Operation Romanow
vermeiden. Hanna?«
Die Schauspielerin nahm zwei kleine Ampullen aus ihrer Handtasche und legte sie auf den Tisch. In beiden war eine braune Flüssigkeit. »Für jeden eine«, sagte sie.
Andrew nahm eine der Ampullen in die Hand und schüttelte die Flüssigkeit. »Was ist das?«
»Zyankali. Es tötet innerhalb von Sekunden. Wenn Sie geschnappt werden, brechen Sie die Spitze ab und schlucken den Inhalt sofort herunter.«
Andrew und Lydia wechselten schweigend Blicke. »Gibt es nach dieser aufheiternden Mitteilung noch etwas, was wir wissen sollten, falls wir gefangen genommen werden?«, fragte Andrew.
Boyle stand auf und hob sein Glas. »Ich kann nur einen passenden irischen Toast aussprechen. Mögen Sie im Himmel sein, lange bevor der Teufel auch nur weiß, dass Sie da sind.«
46. KAPITEL
Briar Cottage, Irland
Als sie den Tisch abgeräumt hatten, breitete Boyle eine Landkarte von Russland aus und zeigte mit dem Finger auf einen Ort. »Hier ist Sankt Petersburg. Hier beginnt ihre Reise.« Er zeigte auf einen anderen Punkt im südlichen Ural. »Jekaterinburg ist ungefähr eintausendachthundert Meilen entfernt. Sie müssen versuchen, die Stadt möglichst schnell mit dem Zug zu erreichen. Seitdem Lenin die Macht übernommen hat, sind alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos. Dazu gehören Züge und Straßenbahnen, und sie fahren alle. Sie können also nach Belieben überall ein- und aussteigen, ohne dass Sie einen Fahrschein kaufen müssen. Kostenlose Beförderungsmittel hat Lenin dem Volk versprochen. Es ist das einzige Versprechen, das er bis jetzt gehalten hat.«
»Und die schlechte Nachricht?«, fragte Lydia.
»Die Hälfte der Güter- und Personenzüge in Russland fahren nicht, weil sie nicht gewartet werden, und natürlich aufgrund des allgemeinen Aufruhrs. Darum müssen Sie immer und überall mit Verzögerungen rechnen. Am besten nehmen Sie von Sankt Petersburg nach Moskau den Nachtzug.
Von dort aus brauchen Sie mit dem Zug nach Jekaterinburg zweieinhalb Tage oder länger. Das hängt von den Verzögerungen auf der Strecke ab. Ich gebe Ihnen aber den Rat, so schnell wie möglich zu reisen. Je eher Sie ankommen, desto besser. Unterwegs finden Sie überall günstige Herbergen, falls Sie irgendwo übernachten müssen.«
Andrew zeigte mit dem Finger auf die Karte. »Und wenn wir auf Kontrollposten stoßen?«
»Mit Ihren Papieren ist alles in Ordnung, und sie sehen echt aus. Wir haben das für diese Zwecke in Russland übliche Papier verwendet. Niemand wird etwas zu beanstanden haben.«
»Angenommen wir erreichen Jekaterinburg, was passiert dann?«, fragte Andrew.
»Das Nowo-Tichwinski ist ein riesiges Kloster in der Stadt, das von orthodoxen Nonnen geführt wird. Es sind insgesamt über eintausend Schwestern. Sobald Sie in der Stadt ankommen, begeben Sie sich auf direktem Wege zu diesem Kloster. Zu der Einrichtung gehört eine kleine Kirche, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Auf die Rückseite der Eingangstür malen Sie mit Kreide das Zeichen der Bruderschaft. Das ist der Hinweis, dass Sie angekommen sind. Wenn Sie nach zwei Stunden in die Kirche zurückkehren, müsste jemand neben Ihr Zeichen eine weitere Swastika gemalt haben. Das bedeutet, dass ein sicheres Treffen stattfindet. Warten Sie in der Kirche, bis Sie eine Nonne anspricht. Sie wird Sie fragen: ›Haben Sie sich verirrt? Brauchen Sie Hilfe?‹ Und Sie antworten: ›Ich muss zur Marktstraße.‹
Alle Wörter müssen exakt übereinstimmen. Prägen Sie sich den Wortlaut also genau ein. Wenn niemand ein Zeichen neben Ihres gemalt hat, könnte das bedeuten, dass ein Treffen zu gefährlich ist. Dann versuchen Sie es am nächsten Tag am selben Ort. Wenn Sie noch immer keine Antwort bekommen haben, ist es zu gefährlich, den Kontakt herzustellen.«
»Was passiert in dem Fall?«
»In der Stadt gibt es einen Leichenbestatter, der zu unseren Leuten gehört. Er springt ein. Weitere Details erfahren Sie später.«
»Und wenn wir uns unterwegs aus den Augen verlieren?«, fragte Lydia.
»Sie treffen sich in Jekaterinburg und machen alles genauso, wie wir es besprochen haben. Gehen Sie zu der Klosterkirche und hinterlassen Sie dort das Zeichen.« Boyle verstummte kurz. »Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange es dauert, bis Sie Jekaterinburg erreichen. Sie könnten es in zweieinhalb Tagen schaffen, aber es könnte auch länger dauern. Das hängt davon ab, wie viel Glück Sie haben. Uns wurde berichtet, dass Züge von Bataillonen der Weißen
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