoun Khamil auf, verschlüsselte sie und leitete die entsprechenden Informationen an ihn weiter.
Dimitri Truschenko hätte ohne weiteres Kopien seiner E-Mails an Khamil schicken können. Aber die Führung von al-Qaida hatte darauf bestanden, dass 321
sämtliche Kontakte mit den Russen über Hassan Abbas laufen sollten, damit kein anderes Mitglied der Organisation auffliegen konnte.
Die dritte E-Mail war die interessanteste, und Abbas las sie mehrmals durch, bevor er seine Nachricht an Khamil aufsetzte. Truschenko hatte seine Mitteilung sehr vorsichtig formuliert, aber die Schlussfolgerungen, die er aus dem Einsatz des amerikanischen Spionageflugzeugs zog, waren durchaus einleuchtend. Als er die erste Nachricht erhalten hatte, in der man ihn lediglich darauf hingewiesen hatte, dass der Flug stattgefunden hatte, war Abbas ebenso wie Truschenko sofort klar gewesen, dass es eine undichte Stelle geben musste. Inzwischen war Truschenko nach gründlichem Überlegen zu der Ansicht gelangt, dass diese undichte Stelle nur ein Ärgernis war, mehr nicht, da sämtliche Vorbereitungen für das Unternehmen so gut wie abgeschlossen waren und nur noch zwei Waffen in Stellung gebracht werden mussten. Nachdem Abbas eine Weile darüber nachgedacht hatte, pflichtete er ihm bei.
Im Grunde war aus Sicht von al-Qaida schon jetzt alles bereit, sodass es keine große Rolle mehr spielte, ob die für London bestimmte Waffe einsatzbereit war.
Hammersmith, London
Als Richter wieder in seinem Büro war, notierte er sich auf einem Blatt Papier ein paar Daten. Dann rief 322
er in der Registratur an und forderte die Akte über seismische Aktivitäten sowie den Tätigkeitsbericht der Station Moskau an.
Nachdem er die Unterlagen erhalten hatte, blätterte er bis April zurück und las alle nachfolgenden Berichte. Anschließend verglich er die Daten, die er sich notiert hatte, mit den seismografischen Aufzeichnungen, und danach wusste er, weshalb der Blackbird eingesetzt worden war und warum die Amerikaner unbedingt einen Hügel hatten fotografieren wollen, der nicht mehr vorhanden war. Richter wusste nur noch nicht, wie ihn die Russen abgetragen hatten und was sie als Nächstes vorhatten. Die Antwort auf die erste Frage konnte er vielleicht durch weitere Nachforschungen herausfinden, aber bei der zweiten konnte er nur raten. Und das Ergebnis erschreckte ihn.
Richter führte ein langes Telefongespräch mit einem Ansprechpartner im Verteidigungsministerium. Danach meldete er sich über den Direktanschluss bei Simpson und kündigte seinen Besuch an.
CIA-Centrale, Langley, Virginia
Büro des Direktors für Einsatzplanung (Geheimdienste)
Clifford Masters, Direktor der Abteilung Aufklärung bei der CIA, klopfte an und betrat das Büro. »RAVEN hat sich wieder gemeldet«, begann er ohne jede Vorrede.
Hicks blickte gespannt auf. »Wird auch Zeit. Auf die gleiche Art und Weise?«
323
»Ja«, erwiderte Masters. »Und wieder war es kein Film, nur eine kurze Nachricht in einer Filmdose. Sie wurde John Rigby heute Mittag zugesteckt. In einem Moskauer Restaurant, am helllichten Tag.«
»Hat er gesehen, wer sie ihm zugespielt hat?«, fragte Hicks.
»Nein.« Masters schüttelte den Kopf. »Rigby hat wie üblich seinen Mantel aufgehängt und versuchte festzustellen, ob sich irgendjemand, den er kennt, der Garderobe näherte. Er sah keinen uns bekannten Vertreter der Gegenseite in dem Restaurant und verließ nur kurz seinen Tisch, um zur Toilette zu gehen. Er sagt, er war knapp fünf Minuten weg. Aber als er das Restaurant verließ, fand er die Filmdose in seiner Manteltasche. Er ist sofort umgekehrt, bemerkte aber niemanden, der in Frage gekommen wäre.«
»Nun ja«, sagte Hicks. »Jetzt wissen wir wenigstens, dass RAVEN noch lebt und nach wie vor aktiv ist, und das ist eine
Weitere Kostenlose Bücher